Hamburg. Gesundheitsminister sieht Marienkrankenhaus als bundesweites Vorbild. Hamburger Ärzte machen Lauterbach aber klare Ansagen.

Karl Lauterbach im Hamburger Legoland: Der Bundesgesundheitsminister (SPD) schaute sich am Freitag an, wie das Marienkrankenhaus und Chefarzt Dr. Michael Wünning die Notaufnahme (Integriertes Notfallzentrum) mit Legosteinen völlig neu gedacht und die niedergelassenen Praxisärzte eingebunden haben. Das Modell könnte bundesweit Vorreiter sein für den Umbau der gesamten Akutversorgung. Wünning sagte, es sei konsequent vom Patienten und seinen Bedürfnissen her gedacht.

Lauterbach zeigte sich angetan von Modell und Praxis des INZ am Marienkrankenhaus. „Ich kenne mich mit der Notfallversorgung in den Vereinigten Staaten aus“, sagte Lauterbach, der in den USA studiert und gelehrt hat, „was wir hier sehen, funktioniert nach dem amerikanischen Modell mit einem Chefarzt und ist deshalb so überlegen, weil wir hier gleich mehrere Probleme lösen. Das ist genau das Modell, das wir planen.“

Im INZ werden Patienten am Tresen, der von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) betrieben wird, eingeteilt in jene, die sofort in die Notaufnahme des Krankenhauses müssen, die leichteren Fälle für die Notfallpraxis der KV und die, die einen Termin für einen Hausarzt oder Facharzt bekommen. „Das ist eine Beschleunigung der Versorgung“, so Lauterbach, „dieses Miteinander mit der KV ist vorbildlich, das rettet Menschenleben.“

Karl Lauterbach in Hamburg: Selfie in der Notaufnahme

Der Minister war mit reichlich Gefolge unterwegs. Er machte Selfies am Schockraum der Notaufnahme mit Wünning und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD). Lauterbachs eine Million Follower bei Twitter dürften in den Genuss dieses besonderen Fotos kommen. Lauterbach teilte – unter Ärzten quasi – seine Erfahrungen aus dem amerikanischen „Emergency Room“ mit Chefarzt Wünning. Es ging um Fälle von Messerstichen, die erst harmlos aussehen und am Ende tödlich ausgehen. Lauterbach sagte, er wäre am liebsten Herzchirurg oder Notfallarzt geworden, weil man dort unmittelbar helfen könne.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit dem Chef der Notaufnahme des Hamburger Marienkrankenhauses, Dr. Michael Wünning.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit dem Chef der Notaufnahme des Hamburger Marienkrankenhauses, Dr. Michael Wünning. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez /

Er ließ sich die große digitale Übersicht zeigen, wo welche Betten belegt sind, um Patienten aus der Notaufnahme auf die Stationen ins Marienkrankenhaus zu verlegen. Sein Kennerblick erfasste binnen Sekunden das komplexe Diagramm: Zehn Prozent der Betten waren gesperrt – zurzeit kein Personal verfügbar.

Und das ist neben der Finanzierung der Krankenhausreform eines der akuten Probleme für den Minister, seine Mitstreiter und Gegner. Wo sollen die Ärzte, Pflegekräfte und medizinischen Fachangestellten in Zukunft herkommen? Senatorin Schlotzhauer sagte: „Lieber Karl, ich habe dich schon im Januar eingeladen, um zu zeigen, wie richtig gute Notfallmedizin aussehen kann. Wir haben hier schon am Legomodell sehr gut sehen können, wie die Nutzung eines Notfallzentrums aussieht.“

Notfallpraxen in Hamburg: Woher sollen die Ärzte kommen?

Marienkrankenhaus-Geschäftsführer Christoph Schmitz und Prof. Christian Habermann (mit Arztkittel) vor dem Lego-Modell, nach dem die Notaufnahme umorganisiert wurde und weiter wird.
Marienkrankenhaus-Geschäftsführer Christoph Schmitz und Prof. Christian Habermann (mit Arztkittel) vor dem Lego-Modell, nach dem die Notaufnahme umorganisiert wurde und weiter wird. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Was sie nicht sagte, was ihr aber bewusst ist: Von diesen Notaufnahmen mit Krankenhaus- und Praxisärzten kann es nicht zehn in Hamburg geben. Dann müssten Ärzte ihre Praxen schließen, um dort zu arbeiten. Denn Parallelstrukturen lassen sich nicht finanzieren – und es fehle das Personal.

Karl Lauterbach bei Twitter

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KV-Vorständin Caroline Roos gab nüchtern zu Protokoll und Lauterbach quasi als Hausaufgabe mit auf den Weg nach Berlin: 71 Prozent der Patienten am INZ landen am Ende in der Notfallpraxis der KV, 29 Prozent in der Zentralen Notaufnahme des Krankenhauses. Das legt nahe, dass viele kommen, die wegen ihrer Erkrankung auch eine Praxis aufsuchen könnten.

„Wir müssten an 13 Krankenhäusern Integrierte Notfallzentren errichten“, sagte Roos. „Wir brauchen das nicht während der Praxisöffnungszeiten. Das ist zu viel.“ Lauterbach möge doch bitte die Versorgung in den Praxen stärken und regionale Ausnahmen bei all seinen Reformen erlauben. Hamburg, das zeigen die Pläne zur Krankenhausreform, ist bundesweit gesehen mit seinen kurzen Wegen und der bereits bestehenden Spezialisierung der Krankenhäuser völlig anders zu reformieren als Landstriche in der bayerischen Provinz.