Hamburg. Viel Zuspruch, aber auch Kritik für Vorhaben. Weitere Runde im Beteiligungsverfahren im Juni. Welche Straße noch verändert werden soll.
Die konkreter werdenden Pläne zum erneuten Umbau des Jungfernstiegs im kommenden Jahr haben eine politische Debatte über das Vorhaben ausgelöst. Nach den Planungsunterlagen soll die Fahrbahn am Jungfernstieg künftig noch einmal deutlich verkleinert werden. Je Richtung stehen dann noch 3,50 Meter breite Spuren zur Verfügung, die von Radfahrern, Bussen, Taxis und Lieferverkehr gemeinsam genutzt werden. Auch der Übergang von der Seite der Binnenalster zu den Geschäften soll erleichtert werden.
Auf der Fahrspur teilen sich also Taxis, Lieferverkehr, Busse und Radfahrer die Fahrbahn bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. In der Mitte ist ein weiterer Streifen von zwei Meter Breite vorgesehen, der es Radfahrern ermöglicht, haltende Busse zu überholen. Busse allerdings werden Radfahrer in der gewählten Umbauvariante nicht überholen können, was bereits von der Hochbahn moniert wurde. Für privaten Autoverkehr bleibt der Jungfernstieg gesperrt.
Jungfernstieg: Erneuter Umbau mit weniger Platz für Autos geplant
Auf der Alsterseite würden „die Flanierzone und das typische ,Jungfernstieg-Pflaster‘ erweitert, und es bietet sich die Möglichkeit, eine vierte Baumreihe zu pflanzen und so den ,grünen Rücken‘ der Binnenalster zu stärken“, heißt es in den Unterlagen. Auch auf der Gebäudeseite sollen Fußgänger stärker Vorrang erhalten.
Bei der CDU stößt das Vorhaben auf Kritik. „Nachdem bereits eine Million Euro bei der Umgestaltung auf den Kopf gehauen wurde, möchte der rot-grüne Senat den Jungfernstieg erneut umbauen“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker. „Der Jungfernstieg kann von SPD und Grünen nicht als einzelne Straße herausgenommen und isoliert behandelt werden. Es fehlt an einem Gesamtkonzept. Der Jungfernstieg muss weiterhin zentrale Verkehrsanbindung für den ÖPNV bleiben, aber selbstverständlich auch erreichbar für Anlieger- und Lieferverkehre sein.“
Wirkt sich der Umbau auf die Geschäfte aus?
Es bleibe auch „weiterhin die Frage offen, inwieweit sich ein erneuter Umbau auf umliegende Geschäfte und Praxen auswirkt“, sagte der CDU-Politiker. „Diese sind immer schwieriger zu erreichen. Die Interessen der Gewerbetreibenden wurden dabei ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt.“ Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann dagegen sagte: „Entscheidend ist, dass der Boulevard-Charakter einen gefahrlosen Bus-, Rad- und Fußverkehr zulässt – dann ist auch eine schmalere Straße in Ordnung.“
Bei den rot-grünen Koalitionspartner dagegen stoßen die Pläne erwartungsgemäß auf Zustimmung. „Der Jungfernstieg ist ein herausragender Ort zum Verweilen im Herzen unserer Stadt“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf – und proklamierte die Idee flugs für seine eigene Partei. „Mit der Umgestaltung wird sich die Aufenthaltsqualität noch einmal deutlich erhöhen – mit mehr Platz für den Fußverkehr, mehr Grün, einer besseren Erreichbarkeit für alle und einem besonderen Augenmerk auf die Barrierefreiheit. Die Idee des Ersten Bürgermeisters für einen Jungfernstieg ohne motorisierten Individualverkehr hat sich bewährt. Daher wird diese Forderung aus dem Koalitionsvertrag jetzt konkret umgesetzt.“
