Hamburg. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird nicht wesentlich kleiner. In diesen Vierteln sieht die Stadt derzeit Handlungsbedarf.

Wo leben in Hamburg die Menschen mit niedrigem sozialen Status? Seit 2010 veröffentlicht die Stadtentwicklungsbehörde ihr Sozialmonitoring für das vorangegangene Jahr – einen Bericht über die soziale Ungleichheit, der laut Behörde als „kontinuierliches Beobachtungssystem“ angelegt ist und den Fachbehörden und Bezirksämtern dazu dient, Quartiere mit „sozialen Herausforderungen“ frühzeitig zu erkennen.

Wo Handlungsbedarf besteht, soll die Förderung im Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) erfolgen. Dieses hat zum Ziel, Quartiere städtebaulich aufzuwerten und sozial zu stabilisieren.

Hamburg: Kluft zwischen Arm und Reich wird nicht kleiner

Die zentrale Erkenntnis des diesjährigen Reports ist, dass sich auch im zweiten Pandemiejahr keine Auswirkungen auf die „sozialräumliche Entwicklung“ der Hamburger Quartiere feststellen lassen. Das heißt: Die soziale Spaltung zwischen wohlhabenden und einkommensschwachen Quartieren hat nicht weiter zugenommen.

Im diesjährigen Bericht wurde zudem eine langfristige Betrachtung der Entwicklungen in Hamburg durchgeführt, die zu dem Ergebnis kommt, dass die „sozialräumliche Polarisierung“ in Hamburg auch im Laufe der letzten zehn Jahre nicht zugenommen hat.

Das bedeutet allerdings auch, dass es kein deutliches Aufholen von „statusniedrigen“ Gebieten gegeben hat. Mehr noch: Auch die Verteilung über das Stadtgebiet hinweg ist gleich geblieben. „Die statistischen Gebiete mit niedrigem und sehr niedrigem sozialen Status häufen sich in bestimmten Teilräumen der Stadt“, heißt es in dem Bericht.

Hamburg weise „hohe sozialräumliche Stabilität“ auf

Allerdings ist der Anteil der Bevölkerung, die in statistischen Gebieten mit niedrigem oder sehr niedrigem sozialen Status lebt, seit 2012 um 5,4 Prozent zurückgegangen, während die Bevölkerung im selben Zeitraum hamburgweit um 8,5 Prozent wuchs. „Der aktuelle Sozialmonitoring-Bericht verdeutlicht erneut, dass Hamburg eine auf lange Sicht hohe sozialräumliche Stabilität aufweist“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD).

„Besonders erfreulich ist es, dass selbst durch die herausfordernde Corona-Pandemie die betrachteten sozialen Indikatoren keine Aus­wirkungen auf die sozialräumliche Entwicklung der Hamburger Quartiere erkennen lassen.“ Ob diese Tendenzen angesichts der Auswirkungen des Ukraine-Krieges so bleiben, würden die Berichte der nächsten Jahre zeigen, sagt Dorothee Stapelfeldt.

So wird der soziale Status erfasst

Für das Sozialmonitoring wurde die Stadt in 853 statistische Gebiete mit mindestens 300 Einwohnerinnen und Einwohnern aufgeteilt und ihr sozialer Status anhand von Eckdaten erfasst. Erhoben werden unter anderem die Anzahl der Empfänger staatlicher Leistungen, die Arbeitslosigkeit, die Zahl der Kinder in der sogenannten Mindestsicherung, die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sowie die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss. Für jedes statistische Gebiet wird anhand der einzelnen Indikatoren schließlich ein Statusindex gebildet, der von hoch bis sehr niedrig reicht.

Die Untersuchung zeigt, dass die Zahl der Statistischen Gebiete mit hohem Status „auffällig“ zugenommen hat. So haben 159 Statistische Gebiete (18,6 Prozent) einen hohen Status, was einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 143 Gebiete entspricht. 70 Gebiete (8,2 Prozent) verzeichnen einen niedrigen Status und 77 (neun Prozent) einen sehr niedrigen Status. 2021 waren es zusammengenommen noch 146 Gebiete. Der Anteil von 17,2 Prozent an allen statistischen Gebieten bleibt damit im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleich.

347.000 Personen leben in Quartieren mit einem niedrigen oder sehr niedrigen Status. Die überwiegende Mehrheit der 853 analysierten statistischen Gebiete in Hamburg verfügt über einen mittleren Status. Die Zahl liegt bei 547, was 64,1 Prozent entspricht. 81,4 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger – das sind rund 1,5 Millionen – leben in Quartieren, für die ein mittlerer oder hoher Status ausgewiesen wurde.

Stadtteile westlich der Alster haben sich „verbesser“

Seit 2020 hat vor allem der Anteil statistischer Gebiete mit hohem und sehr niedrigem Status zugenommen. Während 39 statistische Gebiete ihren Status im Vergleich zum Vorjahr verbessert haben, weisen 26 eine Verschlechterung des jeweiligen Status auf.

Bei den Verbesserungen fallen 25 Statuswechsel auf statistische Gebiete, deren Status von mittel auf hoch wechselte. Neun davon haben sich westlich der Außenalster vollzogen (in den Stadtteilen Eimsbüttel, Eppendorf, Hoheluft-Ost, Hoheluft-West und Rotherbaum). Bei den Verschlechterungen ist kein Trend erkennbar.

Auffällig ist jedoch, dass deutlich mehr Gebiete zwischen den beiden Statusklassen mittel und hoch als etwa zwischen dem Status niedrig und mittel wechselten – und das bereits seit 2012, wie die Langzeitbetrachtung zeigt. Und: „Im betrachteten Zeitraum weicht der Großteil der statistischen Gebiete wenig vom Hamburger Durchschnitt ab“, so ein Fazit der Autoren.

Diese Hamburger Stadtteile fallen auf

Gebiete mit einem hohen Status sind vor allem in den Elbvororten sowie entlang des Alsterlaufs (Bezirke Eimsbüttel und Hamburg-Nord) und in den Walddörfern (Bezirk Wandsbek) zu finden. Die statusniedrigen Gebiete liegen vor allem am östlichen Stadtrand (Billstedt, Horn und Jenfeld), in den Stadtteilen Neuallermöhe, Wilhelmsburg, Harburg, Neugraben-Fischbek, Steilshoop, Barmbek-Nord, Dulsberg, Hamm und Rothenburgsort sowie am westlichen Stadtrand (Lurup, Osdorf und Bahrenfeld).

Die Stadtentwicklungsbehörde betont, dass die RISE-Förderung ein zentraler Baustein zur sozialen Stabilisierung der Quartiere bleibt.