Hamburg. „Nicht alles verbieten“: Innenstadt soll wiederbelebt werden – mit Autos. Kaufkraftstarke Kunden blieben der City fern, so die CDU.
Man stelle sich Folgendes vor: Die Regierung einer Millionenstadt sperrt eine Einkaufsstraße für den Autoverkehr, damit sich mehr Menschen frei im öffentlichen Raum begegnen können. Mit mehr Bänken, Wasserspielen und Platz für Außengastronomie. Zudem lässt sie mehr Bäume pflanzen und versucht mit Straßenumbauten zu erreichen, dass sich kein Autofahrer mehr aus Versehen in die autofreie Zone verirrt und Fußgänger sowie Radfahrer in Gefahr bringt.
Die Folge: Mehr Begegnungen, eine leisere Innenstadt und klimafreundliche Verkehrsteilnehmer, die zumindest 200 Meter lang sorgenfrei durch die Innenstadt schlendern können. Ganz ohne Angst, von einem Auto übersehen zu werden.
Verkehr Hamburg: CDU fordert Rückkehr zur autogerechten Stadt
Was für die einen klingt wie eine schöne Utopie und in Hamburg am Jungfernstieg schon Wirklichkeit beziehungsweise in Planung ist, klingt für die anderen wie eine Bevormundung. Ein Verbot, das letzten Endes dazu führe, dass die politische Stimmung dieses Landes gerade so aufgeheizt ist und die AfD nahezu wöchentlich an Zustimmung erhält. So sieht es David Erkalp, Fachsprecher für Attraktivitätssteigerung in der Innenstadt der CDU-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft.
„Wir können doch nicht alles einfach verbieten“, sagt Erkalp und fordert deshalb eine Wiederöffnung des Jungfernstiegs für den Autoverkehr. Für ihn sei durch die autofreie Zone vor der Binnenalster nichts gewonnen, außer dass Ladenbetreiber weniger Umsatz machten und „viele Leute mit Kaufkraft keine Lust mehr haben, in die Innenstadt zu fahren“.
Die Suche nach einem Parkplatz sowie das Umfahren der autofreien Zone führe für viele Menschen zu viel mehr Stress, als dass es sie entlaste und die Innenstadt aufwerte, sagt Erkalp. Das merke er auch bei sich selbst: Wenn Erkalp etwa zu Bürgerschaftssitzungen ins Rathaus will, müsse er erst einmal einen Umweg von zwei Kilometern fahren. Ein Weg, den der 49-Jährige nicht einfach hinnehmen will.
Wiederbelebung der Hamburger Innenstadt – mit Parkplätzen und Autos
Wenn man diese Forderung gegenüber den Grünen aber so offen und ehrlich ausspreche und das Thema „Rückkehr zur autogerechten Innenstadt“ auch nur anreiße, sagt Erkalp, werde man von der Öffentlichkeit direkt in eine Ecke mit Rechten gedrängt. Dabei sprächen die zuletzt wieder gestiegenen Kfz-Zulassungen für Autos in Hamburg für sich. „Wir können das doch nicht einfach ignorieren. Die Menschen mögen Autofahren einfach.“
Außerdem seien neben Ladenbetreibern auch besonders die älteren Leute diejenigen, die unter der autofreien Zone leiden, weil viele Parkhäuser aus Angst vor der Enge mieden. Neben einer Wiederöffnung für Autos fordert Erkalp deshalb vom rot-grünen Senat zusätzlich auch mehr Parkplätze.
Verkehr in Hamburg: Nach Ladenschluss in der Innenstadt zu still
„Zudem reden wir permanent über die Wiederbelebung der Innenstadt. Belebung bedeutet aber auch, einen gewissen Lärmpegel durch Autos auszuhalten und zu schaffen.“ Die Ruhe, die derzeit nach Ladenschluss auf dem Jungfernstieg herrsche, sei da eher hinderlich. Wenn man aktuell nach Ladenschluss am Jungfernstieg langlaufe, sei es dem Abgeordneten zufolge zu still.
- Jungfernstieg an der Alster wird erneut umgebaut – für 13,4 Millionen Euro
- Jungfernstieg: Weniger Platz für Autos – das sind die neuen Pläne
- Jungfernstieg wird ab Oktober weitgehend autofrei
Klimatechnisch sei Erkalps Ansicht nach am Jungfernstieg mit „diesen 200 Metern nichts gewonnen“. Der Abgeordnete glaubt nicht, dass die autofreie Zone einen positiven Einfluss aufs Klima hat. Zwar wolle auch der Vater mehrerer Kinder in einer sauberen Umwelt leben, dann müssten aber Autos gänzlich verboten werden. „Und das trauen die Grünen sich dann aus Angst vor sinkender Zustimmung wieder nicht.“
Dominik Lorenzen, Fraktionsvorsitzender der Hamburger Grünen und damit auch jemand, der die autofreie Zone mitumgesetzt hat, nennt die Forderung in einem Tweet „einen Rückschritt“. „In Berlin lässt die CDU die Sitzmöglichkeiten von der Friedrichstraße entfernen und in Hamburg fordert ihr Fachsprecher Erkalp Parkplätze vor Luxus-Boutiquen statt Fahrradwege für alle – das ist keine zukunftsorientierte Stadtentwicklung“, schrieb Lorenzen.