Hamburg. Gute Nachrichten für mehr als eine Viertel Millionen Hamburger Energiekunden. Der Senat plant zudem Härtefallfonds für Notfälle.

Das sind gute Nachrichten für mehr als eine Viertel Millionen Hamburger Energiekunden: Die Hamburger Energiewerke (HEnW) sollen nach dem Willen des Senats darauf verzichten, die gerade vom Bund beschlossene Gasumlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunden von ihren Kunden zu erheben.

Ein vierköpfiger Durchschnittshaushalt würde damit um eine Zusatzbelastung von rund 500 Euro pro Jahr herumkommen. Bereits am Dienstag hatten Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) ihre Pläne verkündet – aber darauf hingewiesen, dass diese zunächst rechtlich geprüft werden müssten.

Gasumlage: 280.000 Kunden der Hamburger Energiewerke würden profitieren

Am Mittwoch gab es auf Abendblattanfrage dazu nun weitere Details. Die Umweltbehörde teilte mit, dass bei einer positiven Entscheidung rund 30.000 Gas- und 247.000 Fernwärmekunden der HEnW profitieren würden – außerdem einige Geschäfts- und Gewerbekunden

Ob die HEnW wirklich auf die Umlage verzichten können, hängt laut Finanzsenator Dressel von „Fragen des Wettbewerbsrechts, des Beihilferechts und des Steuerrechts“ ab. „Dürfen wir einseitig bestimmte Kunden entlasten? Ist der Verzicht eine Beihilfe? Ist der Verzicht eine steuerlich relevante verdeckte Gewinnausschüttung? Das werden HEnW, Umweltbehörde, städtische Konzernholding HGV und Finanzbehörde sauber klären – natürlich mit dem politischen Willen es hinzukriegen, wenn es rechtlich zulässig ist“, sagte Dressel dem Abendblatt. Der städtische Haushalt, die Konzernbilanz der HGV und der Wirtschaftsplan der HEnW würden „wirtschaftlich und finanziell den Verzicht hergeben“ so Dressel.

Finale Entscheidung muss Aufsichtsrat der HEnW treffen

Laut Umweltbehörde geht es dabei um einen einen „höheren zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr“. Die HEnW würden entsprechend weniger Geld an die städtische Konzernholding HGV abführen. Im Endeffekt wäre es also die Stadt, die auf Einnahmen verzichten würde.

„Die finale Entscheidung muss aufgrund der finanziellen Tragweite der Aufsichtsrat der HEnW treffen“, sagte Umweltbehördensprecherin Renate Pinzke. Hintergrund: In vielen älteren Fernwärmeverträgen gibt es automatische Preisanpassungsformeln, die sich nach dem Haushaltsgaspreisindex des Statistischen Bundesamts richten. Der könnte sich möglicherweise auch durch die Gasumlage erhöhen. Da die Umlage bereits ab Oktober erhoben wird, muss eine Entscheidung schon bald fallen.

Senat plant Härtefallfonds für Notfälle

Neben dieser möglichen Entlastung arbeitet die Finanzbehörde an einem Härtefallfonds für Menschen, die die hohen Energiepreise trotz anderer staatlicher Hilfen nicht mehr bezahlen können. Vorbild ist laut Dressel ein in Niedersachsen eingeführtes System. Dabei gründen Energieversorger gemeinsam einen Härtefallfonds in Form eines Vereins. Versorger und Stadt statten den Fonds finanziell aus und Wohlfahrtsverbände könnten mit über die Mittelvergabe entscheiden. „Niemand soll im Winter in einer kalten Wohnung sitzen“, sagte Dressel. „Dort, wo bestehende Sicherungssysteme nicht greifen, können Härtefallfonds zusätzlich helfen. Wir werden uns mit den Versorgern über Möglichkeiten austauschen.“ Laut Dressel könnte sich die Stadt an einem Fonds mit 15 Millionen Euro beteiligen.

CDU-Energiepolitiker Stephan Gamm warf dem Senat vor, das Versprechen, auf die Gasumlage zu verzichten, entbehre „jeder Grundlage“. Es solle der Eindruck einer Lösung erweckt werden, die dann am Ende doch nicht komme. In Wahrheit seien „die Pläne der Bundesregierung zur Gasumlage nicht umsetzbar“, weil „die EU diesem Vorhaben eine klare Absage erteilt hat“. Linken-Umweltpolitiker Stephan Jersch begrüßte den geplanten Verzicht auf die Umlage, betonte aber: „Es darf nicht dazu kommen, dass hier ein weiterer Riss durch Hamburg geht und Kund:innen anderer Energieversorger mehr belastet werden.“ Ein „Verzicht aller in Hamburg relevanter Energieversorger muss vereinbart werden“, so Jersch.

CDU Hamburg über Kerstan: „viel zu spät reagiert“

Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sagte: „Ich bin sehr dafür, dass nicht nur der Bund, sondern auch die Länder Pläne machen, um die Bürger vor hohen Belastungen durch die Gasumlage zu bewahren.“

Derweil musste Umweltsenator Kerstan in einem Brief an Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) einräumen, dass er es nicht, wie von der Bürgerschaft gefordert, schafft, zeitnah über einen Härtefallfonds mit den Versorgern zu verhandeln, die Bürger mit Flyern über die Möglichkeiten zur Nutzung dieses Fonds zu informieren und bis Ende September darüber zu berichten. Der „Runde Tisch zur Vermeidung von Strom-, Gas- und Wassersperrungen“ tage erst in August und Herbst und der Flyer werde derzeit übersetzt und im dritten Quartal gedruckt. CDU-Sozialpolitiker Andreas Grutzeck warf Kerstan vor, er habe „viel zu spät reagiert“. Schließlich habe die Bürgerschaft ihr „Ersuchen zur Bekämpfung von Versorgungssperren“ bereits im März beschlossen.