Hamburg. Bürgerschaftsantrag für Neuausrichtung der AG „Code of Conduct“. Gewerkschaft „massiv unzufrieden“ mit prekären Jobs an Hochschulen.

Zuletzt drohte sogar ein Zerwürfnis. Eigentlich soll die Arbeitsgemeinschaft „Code of Conduct“ unter dem Vorsitz der grün geführten Wissenschaftsbehörde bessere Arbeitsbedingungen an den staatlichen Hamburger Hochschulen für den akademischen Mittelbau erreichen, also etwa für wissenschaftliche Mitarbeiter, Doktoranden und Lehrbeauftragte. Doch weil nach Ansicht einiger Beteiligter viel zu wenig passierte, stellten sie frus­triert die gesamte AG infrage.

Die rot-grünen Regierungsfraktionen geben sich nun selbstkritisch – und bringen zur Bürgerschaftssitzung am 29. Juni einen Antrag ein, der für Fortschritte sorgen soll. Nicht zuletzt durch die Bewegung #IchBinHanna, die sich gegen Dauerbefristungen junger Forschender wendet, sei „deutlich geworden, dass wir gemeinsam noch mehr für die Aufwertung der Arbeitsbedingungen und gegen prekäre Arbeitsverhältnisse tun müssen“, sagt Annkathrin Kammeyer von der SPD-Fraktion.

Hamburger Hochschulen: Rot-Grün will entfristete Verträge

„Gerade die fehlende Planungssicherheit in Bezug auf Karriere und Familie ist eine große Hypothek für den akademischen Mittelbau.“ Längere Vertragslaufzeiten und entfristete Verträge erleichterten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagt Miriam Block von der Grünen-Fraktion. Die Wissenschaft werde so attraktiver auch für Frauen.

Welchen Erfolg der rot-grüne Bürgerschaftsantrag zur „Neuausrichtung des Code of Conducts“ haben wird, ist offen. Die Bürgerschaft soll den Senat ersuchen, „sicherzustellen“, dass mehrere „Themen und die in diesem Zusammenhang zu diskutierenden Aspekte Berücksichtigung finden“. Dazu zählen SPD und Grüne etwa eine „Prüfung“ unbefristeter Stellen unterhalb der Professur. Gesprochen werden soll zudem über eine „Pool-Lösung“ für die dauerhafte Beschäftigung von Forschenden, die über Drittmittel finanziert werden.

Bürgerschaftsabgeordnete berichten jährlich an Senat

Damit ist ein Geldtopf gemeint, der bei Lücken zwischen Drittmittelprojekten angezapft werden könnte – oder um Drittmittelbeschäftigte zu entfristen. Ein weiterer Vorschlag lautet, die Mindestvertragslaufzeit für Promotions- und Habilitationsstellen von drei auf dreieinhalb Jahre anzuheben; Folgeverträge sollen mindestens sechs Monate umfassen.

Der AG unter dem Vorsitz der Wissenschaftsbehörde gehören Mitglieder der Hochschulpräsidien, Personalräte, Gewerkschafter und Vertreter des akademischen Mittelbaus an, aber keine Bürgerschaftsabgeordneten. Letzteren soll der Senat laut Antrag künftig einmal jährlich über die AG „Code of Conduct“ berichten – erstmals zum 1. Juni 2023.

Gewerkschaft kritisiert Fegebank

Die Arbeitsgemeinschaft war 2013 unter der damaligen Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) gegründet worden. Zunächst von einem gemeinsamen Optimismus getragen, hat sich offenbar immer mehr Ärger angestaut, seit Katharina Fegebank (Grüne) 2015 die Wissenschaftsbehörde übernahm. „Wir sind seit Jahren massiv unzufrieden mit dem Prozess“, sagt Fredrik Dehnerdt von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die GEW fordert etwa verbindliche Vorgaben für die Hochschulen, mehr Dauerstellen einzurichten. „Es hat hier keine Verbesserungen gegeben“, sagt Dehnerdt. Die AG sei „eine Art Feigenblatt“, mit dem die Behörde den Anschein erwecke, etwas zu tun.

Aus dem akademischen Mittelbau hieß es zuletzt, der Mittelbau, die Gewerkschaften und Personalräte seien „höchstens Zaungäste“ in der AG. „Das Gespräch läuft zwischen Behörde und Hochschulvertreterinnen und -vertretern.“ Die Linken-Abgeordnete Stephanie Rose erklärte, die AG sei acht Jahre nach dem Start ihrem Ziel kaum nähergekommen. „Der Senat hat bisher alle Reformbestrebungen aus der AG heraus behindert – insbesondere seit der Wissenschaftsbereich in grüner Verantwortung steht.“

Es habe sehr wohl Verbesserungen gegeben, heißt es von SPD und Grünen. Auf Bundesebene habe sich Hamburg erfolgreich dafür eingesetzt, dass Befristungen im Drittmittelbereich nicht kürzer als die Projektlaufzeit sein sollen. Das Hamburgische Hochschulgesetz sei etwa dahingehend geändert worden, dass wissenschaftliche Mitarbeiter mit mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit des öffentlichen Dienstes beschäftigt werden müssen und dass für eine Promotion mindestens ein Drittel der Arbeitszeit vorgesehen sein muss. Auch sei die Vergütung der Lehrbeauftragten verbessert worden.