Hamburg. Die Ämter werden in einem zentralen „Hamburg Service“ gebündelt. Wie die Pläne aussehen und was die Gewerkschaft kritisiert.
Es ist einer der einschneidendsten Eingriffe in die Hamburger Verwaltungsstruktur seit Jahren, doch im Idealfall sollen die Bürgerinnen und Bürger davon gar nicht viel merken: Die insgesamt 23 bezirklichen Kundenzentren, erst seit 2005 aufgebaut und seitdem die zentrale Anlaufstelle für die Hamburger bei Behördengängen, werden bald Geschichte sein. Anfang 2023 werden sie in „Hamburg Service vor Ort“ umbenannt und sind dann auch nicht mehr an die jeweiligen Bezirksämter angebunden, sondern werden in einer zentralen Einheit namens „Hamburg Service“ gebündelt. Mehr als 600 Mitarbeiter werden damit künftig direkt der von der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) geführten Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke unterstellt.
Zu dieser Einheit gehören dann auch die bezirklichen Ausländer-Ämter, der unter der Nummer 115 erreichbare „Telefonische Hamburg Service“ sowie das Dienstleistungsportal der Stadt im Internet, das schon jetzt den Namen „Hamburg Service“ trägt. „Das ist ein wirklich zukunftsweisendes Projekt für unsere Stadt“, sagte Fegebank am Dienstag bei der Vorstellung der Pläne im Rathaus. Hauptziel der Reform sei, dass die Bürgerinnen und Bürger „Service aus einer Hand“ sowie ein erweitertes digitales Angebot erhalten.
Fegebank: Zentraler „Hamburg Service“ soll Prozesse beschleunigen
Auf die Frage, warum die neue zentrale Einheit die Bürger besser betreuen können soll als bisher die Bezirksämter, verwies Fegebank auf die enormen Probleme der Kundenzentren 2016: Damals war es im Zuge der neuen Online-Terminvergabe zu monatelangen Wartezeiten für Kunden gekommen. Der Senat reagierte mit einem Personalaufbau und setzte eine behördenübergreifende Projektgruppe ein, die sich mit einer möglichen Neuorganisation befassen sollte.
Obwohl die Situation sich seitdem erheblich gebessert hat und laut einer vom Senat in Auftrag gegebenen Befragung mehr als 90 Prozent der Bürger mit den Kundenzentren zufrieden sind, sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass „Prozesse besser, transparenter, schneller gesteuert werden können, wenn sich das Ganze zentralisiert“, so die Senatorin.
Vor allem in den Ausländer-Ämtern gebe es noch zu lange Warte- und Bearbeitungszeiten. „Es geht sehr viel schneller, wenn alles aus einer Hand kommt“, sagte Fegebank. Die Mitarbeiter vor Ort könnten sich dann auf die Anliegen der Bürger konzentrieren, während sich im Hintergrund nur noch ein gemeinsamer Intendanzbereich – statt bislang sieben in den Bezirksämtern – um Personal- und Rechtsfragen kümmere. Die Mitarbeiter, mit denen es die Kunden zu tun haben, blieben größtenteils dieselben, so die Senatorin. Aber wenn es Engpässe gebe, könne man über Pool-Lösungen „sehr viel schneller Abhilfe schaffen“.
Stadt lässt sich „Hamburg Service“ zusätzlich 13 Millionen Euro kosten
Dafür nimmt der Senat kräftig Geld in die Hand: Da allein der Intendanzbereich knapp 50 Personen umfassen wird (wovon nur ein kleiner Teil aus den Bezirken abgezogen wird), rund 65 bislang befristete Stellen stetig ausfinanziert werden und zudem 18 Stellen in den Ausländer-Ämtern hinzukommen, geht die Behörde von jährlichen Mehrkosten von 13 Millionen Euro aus, wie sie auf Abendblatt-Nachfrage mitteilte.
Rund zehn Millionen davon wären aber ohnehin angefallen, da die Ausfinanzierung bestehender Stellen so oder so nötig gewesen sei. Im Übrigen gehe man davon aus, von 2027 an durch Effizienzsteigerungen rund 4,3 Millionen Euro pro Jahr sparen zu können. Im Klartext: Weil bis dahin vermutlich die allermeisten Bürger ihre Anliegen online erledigen, braucht man auch weniger Personal im „Hamburg Service vor Ort“. Teil der Pläne ist auch, dass das Sonderkundenzentrum Hamburg-City in der Spitalerstraße zunächst erhalten bleibt.
Gewerkschaften sehen „Hamburg Service“ kritisch
Arbeitnehmervertreter sehen das Konzept äußerst kritisch: „Die Kundenzentren sind das wichtige Aushängeschild für die Bezirke“, sagte Sieglinde Frieß, stellvertretende Landesbezirksleiterin bei Ver.di Hamburg. „Die Zentralisierung und Abkoppelung von den Bezirksämtern ist deshalb kontraproduktiv und schwächt den bürgernahen Gedanken. Sie sei „äußerst skeptisch, dass diese Umorganisation dem Zusammenleben in unserer Stadt nützlich sein wird.“
Björn Michelsen vom Personalrat des Bezirksamtes Harburg, das bislang zentral für die alle Kundenzentren zuständig war, übte ebenfalls Kritik: „Hier wird eine Personal- und Finanzentscheidung getroffen, die auch in den Bezirken möglich gewesen wäre und vor Ort zu besseren Bedingungen geführt hätte. Wer an die Bezirke glaubt, muss diese auch langfristig gut ausfinanzieren und darf ihnen nicht Arbeitsgrundlagen entziehen.“
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Auch von der Opposition in der Bürgerschaft kam Kritik: „Die einzige Antwort des Senats bei Problemen der Bezirke ist auch hier wieder die Zentralisierung“, so Stephan Jersch (Linke). „Das eigentliche Problem der Bezirksämter – nämlich die personelle und finanzielle Ausstattung – wird nicht angegangen.“ André Trepoll (CDU) sagte: „Das Ziel, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und mehr Serviceangebote aus einer Hand anzubieten, ist richtig, aber es kommt auch auf die Umsetzung an. Gerade die katastrophale Erreichbarkeit der Servicenummer 115, bei der die Anrufer, wenn sie überhaupt jemanden erreichen, viel Geduld mitbringen müssen, zeigt mehr als deutlich, dass Worten auch Taten folgen müssen.“ Außerdem dürfe die Neuorganisation „nicht zur Reduzierung des Kundenangebotes in der Fläche unserer Stadt führen“.
Anja Quast, bezirkspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, verwies hingegen darauf, dass SPD und Grüne den Senat aufgefordert hatten, die Organisation der Kundenzentren auf den Prüfstand zu stellen: „Mit dem Hamburg Service werden die Projektergebnisse zur Neuorganisation der Kundenzentren jetzt Realität. Mit der zentralen Organisationsform wird eine noch stabilere und effizientere Arbeitsweise ermöglicht.“ Die fortschreitende Digitalisierung der Serviceleistungen erhöhe zusätzlich die gute und schnelle Bearbeitung der gestellten Anliegen, so Quast. „Der gute persönliche Kontakt in den Kundenzentren vor Ort und der regionale Service bleiben von der Neustrukturierung unberührt.“