Hamburg. Die AfD wollte Äußerungen des Innensenators für rechtswidrig erklären lassen – und scheiterte nun vor dem Landesverfassungsgericht.
Die AfD-Bürgerschaftsfraktion und ihre Abgeordneten sind im Streit um Aussagen von Innensenator Andy Grote (SPD) über die AfD vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht gescheitert. Das höchste Gericht der Hansestadt entschied am Dienstag, dass die Fraktion als Ganze gar nicht betroffen und ihr Antrag damit unzulässig sei. Den einzelnen Abgeordneten gestanden die Richterinnen und Richter um Gerichtspräsidentin Birgit Voßkühler zwar zumindest theoretisch eine Verletzung des Mandats zu. Praktisch sei diese aber nicht eingetreten, weshalb der Antrag zurückzuweisen sei, entschied das Gericht einstimmig.
AfD-Abgeordneter empfand Grotes Aussagen als Einschüchterungsversuch
Grote hatte bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2019 im Zusammenhang mit dem formal aufgelösten „Flügel“ gesagt, dass die AfD in Hamburg ihren Konfrontationskurs gegen die staatstragenden demokratischen Parteien verstärke und auch in der Bürgerschaft konfrontativ auftrete. „Das kann man auch in Hamburg beobachten, unter anderem durch die Forderung der Aufhebung der staatlichen Maßnahmen im Kontext der Bekämpfung der Corona-Pandemie“, sagte Grote.
Aus Sicht der AfD hat Grote dadurch gegen die verfassungsmäßigen Rechte der Fraktion und der Abgeordneten verstoßen. So habe dem Innensenator eine öffentliche Bewertung ihrer Parlamentsarbeit nicht zugestanden. Er habe die AfD außerhalb der den Staat tragenden Parteien verortet und deren Abgeordnete als den Staat ablehnende Volksvertreter dargestellt. In der mündlichen Verhandlung Mitte November hatte der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf gesagt, er empfinde Grotes Aussagen als Einschüchterungsversuch.
Gericht: Beanstandete Äußerungen nicht stigmatisierend
Das sah das Hamburgische Verfassungsgericht nun anders. Grote dürfte zwar das Neutralitätsgebot gegenüber Parteien überschritten haben. Doch die Freiheit des Mandats, die die Abgeordneten in dem Organstreit geltend machen könnten, sei dadurch nicht verletzt. Schließlich habe Grote seine Äußerungen als eigene „politische Beobachtung“ bezeichnet und ausdrücklich klargestellt, dass nicht die gesamte AfD im Fokus des Verfassungsschutzes stehe. Eine Beobachtung der AfD-Abgeordneten habe er weder angekündigt noch als Möglichkeit angedeutet.
Hinzu komme, dass die beanstandeten Äußerungen nicht so gravierend seien, dass sie stigmatisierend seien und negative Folgen auf die Kommunikation der AfD-Politiker mit ihren Wählerinnen und Wählern hätten. Grote habe nicht die Abgeordneten persönlich als „den Staat ablehnende Volksvertreter“ dargestellt, sondern die AfD als Partei angesprochen. Den Hamburger Abgeordneten habe er nur bescheinigt, dass sie sich auf einem Konfrontationskurs gegenüber den anderen Parteien befänden, das aber „ein Stück weit ganz normale Oppositionsarbeit“ sei, wie er gesagt habe.
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AfD hatte zumindest mit einem Teilerfolg gerechnet
„Wir sind überrascht und auch enttäuscht“, sagte der AfD-Abgeordnete Wolf nach der Urteilsverkündung. Nach der mündlichen Verhandlung habe er zumindest mit einem Teilerfolg gerechnet. „Interessant ist, dass das Gericht festgestellt hat, dass der Innensenator das Neutralitätsgebot verletzt hat.“ Dass das Gericht die Klage dennoch abgewiesen habe mit der formalen Begründung, dass keine Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorliege, nannte Wolf weltfremd. Es verkenne die Einschüchterungswirkung, wenn sich der Innensenator bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts politisch äußere.
Zufrieden zeigte sich dagegen Senatskanzleichef Jan Pörksen, der Grote in dem Verfahren vertreten hat. Er betonte: „Das Urteil hat klargestellt, dass die Äußerungen, die der Senator als politische Beobachtung (...) gemacht hat, die Abgeordneten nicht in ihren Rechten verletzen.“