Hamburg. Steuerfall Warburg: Andreas Dressel (SPD) distanziert sich im Untersuchungsausschuss Cum-Ex von den Vorgängen.
So deutlich hat sich noch kein Hamburger Regierungsmitglied von den Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank distanziert: Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hat im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Bürgerschaft am Freitag das Vorgehen der Bank mehrfach direkt oder indirekt scharf kritisiert.
Das Ausmaß an Steuerhinterziehung – weltweit hatten Banken und andere Finanzinstitute den Fiskus um Milliarden geprellt – empöre viele, sagte Dressel: „Uns auch.“ Daher sei er mit hochrangigen Vertretern der Bank auch mehrfach aneinandergeraten.
So hätten ihn Mitgesellschafter Christian Olearius und dessen Sohn Joachim im Sommer 2018 – da war Dressel seit Kurzem im Amt – bei einem „Kennenlerntreffen“ ihr Leid über die Ermittlungen gegen die Bank geklagt. Forderungen hätten die Banker zwar nicht gestellt, aber er habe ihnen schnell klargemacht, dass sie damit bei ihm auch an der falschen Adresse gewesen wären: Daraufhin seien die Herren schnell wieder gegangen, so Dressel.
Cum-Ex-Skandal: Dressel lobt Gerichte
Später habe er darauf bestanden, dass Warburg-Vertreter nicht zusammen mit ihm an einem Treffen der Hamburger Finanzwirtschaft teilnahmen. Die Bank sei erbost gewesen, aber aus seiner Sicht hätten solche Begegnungen nur Nachfragen von Abgeordneten und Presse ausgelöst. Auch eine Bitte um ein Gespräch über die bevorstehende Änderung des Steuerbescheids im Jahr 2020 habe er abgelehnt und mitgeteilt: Der Finanzsenator mische sich „in ständiger Praxis“ nicht in Entscheidungen des Finanzamtes ein. Schließlich sei er auch gegen eine mögliche „Verständigung“ gewesen: Dahinter steckte der Vorschlag der Bank, statt der letztlich zurückgezahlten 176 Millionen Euro nur knapp 70 Millionen zu erstatten.
Dass nach dem Landgericht Bonn und dem Bundesgerichtshof am Freitag auch das Bundesverfassungsgericht bestätigte, dass die Einziehung der 176 Millionen legitim war, begrüße er, sagte Dressel: „Wir haben ein Höchstmaß an rechtlicher Klarheit.“
Der PUA soll aufklären, warum die Hamburger Finanzbehörden in den Jahren 2016 und 2017 darauf verzichtet hatten, insgesamt rund 90 Millionen Euro an erstatteten Kapitalertragssteuern von der Warburg-Bank zurückzufordern. Im Zentrum steht die Frage, ob die Politik in Person von Olaf Scholz und Peter Tschentscher – damals Bürgermeister und Finanzsenator – auf die Entscheidungen Einfluss genommen hat. Beide haben das mehrfach abgestritten, und bislang haben sämtliche Mitarbeiter aus Finanzamt und -behörde diese Version im PUA bestätigt.
Auch Dressel, der in den Jahren 2016/2017 noch SPD-Fraktionschef war, sagte auf die Frage, ob Tschentscher oder Scholz Einfluss genommen hätten, er habe sich die Akten sehr genau angeschaut, aber: „Ich habe an keiner Stelle dafür einen Anhaltspunkt gefunden.“
Die CDU interpretierte seine Aussagen dennoch zum Nachteil seiner Parteifreunde um: „Mit seiner Darstellung reitet Finanzsenator Dressel den ehemaligen Bürgermeister Scholz und seinen Amtsnachfolger Tschentscher noch tiefer in den Skandal hinein“, sagte ihr PUA-Mitglied Götz Wiese. Denn während Dressel sich als politisch verantwortlich dargestellt habe und mehrfach betonte, dass er als Senator alles unternommen habe, um „jeden Cent“ an Steuern zu sichern, hätten Scholz und Tschentscher die Steuern nicht eingetrieben, so Wiese: „Letztlich sagt Dressel damit auch: Mir wäre das nicht passiert. Damit distanziert sich Dressel von Scholz und Tschentscher.“
CDU: Dressel belastet Scholz und Tschentscher
Tatsächlich betonte der Finanzsenator aber auch mehrfach die Kontinuität zu seinem Vorgänger: So habe er die von Tschentscher eingeleitete Ausbildungsoffensive in der Steuerverwaltung noch ausgeweitet und die Zusammenarbeit mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Köln intensiviert.
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Dressel zeigte sich selbstkritisch bezüglich der Spenden aus dem Umfeld der Warburg-Bank an die SPD im Jahr 2017. An welchen Sitzungen des SPD-Landesvorstands, in denen über die Annahme der insgesamt 45.500 Euro beschlossen wurde, konnte er zwar nicht mehr sagen. Aber er stellte klar: „Hätte ich damals mit dem vollständigen Wissen von heute dagesessen, hätte ich gesagt: Das ist schwierig – mindestens. Eigentlich hätte man die Spenden nicht annehmen dürfen.“
Die Vernehmung des Finanzsenators hätte Anfang April stattfinden sollen. Weil er sich am Vorabend bei einem Sturz die Kniescheibe gebrochen hatte, musste er aber passen. Nach erfolgreicher OP humpelte er nun an Krücken in den Plenarsaal im Rathaus. Kommenden Freitag sitzt dort sein Chef: Dann sagt Bürgermeister Peter Tschentscher aus.