Hamburg. Gastronomen freuen sich über den „Freedom Day“, der Einzelhandel spürt noch keine Auswirkungen. Sozialsenatorin bleibt vorsichtig.

Ganz einig scheint Hamburg sich noch nicht darüber zu sein, wie es mit seiner neuen Freiheit umgehen möchte: Am vergangenen Sonnabend fiel mit dem „Freedom Day“ hier als einem der letzten Bundesländer die Maskenpflicht im Einzelhandel und anderen Innenräumen mit Publikumsverkehr. Doch während manche das Ende der Pflicht feiern, bleiben andere vorsichtig.

„Es ist ein Akt der Rücksichtnahme anderen gegenüber, auf engem Raum eine Maske zu tragen“, findet Kundin Doris Kandelhardt, die am Montagvormittag am Eppendorfer Weg in Eimsbüttel ihre Einkäufe erledigt. Sie wird die Maske auch weiterhin tragen. Alfred Halberstadt befürwortet, dass die Pflicht abgeschafft wurde. Ein bisschen Abstand halten sei gut, meint der Eimsbüttler. „Und wenn jemand krank ist, greift derjenige seit Corona wahrscheinlich schneller zur Maske.“ Er selbst trägt sie beim Gang zum Bäcker nun aber nicht mehr.

Corona-Lockerungen: Die einen so, die anderen so

Die Mitglieder des David Lloyd Meridian Spa & Fitness Club an der Quickbornstraße hatten es ihm schon am Wochenende gleichgetan: Die Schilder, die auf die Maskenpflicht verwiesen, waren dort am Sonntag bereits verschwunden. Sowohl im Fitness- als auch im Wellnessbereich hatte kaum noch jemand eine Maske getragen.

Im Einkaufszentrum W1 an der Wandsbeker Marktstraße ist am Montag zwischen Drogeriemarkt, Nagelstudio und Imbiss dagegen noch knapp jeder Zweite mit FFP2-Maske unterwegs.

Hamburger müssen sich erst umgewöhnen

Der Einzelhandel spürt zumindest in den ersten Tagen aber noch keine großen Veränderungen durch den „Freedom Day“. „Die Auswirkung auf Umsätze ist momentan nicht nennenswert“, sagt Brigitte Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord in Hamburg, auf Abendblatt-Anfrage. Die Verbraucherstimmung sei insgesamt weiter gedämpft, so Nolte mit Blick auf die Umsatzzahlen.

Neben den durch die Inflation steigenden Preisen spiele auch Verunsicherung eine Rolle. Es werde wohl noch einige Zeit dauern, bis die Hamburger sich daran gewöhnen, die Maske nicht mehr tragen zu müssen, meint Nolte: „Und dann werden sich die Kunden wahrscheinlich auch wieder länger in den Läden aufhalten wollen – was der Einzelhandel natürlich dringend braucht: Kunden, die gerne shoppen gehen und sich frei bewegen möchten.“

Maske bleibt Empfehlung

Viele Händler würden den Kundinnen und Kunden empfehlen, weiter eine Maske zu tragen, auch um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen – über das Hausrecht würden es die meisten aber nicht einfordern wollen, um Konflikte zu vermeiden, so Nolte.

Von den Gastronomen gab es am Montag ein großes „Halleluja“: „Das war sensationell, der Wegfall der Maskenpflicht hat passend zum Frühling einen richtigen Stimmungsschub gegeben“, sagt Jens Stacklies, Gastronom und Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Hamburg, gegenüber dem Abendblatt. In der Fischauktionshalle hat er den „Freedom Day“ am Sonnabend mit 700 anderen Gastronomen im Rahmen des Branchentreffens Internorga erlebt.

Trotz Lockerungen bleiben Gastronomie vorsichtig

„Es fällt eine richtige Last von den Schultern. Der Konsum steigt, die Menschen gehen aus, essen, trinken – man spürt richtig die Lebensfreude. Bei den Gästen und bei den Mitarbeitern“, sagt Stacklies darüber, wie er die Stimmung in Hamburg erlebt. Trotzdem würden die Gastronomen die Lage weiterhin ernst nehmen und blieben vorsichtig.

„Wir schauen, dass wir nicht zu übermütig werden. Es gibt Mitarbeiter und Gäste, die ihre Maske weiterhin tragen möchten und sich so sicherer fühlen. Wir stellen das frei und akzeptieren es.“ Man würde die Räumlichkeiten auch noch nicht so voll stellen, wie es eigentlich möglich wäre, um weiter ausreichende Abstände zu gewährleisten.

Auch Tschentscher ohne Maske

Im Museum der Arbeit, Museum für Hamburgische Geschichte und Altonaer Museum, die von der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) betrieben werden, folgt man den Empfehlungen der Stadt. Alle Corona-Beschränkungen fallen weg. An den Kassen stehen allerdings noch Schilder, auf denen Besucherinnen und Besuchern das Tragen einer Maske auch weiterhin empfohlen wird.

Dass mit dem offiziellen Ende der Maskenpflicht nicht plötzlich alles gut ist, hatten auch die politisch Verantwortlichen betont. So hatte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Ungeimpften und vulnerablen Personen kürzlich dazu geraten, sich zumindest überall dort, wo man in Innenräumen auf viele Menschen trifft, weiter mit einer Maske zu schützen – beziehungsweise sich impfen zu lassen. Er selbst werde beim Einkaufen aber keine Maske mehr tragen, sagte Tschentscher. „Ich bin mit allen Entscheidungen und Empfehlungen im Reinen, und ich halte mich selber an das, was wir empfehlen.“

Corona-Lockerungen: Safety First ist die Devise

Die für Gesundheit zuständige Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) will sich dagegen vorerst noch gegen die auch über die Luft übertragbaren Coronaviren schützen: „Wenn ich einkaufen gehe, werde ich in nächster Zeit auf jeden Fall noch eine Maske tragen, zumindest solange wir noch dieses durchwachsene Wetter und so hohe Infektionszahlen haben“, sagte sie am Freitag und gab den Bürgern mit auf den Weg: „Wenn einem danach ist, eine Maske zu tragen, ist das sicher nicht falsch.“

Auch die Schulbehörde hatte mit dem Auslaufen der Maskenpflicht an den Schulen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es selbstverständlich weiterhin erlaubt sei, eine Maske zu tragen.