Hamburg. Der Ex-Justizsenator hatte einen Satz der Essgeräte gespendet – doch der Senat „vergaß“, das in einer Kleinen Anfrage zu erwähnen.
Das wollte Ex-Justizsenator Till Steffen (Grüne) nicht auf sich sitzen lassen: Aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten André Trepoll, über die das Abendblatt berichtet hat, lässt sich entnehmen, dass Steffen nach seinem Ausscheiden aus dem Senat entgegen der Gepflogenheit kein Silberbesteck gespendet hat. „Das stimmt nicht. Ich habe der Stadt ein komplettes Silberbesteck nach meinem ersten Ausscheiden aus dem Senat 2010 geschenkt“, sagt Steffen.
Hektische Betriebsamkeit war im Rathaus die Folge. Bei einer gründlichen Durchsuchung der Schatzkammer des Rathauses fand sich Steffens Silberbesteck dann tatsächlich an – vierteilig bestehend aus Messer, Gabel, Ess- und Teelöffel und mit einer Gravur seines Namens sowie seiner ersten Amtszeit von 2008 bis 2010 versehen. Peinlich, peinlich: Jetzt muss der Senat seine Antwort auf die Trepoll-Anfrage korrigieren, damit Steffen Recht geschieht.
Senat Hamburg: Der Brauch geht auf das Jahr 1536 zurück
Der Brauch, dass ausgeschiedene Senatorinnen und Senatoren ein Silberbesteck spenden, reicht bis in das Jahr 1536 zurück. Im Jahr 1976 ließ der damalige Zweite Bürgermeister und Wirtschaftssenator Helmuth Kern die Tradition wieder aufleben – mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Aus der Trepoll-Anfrage ergibt sich, dass von den zehn Senatsmitgliedern, die seit 2015 ausgeschieden sind, lediglich drei ein massives Silberbesteck gespendet haben: Ex-Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau, Ex-Justizsenatorin Jana Schiedek und Ex-Sozialsenator Detlef Scheele (alle SPD).
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Die Ende des vergangenen Jahres zurückgetretene Ex-Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hat die Silberware in Auftrag gegeben. Vorbildlich war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), bis zum 13. März 2018 Erster Bürgermeister. Scholz spendete das Besteck bereits im Anschluss an seine Amtszeit als Innensenator im Jahr 2001.
15 der 31 ausgeschiedenen Senatsmitglieder haben sich als knauserig erwiesen
Nach dem Ausschieden aus dem Senat erhalten die Ex-Regierungsmitglieder ein freundliches Schreiben der Senatskanzlei. Darin wird auf die Tradition der Spende verwiesen, und die Freiwilligkeit betont. Seit 2003 erwiesen sich immerhin 15 der 31 ausgeschiedenen Senatsmitglieder als knauserig: Ronald Schill, Rudolf Lange (FDP), Mario Mettbach und Peter Rehaag (beide Schill-Partei); Dana Horakova (parteilos), Dirk Nockemann (Ex-Schill-Partei, heute AfD), Roger Kusch (Ex-CDU), Jörg Dräger und Udo Nagel (beide parteilos), Alexandra Dinges-Dierig, Heino Vahldieck (beide CDU), Michael Neumann (SPD), Frank Horch (parteilos), Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) und Michael Westhagemann (parteilos).
Auf die Frage Trepolls, wie teuer ein Mittelbesteck aus Silber aktuell sei?, weicht der Senat aus. „Der aktuelle Wert eines Mittelbestecks aus Silber bemisst sich unter anderem nach dem aktuellen Silberpreis. Der Senatskanzlei ist der aktuelle Preis nicht bekannt“, schreibt der Senat. Insgesamt wurden der Stadt seit Wiederaufleben der Tradition „80 Silberbestecke und sonstige Silbergeschenke“ von ehemaligen Senatsmitgliedern gestiftet.
Senat Hamburg: Name des Senatsmitglieds und die Dauer seiner Amtszeit werden eingraviert
Gelockt werden die möglichen Spender auch mit der eigenen Nutzung der kostbaren Ware bei festlichen Anlässen. „Es entspricht den Gepflogenheiten im Rathaus, dass dieses Besteck, in das Ihr Name und die Dauer Ihrer Senatszugehörigkeit eingraviert werden, Ihnen bei Teilnahme an einem Senatsfrühstück (entspricht einem Mittagessen, die Red.) eingedeckt wird“, heißt es in dem Schreiben der Senatskanzlei, mit dem Ex-Justizsenator Steffen zur Spende aufgefordert wurde. „Das ist nie geschehen. Das finde ich ziemlich traurig“, sagt Steffen mit einem Schmunzeln heute. Ja, wenn niemand sein Silberbesteck gefunden hatte …