Hamburg. Grüne verteidigen die Heizungspläne von Robert Habeck in der Bürgerschaft. Doch selbst Koalitionspartner SPD geht auf Distanz.

Ob in Familien, bei Wohnungsunternehmen und an Stammtischen: Kaum ein Thema wird derzeit so emotional diskutiert wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Bundesregierung. Unter welchen Bedingungen muss ich mir schon 2024 eine neue, klimaschonende Heizung einbauen? Was kostet das? Welche Förderung vom Staat gibt es? Welche Härtefallregelungen?

Die Fragen sind so drängend und die Kritik an dem federführend dafür verantwortlichen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seinen Grünen ist so scharf, dass sich seine Hamburger Parteifreunde genötigt sahen, mal einiges klarzustellen: „Schluss mit dem Märchen vom Heizungsverbot: Wie wir sozial gerecht und bezahlbar die Wärmewende für alle gestalten können“, meldeten sie als Thema für die Aktuelle Stunde der Bürgerschaft an – es wurden dann sogar äußerst lebhafte 90 Minuten.

Energiepolitik: Grüne greifen CDU an – „das ist eine glatte Lüge“

Kritik der Opposition gehöre zur Demokratie, sagte Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen. Aber was die CDU mache, die in Hamburg teilweise den Eindruck erwecke, den Menschen werde bald die Heizung ausgebaut, gehe zu weit. „Es wird kein Heizungsverbot geben, das ist eine glatte Lüge“, so Lorenzen. „Niemand muss eine funktionsfähige Heizung ausbauen oder im Kalten sitzen.“

Auch Gas- oder Ölheizungen könnten nach 2024 noch betrieben und repariert werden, so der Grünen-Fraktionschef. Nur wenn eine fossil betrieben Heizung älter als 30 Jahre sei, müsse sie halt ersetzt werden. Das ist übrigens jetzt schon Gesetzeslage. Wie das Abendblatt exklusiv berichtet hatte, werden dennoch zehntausende zum Teil noch viel ältere Heizanlagen in der Hansestadt betrieben – hier sollen die Schornsteinfeger nun verstärkt auf den Austausch drängen.

Umweltsenator Jens Kerstan: Austausch alter Heizungen hat bis 2027 Zeit

Dieser sei nicht nur klimapolitisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll, so Lorenzen, denn künftig noch mit Gas oder Öl zu heizen, werde viel teurer als etwa mit einer Wärmepumpe. Daher sei das geplante Gesetz auch sozial. Umweltsenator Jens Kerstan ergänzte, dass der Austausch mitnichten schon 2024 erfolgen müsse, sondern bis 2027 Zeit habe – man müsse nur 2024 einen Plan dafür vorweisen. Im Übrigen solle der Einbau von Wärmepumpen zu 50 Prozent vom Staat gefördert werden, eventuell werde das Gesetz noch auf 80 Prozent geändert. Dass dessen Beratung im Bundestag von der FDP innerhalb der Ampel zunächst gestoppt wurde, fanden die Grünen „unfassbar“.

Doch mit dieser Haltung standen sie relativ isoliert dar. „Mutig“ sei ihre Anmeldung, befand selbst SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Zwar unterstützte er Lorenzens Kritik an der CDU, forderte aber mit Blick auf das Gesetz und offene Fragen zur Förderung und zu Härtefällen: „Hier muss nachgebessert werden.“

CDU sieht sehr wohl ein Heizungs-Verbot – AfD kritisiert Olaf Scholz

Stephan Gamm (CDU) ließ hingegen kein gutes Haar an dem Gesetz. „Alles an diesem Satz ist falsch“, sagte er mit Blick auf das von den Grünen angemeldete „Märchen“-Thema. Nach seiner Interpretation sei das Gesetz sehr wohl ein Verbot fossiler Heizungen ab 2024, im Übrigen stehe dort fast nichts zur sozialen Abfederung, bis auf die Befreiung Über-80-Jähriger vom Heizungstausch.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann nahm sich auch die SPD vor: Dass Habeck und die Grünen die soziale Schieflage an dem Vorhaben nicht erkennen, überrasche ihn nicht. „Aber Ihr Bundeskanzler Olaf Scholz hat doch die Richtlinienkompetenz – warum erklärt er das Herrn Habeck nicht?“ Die Menschen wollten nicht aus ihren Wohnungen „raussaniert“ werden.

Energiepolitik: „Die Wärmewende darf nicht zum Sozialkiller werden.“

Stephan Jersch (Linkspartei) bezeichnete den Gesetzentwurf als „Kommunikationsdesaster“. Zwar müsse auch der Gebäudesektor zum Klimaschutz beitragen. Aber: „Die Wärmewende darf nicht zum Sozialkiller werden.“ Es brauche eine „Warmmietenneutralität“ im Gesetz, dafür müsse die Modernisierungsumlage abgeschafft werden.