Verengung der Fahrspur für Neugestaltung des Jungfernstiegs
Mit der geplanten Verengung der Fahrspur nehme die Neugestaltung des Jungfernstiegs Form an, sagte Grünen-Verkehrspolitikerin Rosa Domm. „Die Fahrspurverengung wird künftig dafür sorgen, dass die Straßen in der Hamburger Innenstadt für alle da sind. Wo lange Zeit Motorlärm und Verkehrskonflikte dominierten, bekommt Hamburg nun einen zentralen Ort der Begegnung zurück. Künftig kann man hier entspannt verweilen und flanieren.“ Die geplante vierte Baumreihe schütze vor Wind und Sonne und sorge für gute Luft. „Gleichzeitig profitiert der Radverkehr von der Aufwertung zweier wichtiger Velorouten“, so Domm. „Mit all diesen Maßnahmen machen wir Hamburg sauberer, grüner und ruhiger, ganz im Sinne unserer Vision für die Stadtentwicklung.“
Markus Schreiber, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter und Vorstand des Vereins lebendiger Jungfernstieg, begrüßte die Erweiterung der Aufenthaltsflächen. Zuletzt habe ihn aber der immer noch starke Autoverkehr gestört, sagte Schreiber dem Abendblatt. „Eigentlich durften ja normale Pkw gar nicht mehr da durchfahren, aber das ist ja ständig vorgekommen“, so Schreiber. „Insofern finde ich das eine gute Idee, die Querungsmöglichkeit zu verbessern.“
Jungfernstieg: Beim Umbau soll auf Sicherheit geachtet werden
Wenn es nun zusätzliche Flächen gebe, müssten diese auch genutzt werden – etwa für Kulturveranstaltungen oder Musikfeste. „Wenn man da dann so eine hergerichtete, schöne, größere Fläche hat, nützt die ja wenig, wenn da dann eigentlich nichts passiert“, so Schreiber. Er hoffe, dass die Umbauarbeiten in den Winter gelegt würden und nicht in die Monate, in denen es Veranstaltungen gebe.
Angesichts jüngerer Amokfahrten soll beim Umbau laut Planungsunterlagen auch auf die Sicherheit geachtet werden. So sollen „Bänke, Fahrradbügel und Abfallbehälter entlang des Jungfernstiegs Schutz vor von der Fahrbahn abkommenden Fahrzeugen bieten“. Zusätzliche Poller ergänzen den Schutz.
Öffentliches Beteiligungsverfahren zum Jungfernstieg-Umbau
„Die endgültige Umgestaltung des Jungfernstiegs geht in die entscheidende Phase“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) dem Abendblatt. „Nach vielen wertvollen Hinweisen haben wir jetzt konkrete Pläne und Ideen vorgestellt, wie wir diesen Stadtraum in vielerlei Hinsicht weiterentwickeln wollen. Dazu bitten wir die Menschen in Hamburg um finale Rückmeldung.“
Im Juni startet laut Verkehrsbehörde die nächste Runde im öffentlichen Beteiligungsverfahren zum Umbau des Jungfernstiegs. Alle Infos dazu finden sich im Internet unter beteiligung.hamburg/jungfernstieg/#/projectinfo.
Neue Pläne auch für die Mönckebergstraße
Erneute Veränderungen stehen nach einem NDR-Bericht auch in der Mönckebergstraße an. Danach stellte Hamburgs Oberbaudirektor Franz Josef Höing jetzt erste Ideen von drei Architekturbüros aus Zürich, Rotterdam und Hamburg in der Stadtwerkstatt vor. Danach könnte es in der Einkaufsstraße bald mehr Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer geben – außerdem mehr Bäume in der Steinstraße.
Was den Busverkehr angeht, so sprach sich demnach ein Drittel der Befragten in einer Umfrage dafür aus, Busse vollständig aus der Mönckebergstraße zu verbannen. Ein Drittel ist dagegen – und ein Drittel wünscht sich als Kompromiss etwas weniger Busverkehr.