Senat will Zahl der Studienplätze im Lehramt erhöhen und Numerus clausus in einem Fach abschaffen. Was sich noch ändert.
- Die Studienplätze im Lehramt reiche in Hamburg nicht aus
- Der Senat will die Zahl erhöhen und Numerus clausus in einem Fach abschaffen
- Wer jetzt Lehrer werden kann
Hamburg. Am Ende eines langen Diskussionsprozesses zwischen Behörden und Universität über Maßnahmen gegen den anwachsenden Lehrermangel wollten die Beteiligten das Positive betonen. „Das lief doch ganz geschmeidig und ging verhältnismäßig flott. Wir sitzen nicht nur alle in einem Boot, wir paddeln auch in dieselbe Richtung“, sagte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) in der Landespressekonferenz. Schulsenator Ties Rabe (SPD) bezeichnete die Gespräche als „sehr, sehr konstruktiv“. Das war ein Eindruck, den Uni-Präsident Prof. Hauke Heekeren bestätigte.
Wegen der Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge der Lehrerinnen und Lehrer und des ungebrochenen Schülerwachstums benötigt Hamburg pro Jahr rund 900 Lehrkräfte. Vor allem in der ersten, der universitären Phase der Lehrerausbildung klafft bislang eine Lücke.
Die rund 1000 Plätze pro Jahr für Studienanfänger im Lehramt reichen nicht aus, da relativ viele junge Menschen das Studium nicht abschließen. Hamburg ist daher bislang auf Abwerbung von Absolventen aus anderen Ländern für das Referendariat angewiesen, um den Bedarf zu decken.
Schule Hamburg: Mit „Master of Education“ betritt Hamburg bildungspolitisch Neuland
In einem ersten Schritt haben sich Wissenschafts-, Schulbehörde und Universität nun auf Maßnahmen verständigt, um die Kapazitäten der universitären Lehramtsstudiengänge zu erhöhen – derzeit rund 1000 Studienanfängerplätze pro Jahr.
Dabei betritt Hamburg jetzt mit dem Konzept des „Master of Education“ bildungspolitisch Neuland. Angesprochen werden junge Menschen, die einen Bachelor-Abschluss in einem Fach erreicht haben, das auch an der Schule unterrichtet wird. Vom Wintersemester 2024/25 an wird Hamburg als erstes Bundesland für diese Absolventen den zweijährigen Aufbau-Masterstudiengang Erziehungswissenschaften schaffen.
Typischerweise unterrichten Lehrerinnen und Lehrer in mindestens zwei Fächern. In Zukunft wird es in Hamburg also einen „Ein-Fach-Lehrer“ für die Sekundarstufe I und II an Stadtteilschulen und Gymnasien geben. Uni-Präsident Heekeren betonte, dass es keine Abstriche hinsichtlich der Wissenschaftlichkeit beim Studiengang „Master of Education“ geben solle. Das Angebot, so die Hoffnung, soll besonders Bachelor-Absolventen in den schulischen Mangelfächern Mathematik, Physik und Chemie erreichen, die bislang nicht daran gedacht hatten, Lehrer zu werden.
Universitätspräsident Hauke Heekeren spricht von einer „kleinen Revolution“
„Wir brauchen kreative Lösungen, zum Beispiel über alternative Zugänge wie den Quereinstiegs-Master, den ich sehr begrüße“, sagte Fegebank, die den „Master of Education“ als „Experiment“ bezeichnete. Uni-Präsident Heekeren sprach von einer „kleinen Revolution“. Im Erfolgsfall soll das Angebot möglicherweise um einen vergleichbaren Aufbau-Studiengang für das Lehramt an Grundschulen und für Sonderpädagogik ergänzt werden. Wie viele Quereinstiegsstudierende es geben wird, konnten Fegebank, Rabe und Heekeren nicht beziffern.
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Die zweite Maßnahme zur Linderung des absehbaren Lehrermangels betrifft die von jungen Menschen besonders stark nachgefragten Unterrichtsfächer Biologie, Geografie, Informatik, Deutsch, Englisch, Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften. Hier sollen deutlich mehr Studienanfänger zugelassen werden.
Uni-Präsident Heekeren kündigte an, dass die Zahl der Bachelor-Studienplätze bis 2026 um 175 und die Zahl der Master-Studienplätze bis 2029 um 145 erhöht werden sollen. „Die Universität Hamburg als Exzellenz-Universität und größte Bildungseinrichtung Norddeutschlands hat die Lehrkräftebildung zum Top-Thema erklärt“, sagte Heekeren.
Numerus clausus im Fach Erziehungswissenschaften lag zwischen 1,8 und 1,9
Bislang können 20 bis 25 Prozent der Lehramtsstudienplätze im Bereich Sekundarstufe I und II nicht besetzt werden, weil Bewerberinnen und Bewerber nur für eines ihrer beiden Fächer eine Zulassung erhalten. Lediglich die Studiengänge Lehramt an Grundschulen und für Sonderpädagogik sind voll ausgelastet. Wie bereits berichtet, wird die Universität die Studienanfängerplätze im Fach Erziehungswissenschaften „zulassungsfrei“ stellen. Bisher galt ein Numerus clausus (NC) von 1,8 bis 1,9 quer für alle Lehrämter.
Rabe rechnet damit, dass die verbesserten Verfahren zur Besetzung der Studienplätze zu einer Steigerung der Anzahl von Studierenden „im knapp dreistelligen Bereich“ führen werde. Der Schulsenator machte andererseits auch deutlich, dass die Zielzahlen zur Erhöhung der Bachelor- und Masterstudienplätze 2026 und 2029 „nach der jetzigen Planung zu spät und noch zu niedrig“ sind. „Deswegen wird zurzeit darüber diskutiert, ob wir hier noch etwas schneller werden und etwas höhere Zahlen für künftige Studienplätze realisieren können“, sagte Rabe.
In Hamburg sollen alte Lehrer freiwillig länger arbeiten dürfen
Der Schulsenator hatte bereits Mitte April ein Maßnahmenbündel gegen den Lehrermangel für den Bereich der Schulen vorgestellt. Die Zahl der Referendariatsplätze wird auf 1350 im kommenden Jahr erhöht. Lehrkräfte sollen freiwillig über die gesetzlich vorgegebene Altersgrenze hinaus arbeiten dürfen.
„Besser spät als nie: So lassen sich die rot-grünen Pläne zur Steigerung der Lehramtsstudentinnen und -studenten beschreiben. Hamburg hat viel zu lang auf Kosten anderer Länder gelebt, die mehr in die Lehrerausbildung investieren“, sagte die CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver. „Hoffentlich nicht zu spät“, lautete der Kommentar von Anna von Treuenfels-Frowein (FDP).
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Linken-Bürgerschaftsfraktionschefin Sabine Boeddinghaus kritisierte, dass die jetzt geplante Erhöhung der Studienplätze nicht ausreichen werde. Zudem müsse der Senat jetzt finanzielle Zusagen geben, damit die Universität mehr Personal auf entfristeten Stellen bezahlen könne. „Der Lehrermangel kann nachhaltig nur durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen behoben werden. Denn zu viele Lehrer arbeiten in Teilzeit, werden krank oder dienstunfähig“, sagte der AfD-Fraktionsvize Alexander Wolf.
Sven Quiring, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sprach von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Nun müsse die Begleitung der Studierenden verbessert werden, um die hohe Abbruchquote zu senken.