Harburg. Eine genaue Auswertung der Sozialraumbeschreibung ergibt vor allem Gebiete mit mittlerem Status – Tendenz zeigt leicht nach oben.

Die Sozialstruktur im Bezirk Harburg ist stabil, so geht es aus der aktualisierten Sozialraumbeschreibung des Bezirksamts hervor. Erfreulich ist sie dennoch nicht überall. Im Vergleich zur Gesamtstadt weist Harburg – vor allem im Zentrum des Bezirks – proportional mehr Gebiete mit niedrigem und sehr niedrigem Sozialstatus aus und weniger mit hohem. Insgesamt jedoch liegt der Status der meisten Harburger Gebiete in der Mitte. Wenn man eine Tendenz ablesen will, zeigt sie eher nach oben, wenn auch nur leicht.

Letzte Sozialraumbeschreibung des Bezirks Harburg war zehn Jahre alt

Die letzten Sozialraumbeschreibungen des Bezirks Harburg stammten aus dem Jahr 2011. Die Bezirksversammlung hatte das Bezirksamt deshalb aufgefordert, sie zu aktualisieren. Die Experten im Bezirksamt wiederum wandten ein, dass die Methodik der klassischen textlichen Sozialraumbeschreibung mittlerweile als überholt gilt und schlugen vor, den Abgeordneten stattdessen eine detaillierte Auswertung der Sozialdaten vorzulegen, die die Stadtentwicklungsbehörde jährlich erfasst und auf die Harburger Gebiete umzurechnen. Die Daten liegen nun vor.

Sozialräume orientieren sich meistens an Stadtteilgrenzen. Große Stadtteile können aber auch noch einmal in mehrere Sozialräume unterteilt sein und ein Harburger Sozialraum, nämlich Neuwiedenthal, befindet sich gleich in zwei Stadtteilen: Neugraben-Fischbek und Hausbruch. Bei 17 Stadtteilen hat der Bezirk Harburg 21 Sozialräume. Die meisten Sozialräume umfassen mehrere statistische Gebiete (siehe Info) in denen so genannte Aufmerksamkeitsindikatoren – beispielsweise Schulbildung, Erwerbsquote oder die Anzahl von Transferleistungsabhängigen – beobachtet und erfasst werden.

Niedriger Status im Phoenix-Viertel sowie am Wallgraben und Rieckhof

Der Sozialraum Harburg Zentrum gehört zu denen, die am wenigsten auf der Sonnenseite liegen. Hier sind es vor allem das Phoenix-Viertel als Gebiet mit sehr niedrigem Status sowie die Quartiere um Rieckhof und Wallgraben als Gebiete mit niedrigem Status, die auffallen. Alle anderen Gebiete des Zentrums weisen einen mittleren Status auf, wobei der Binnenhafen laut Sozialmonitoring der Stadtentwicklungsbehörde eine Tendenz in Richtung „hoch“ zeigt.

Rainer Laugwitz ist Vorsitzender des SPD-Distrikts Harburg-Mitte und kennt die Quartiere gut: „Die Wohnungen im Harburger Zentrum sind größtenteils klein“, sagt er. „Deshalb gibt es hier mehr Einpersonenhaushalte oder Alleinerziehende mit niedrigem Einkommen. Auch der Anteil an Rentnern ist hoch. Man könnte für eine bessere Durchmischung sorgen. Besser wäre es aber, dafür zu sorgen, dass es diesen Menschen besser geht, indem man sie schneller in gute Arbeit vermittelt bekommt oder die Renten so gestaltet, dass weniger Senioren sie aufstocken müssen. Das ist aber dann keine Bezirkspolitik mehr.“

Eine Ausnahme: Hohe Sozialstruktur in einem Teil Marmstorfs

Ganz anders sieht die Lage in Marmstorf aus – einer der zwei Sozialräume, in denen zumindest ein Statistikgebiet vom Sozialstandard her auf „hoch“ eingestuft ist, nämlich vom alten Dorfkern bis nach Lürade und Appelbüttel. In diesem Gebiet lebt der CDU-Bezirksabgeordnete Reiner Bliefernicht. „Was ich wichtig finde, ist, dass uns Wohlhabenderen der Wohlstand nicht zu Kopf steigt“, sagt er.

Außer dem bereits erwähnten Binnenhafen gibt es noch drei weitere Gebiete im Bezirk, die eine Tendenz von Mittel in Richtung hoch aufweisen: Der Vogelkamp in Neugraben gehört erwartungsgemäß dazu dazu, aber auch zwei, die man dort nicht vermuten würde: Das Gebiet am Gottschalkring im Sozialraum Eißendorf, wo der Eisenbahnbauverein gerade neue Wohnungen baut und der schmale besiedelte Streifen nördlich der Cuxhavener Straße von Heimfeld bis Hausbruch.

Trotz hohen Migrationsanteils im Zentrum steigt die Abiturientenquote

Der Anteil an Harburgern mit Migrationshintergrund taugt offenbar nur noch bedingt als Sozialindikator: Zwar ist er in den Gebieten mit niedrigem und sehr niedrigem Status hoch, aber in denen mit mittlerem in den meisten Fällen nicht geringer. Lediglich im Statusbereich „hoch“ scheint die Herkunft noch eine Schwelle zu sein. Trotz hohen Migrationsanteils steigt in Harburg-Zentrum übrigens die Abiturientenquote kontinuierlich. Auffällig dabei: Die Schulabgänger, die sich nicht mit dem Hauptschulabschluss begnügen, verschmähen zumeist auch den Realschulabschluss und streben gleich die Hochschulreife an.