Hamburg. Die Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen hat einen Abschlussbericht vorgelegt. Das sind die Empfehlungen.
Die Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen empfiehlt in elf Fällen eine Umbenennung Hamburger Straßen. Das gab die von Kultursenator Carsten Brosda (SPD) eingesetzte Kommission am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Abschlussberichts bekannt. Demnach sei eine Ehrung in Form einer Straßenbenennung nicht haltbar, „wenn das Handeln der Person die heutigen Wertvorstellungen deutlich verletzt“.
„Der Umgang mit problematischen Straßennamen wird uns auch künftig begleiten“, sagte Brosda. „Es ist gut und wichtig, dass wir uns dem endlich umfassend stellen, hilft es uns doch, uns unserer Geschichte bewusster zu werden, uns zu ihr zu verhalten und aus ihr für die Zukunft zu lernen.“
Nazi-Zeit – elf Hamburger Straßen sollen umbenannt werden
Laut der Kommission müssten Straßen umbenannt werden, die nach einer Person benannt sind, „die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen oder wissentlich bei ihren Handlungen den Tod eines Menschen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Eugenik, einkalkuliert hat“.
Das gelte auch für Benennungen nach Personen, die aktiv anderen Menschen aufgrund der durch sie vertretenen NS-Ideologie dauerhaft geschadet haben. Eine NSDAP-Mitgliedschaft allein sei aber kein Grund für eine Umbenennung, heißt es in dem Bericht. Auf Grundlage dieser Kriterien empfiehlt die Kommission die Umbenennung von elf Straßen.
NS-belastet – diese Hamburger Straßen sollen umbenannt werden:
- Högerdamm
- Julius-Brecht-Straße
- Walter-Bärsch-Weg
- Heynemannstraße
- Oehleckerring
- Paul-Stritter-Brücke/Paul-Stritter-Weg
- Strüverweg
- Reinckeweg
- Elingiusplatz
- Schorrhöhe
- Albert-Schäfer-Weg
Elf Hamburger Straßenschilder sollen "kontextualisiert werden
„Es geht uns mit unseren Empfehlungen nicht um eine vergangenheitspolitische Flurbereinigung – keineswegs möchten wir mit dem revisionistischen Radiergummi durch die Geschichte der Stadtkarte ziehen“, sagte Kommissionsmitglied Prof. Miriam Rürup vom Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam. „Dennoch müssen wir uns auch der Gegenwart unzeitgemäßer Ehrungen stellen.“
Die Kommission spricht sich dafür aus, dass nach einer Umbenennung auf die Biografie der Straße und die Gründe für die Umbenennung hingewiesen werden sollte. Neben den genannten Straßen empfiehlt die Kommission zudem bei elf weiteren Straßen, die nach NS-belasteten Personen benannt sind, das Straßenschild zu kontextualisieren, da die angewandten Kriterien eine Umbenennung nicht zwingend erforderten. „Dies eröffne die Möglichkeit, sich mit den Biografien und dem Geschehenen zu beschäftigen und aus der Geschichte zu lernen.“
Folgende Personen, nach denen Straßen benannt sind, empfiehlt die Kommission, mit weiterführenden Informationen kritisch zu kontextualisieren:
- Elsa Bromeis
- Felix Dahn,
- Theodor Fahr
- Carsten Fock
- Heidi Kabel
- Rudolf Klophaus
- Friedrich Köhne
- Kurt A. Körber
- Friedrich Lademann
- Carl-Hans Lungershausen
- Walter Schlenzig
Die Auflistung sei dabei nicht abschließend zu verstehen.
Kommission thematisiert Umgang mit Umbenennungen in der NS-Zeit
Der Kommissionsbericht gebe wichtige Hinweise für den künftigen Umgang mit Benennungen nach NS-belasteten Personen, sagte Kultursenator Brosda. „Diese müssen nun in den Bezirken diskutiert werden, damit wir gemeinsam daraus die notwenigen Schlüsse ziehen.“
Neben den Empfehlungen zu heutigen Straßennamen, hat die Kommission auch den Umgang mit Umbenennungen in der NS-Zeit in den Blick genommen. Dies beträfe insbesondere Straßen, die zwischen 1933 und 1945 umbenannt wurden, „weil ihre Namensgeber Juden waren oder nach der rassistischen NS-Ideologie als Juden galten, oder die aus politischen oder anderen Gründen verfolgt wurden und deren Namen aus dem Straßenbild entfernt werden sollten“.
Drei Hamburger Straßen sollen ursprünglichen Namen erhalten
In drei Fällen empfiehlt die Kommission eine Wiederbenennung nach der Person, nach der die Straße ursprünglich benannt war – vorausgesetzt sie habe in der Zwischenzeit keine neue Straßenbenennung an anderer Stelle erhalten.
Konkret sollten die Walter-Flex-Straße in Wilstorf, die vor der Umbenennung 1933 Käthe-Kollwitz-Straße hieß, und der Kraepelinweg in Barmbek-Süd, der vor der Umbenennung 1938 Juliusweg hieß, rückbenannt werden. Der Wurmsweg in Hamm, der vor 1938 Veitsweg hieß, sollte zwar nicht umbenannt werden, da sein Namensgeber weiterhin geehrt werden solle, so die Begründung der Kommission – dafür solle aber prioritär eine Straße neu nach dem ursprünglichen Namensgeber Philipp Veit benannt werden.
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Straßennamen: Vorschläge werden mit Bezirken diskutiert
„Straßennamen sollen Orientierung bieten – und zwar nicht nur geographisch, sondern auch kultur- und gesellschaftspolitisch“, sagte Kommissionsmitglied Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung. „Deshalb bekommen in Zeiten des erstarkenden Rechtsextremismus die nach NS-belasteten Personen benannten Straßen eine besondere Bedeutung. Die kritische Beschäftigung mit ihnen ist keine Petitesse.“
Die Biografie eines Straßennamens sowie Hintergründe zu den Namensgeberinnen und -gebern sollten laut Kommissionsbericht zudem zum Beispiel über einen Verweis per QR-Code auf eine ausführliche Erläuterung auf einer Webseite beziehungsweise bestehende Datenbanken sichtbar gemacht werden.
Alle Vorschläge der Kommission sollen nun gemeinsam mit den Bezirken diskutiert werden, bevor diese dann die Umbenennungen zusammen mit neuen Namensvorschlägen beim Staatsarchiv einreichen. Zur abschließenden Entscheidung werden sie schließlich der Senatskommission vorgelegt.