Hamburg. DAK legt besorgniserregende Zahlen vor. Übrige Mitarbeiter müssen mehr arbeiten – ein Teufelskreis. Diese Branchen sind betroffen.

Der Personal- und Fachkräftemangel ist nicht nur für viele Betriebe und Einrichtungen ein Problem – sondern auch für die Beschäftigten, die dort tätig sind. Denn ihre Überlastung zeigt Folgen: So sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Berufsgruppen, in denen Personal fehlt, deutlich häufiger krank als in anderen, die personell gut aufgestellt sind. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport,der dem Abendblatt exklusiv vorliegt. Die DAK ist nach eigenen Angaben die erste große bundesweite Krankenkasse, die dies analysiert hat.

Fehlt Personal, wächst der Druck – und das hat gesundheitliche Folgen. In Hamburg erleben 42 Prozent der Beschäftigten in ihrem Arbeitsalltag regelmäßig Personalmangel, wie die Auswertung der DAK ergibt. Und: Bei ständigen Personalengpässen ist fast die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer komplett erschöpft, viele leiden unter Beschwerden wie Kopfschmerzen. 75 Prozent der Beschäftigten mit regelmäßigem Personalmangel im Job hätten in den vergangenen Monaten auch krank gearbeitet.

Gesundheit Hamburg: In Branchen mit Personalnot droht Teufelskreis

„Die Ergebnisse sollten ein Weckruf sein“, sagt Jens Juncker, Landeschef der DAK-Gesundheit in Hamburg. „Der Personalmangel kann durch Stress und Belastungen den Krankenstand hochtreiben, was wiederum zu mehr Fehltagen führt und die Situation weiter verschärft. So droht ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss.“ Für den DAK-Gesundheitsreport wurden die Daten von mehr als 75.000 erwerbstätigen DAK-Versicherten in Hamburg ausgewertet und rund 200 erwerbstätige Männer und Frauen im Land repräsentativ durch das Forsa-Institut befragt.

Laut DAK-Gesundheitsreport gibt es in den Berufsgruppen mit Personalnot auch die meisten Fehltage unter den Arbeitnehmerinnen und -nehmern. Zwar war nach den Auswertungen der Krankenkasse das dritte Pandemiejahr 2022 in Hamburg generell das Jahr mit dem höchsten Krankenstand seit 25 Jahren. Doch die Auswertung aller Krankschreibungen von DAK-versicherten Beschäftigten zeigt: In den Berufsgruppen mit dem größten Fachkräftemangel lag der Krankenstand noch deutlich über dem Durchschnitt von 5,1 Prozent.

Leistungsdruck, Überstunden und versäumte Pausen

So waren es bei den Beschäftigten in der Kinderbetreuung 6,9 Prozent – im Schnitt waren dort also an jedem Tag des Jahres 69 von 1000 Beschäftigten krankgeschrieben. In der Altenpflege lag der Krankenstand bei 7,1 Prozent und bei Berufskraftfahrerinnen und -fahrern sogar bei 8,4 Prozent. Informatikerinnen und Informatiker hingegen hatten mit 3,1 Prozent einen unterdurchschnittlichen Krankenstand.

Laut Befragung stehen die Betroffenen unter starkem Termin- und Leistungsdruck, machen Überstunden und versäumen Pausen. Wer regelmäßig Personalmangel erlebt, kann in der Freizeit oft nicht abschalten, verzichtet auf Sport und findet wenig Zeit für Hobbys, Familie und Freunde. In der Folge sind mehr als die Hälfte der Befragten ständig müde und erschöpft (46 Prozent).

Auch andere Beschwerden treten in dieser Gruppe häufig oder sehr häufig auf: 27 Prozent haben Schlafstörungen, und rund ein Drittel hat Beschwerden des Muskel-Skelett-Systems wie Rückenschmerzen. Fast jeder und jede Vierte leidet unter Kopfschmerzen.

Gesundheit Hamburg: Beschäftigte reduzieren wegen Stress Arbeitszeit

Einige Beschäftigte In Hamburg haben bereits Konsequenzen gezogen: Sieben Prozent reduzierten ihre Arbeitszeit, und weitere 20 Prozent erwägen, dies zu tun – was die Arbeitslast der übrigen Kollegen noch weiter erhöhen dürfte. Diejenigen, die bleiben, neigen verstärkt dazu, auch bei Krankheit zu arbeiten. Je ausgeprägter der Personalmangel ist, desto häufiger zeigt sich dieses Verhalten. 75 Prozent derjenigen, die regelmäßig Personalmangel erleben, haben in den vergangenen zwölf Monaten auch krank gearbeitet.

„Wenn ständiger Personalmangel zum Trend wird, ist dies alarmierend. Diese Überlastung kann die Gesundheit entscheidend beeinträchtigen“, sagt Jens Juncker. Er schlägt den Arbeitgebern eine Offensive im betrieblichen Gesundheitsmanagement vor: „Arbeit muss so organisiert werden, dass die Beschäftigten auch bei einer dünnen Personaldecke die Chance haben, gesund zu bleiben.“