Hamburg. Die Partei um Katharina Fegebank grenzt sich von der SPD ab und hat klare Vorstellungen, wie man sich für die Zukunft aufstellen will

An der viel befahrenen Stresemannstraße und neben einer Baustelle haben Hamburgs Grüne am Mittwoch erklärt, wie sie ihren bisherigen Weg in der Koalition mit der SPD sehen – und welchen Anspruch sie für die Zukunft erheben. Um sich Gehör zu verschaffen trotz des Lärms der Bagger und vorbeirauschenden Lkw, hatte die Parteispitze um Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank und Grünen-Landeschefin Maryam Blumenthal einen Lautsprecher mitgebracht. Durchzudringen, daran hapere es grundsätzlich noch, sagte Blumenthal: „Wir schaffen es noch nicht, in der Breite unsere Erfolge so sichtbar machen, wie wir uns das wünschen.“

Grüne: Fegebank stellt Äußerung zu Atomkraftwerken klar

Katharina Fegebank hatte vor Kurzem sogar unbeabsichtigt für Irritationen gesorgt mit einer Äußerung zum Aus für Atomkraftwerke in Deutschland. Man müsse Diskussionen „auch immer aus der Zeit heraus“ betrachten, hatte Fegebank beim zweiten Nachhaltigkeitsforum von Hamburger Abendblatt und HypoVereinsbank gesagt. „Und wenn vor zwölf Jahren eine breite gesellschaftliche Mehrheit gesagt hat, sie wolle aussteigen, dann ist das aus heutiger Sicht, muss ich auch sagen, vielleicht die falsche Entscheidung gewesen.“

Dieser Satz sei eine „verunglückte Reaktion“ gewesen auf Worte des Aurubis-Finanzchefs Rainer Verhoeven, der vor einem Strom-Blackout gewarnt hatte, sagte Fegebank am Mittwoch. „Ich bin natürlich froh, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, es ist eine völlig richtige Entscheidung.“ Nun müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien mit „großer Geschwindigkeit vorankommen“.

Grüne wollen auch mit Ideen für Stadtentwicklung, Wirtschaft und Bildung punkten

Nicht nur vorankommen, sondern in die Offensive gehen wollen die Hamburger Grünen nach 1000 Tagen in der Koalition mit der SPD. „Keine Angst, schwierige Sachen anzupacken“, eben das zeichne die Grünen aus, sagte Fegebank. „Nicht dieses Verzögern und Abwarten und Hoffen, dass es einfach an einem vorbeirauscht.“ Es seien die Grünen, die maßgeblich auch weitere wichtige Zukunftsthemen wie die Verkehrswende vorantrieben. Fraktionschefin Jennifer Jasberg sprang ihr bei: „Gut finden kann man Verkehrswende immer, das kann die SPD auch.“ Dann aber – um wirklich etwas zu erreichen – den Mut aufzubringen, dorthin zu gehen, „wo es wehtut“ und wo verbale Prügel drohten, darin seien die Grünen deutlich besser, sagte Jasberg.

Im Juni wollen die Grünen ihre Ideen für wirtschaftspolitische Maßnahmen vorstellen, im November neue Vorschläge für die künftige Bildungspolitik in Hamburg. Vor Kurzem hatte die Partei wie berichtet ihre Vorschläge zur Stadtentwicklung vorgelegt. Dazu gehört das Konzept der „15-Minuten-Stadt“. Es sieht vor, dass alles, was man zum Leben benötigt – Einkaufsmöglichkeiten, Gesundheitsversorgung, Freizeitangebote, Bildungsstätten –, binnen einer Viertelstunde erreichbar sein soll.

Wird Fegebank erneut Spitzenkandidatin der Grünen?

Um ihre Anliegen für die ganze Stadt zu veranschaulichen, haben die Grünen an der Hauswand an der Stresemannstraße 90 ein Graffito anbringen lassen, das Jasberg und Maryam Blumenthal am Mittwoch vollendeten. Mit Blick auf die Bürgerschaftswahl 2025 sagte Blumenthal, derzeit sortiere sich die Partei inhaltlich und mache sich personelle Gedanken.

Dazu zähle auch die Frage nach einer Spitzenkandidatin. „Die Türen sind immer offen für eine so wunderbare Kandidatin, wie Frau Fegebank es auch beim letzten Mal war“, sagte Blumenthal. „Wir haben überhaupt keine Gründe zu sagen, da muss es eine Erneuerung oder irgendetwas anderes geben.“ Fegebank könne „jederzeit durch diese Tür gehen“, aber noch sei die Partei nicht so weit, eine solche Personalie zu verkünden.

Bei der Bürgerschaftswahl 2020 hatten die Grünen mit Fegebank an der Spitze 24,2 Prozent bekommen und damit ihr Wahlergebnis gegenüber 2015 verdoppelt, allerdings ihr Ziel verfehlt, die Erste Bürgermeisterin in Hamburg zu stellen.