Hamburg. AfD: Menschen mit intaktem Immunsystem haben nichts zu befürchten. Grüne beharren auf Maßnahmen gegen Klimawandel.

Die Corona-Krise und der Klimawandel haben am Mittwoch die Aktuelle Stunde in der Hamburgischen Bürgerschaft bestimmt. In dringlichen Appellen an die Verantwortung der Hamburgerinnen und Hamburger haben Vertreter fast aller Parteien die Einhaltung der Corona-Regeln gefordert. Nur die AfD warf den anderen Parteien und den Medien am Mittwoch im Zusammenhang mit der Pandemie Panikmache und „Kriegsberichterstattung“ vor.

Übereinstimmend vertraten Politiker von SPD, Grünen, CDU, Linken und FDP die Ansicht, dass ein Lockdown verhindert werden müsse. „Wir haben es selbst im Griff, die Krise gut zu überstehen“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Ein weiteres Thema in der Aktuellen Stunde war die Klima-Krise. Die Grünen wollen, dass der Kampf gegen die Klimakatastrophe auch in Corona-Krisenzeiten eine zentrale politische Herausforderung bleibt. Die Sitzung fand wegen der Corona-Pandemie nach wie vor unter besonderen Bedingungen und Vorsichtsmaßnahmen im Großen Festsaal des Rathauses statt.

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Grüne: Klimakatastrophe bleibt größte gesellschaftliche Herausforderung

Die Grünen-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzende Jennifer Jasberg hob hervor, dass es auch während der Corona-Zeit eine vordringliche Aufgabe bleibe, den Klimaschutz voranzutreiben. "Dürre, Überschwemmungen oder Brände lassen sich von der weltweiten Pandemie-Krise nicht beeindrucken – die Katastrophenmeldungen nehmen ihren dramatischen Lauf", so Jasberg.

Der Rückblick auf den vergangenen Sommer zeige einmal mehr die Auswirkungen. "Weltweit sterben Menschen an den Folgen der Klimakatastrophe, verlieren ihr Hab und Gut oder ihre Heimat", sagte die Grünen-Politikerin. "Deshalb müssen wir weiter mit Nachdruck daran arbeiten, effektiven Klimaschutz zu betreiben. Wir arbeiten deswegen hart daran, den beschlossenen Klimaplan nun ohne Verzögerung vollständig und fristgerecht umzusetzen."

Tschentscher hat zwei wichtige Bitten an die Hamburger

Bürgermeister Peter Tschentscher betonte, dass es bei der Ministerpräsidentenkonferenz eine große Einheitlichkeit gegeben habe. Alle seien der Ansicht, dass die Lage stabil, aber kritisch sei. Tschentscher appellierte an die Hamburger: "Bitte halten Sie sich an die Regeln – in Bus und Bahn, im Supermarkt und besonders bei den privaten Feiern. Wir haben es selbst im Griff, die Krise gut zu überstehen."

Und Tschentscher hatte ein weitere Bitte an die Hamburger: "Bitte reisen Sie in den Herbstferien nicht in Risikogebiete."

Linke: Corona nicht nur eine Frage der Einhaltung von Hygieneregeln

Den Ansatz der SPD, im Kampf gegen eine zweite Corona-Welle an das sozial verantwortungsvolle Handeln aller zu appellieren, kritisierte Stephanie Rose, sozialpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion: "Sozial verantwortliches Handeln ist nicht nur individuell, sondern vor allem eine Frage der Solidarität und gesellschaftlicher Verantwortung", sagte sie. "Leider werden dabei allzu oft diejenigen vergessen, die keine Lobby haben."

Corona sei nicht nur eine Frage des Infektionsschutzes und der Einhaltung individueller Hygiene- und Verhaltensregeln, sondern auch eine sozialpolitische. Rose: "Deshalb sollten wir heute auch darüber debattieren, welche soziale Verantwortung die Stadt hat, um zum Beispiel diejenigen zu schützen, die auf der Straße leben und keinen Abstand einhalten können."

AfD: Menschen mit intaktem Immunsystem haben nichts zu befürchten

Es sei dreist, dass die SPD-Fraktion dieses Thema fordert, sagte der AfD-Abgeordnete Dirk Nockemann zum ersten Punkt der Aktuellen Stunde. In Richtung Dirk Kienscherf sagte er: "In Ihren Reihen sitzen Abgeordnete, die mit Innensenator Andy Grote Party gemacht haben." Und nun sage die SPD den Hamburgern, sie dürften keine Parties veranstalten. "Das ist moralisch verwerflich", so Nockemann.

Zudem betonte der AfD-Mann, dass Menschen mit intaktem Immunsystem in der Regel nichts zu befürchten hätten in Bezug auf das Coronavirus. Diese Aussage quittierte die große Mehrheit der Abgeordneten in der Bürgerschaft mit lautem Raunen und verständnislosem Kopfschütteln.

CDU: Massive Kritik an Corona-Politik von Rot-Grün

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering übte erneut scharfe Kritik an der Corona-Politik des rot-grünen Senats. An Hamburgs Bürgermeister Tschentscher gewandt sagte er: "Die Bußgelder (für Maskenverweigerer in Bus und Bahn, Anmerkung der Red.) wurden zu spät eingeführt und werden nicht vernünftig kontrolliert, der Schulstart nach den Sommerferien wurde verstolpert, das Testzentrum am Flughafen wurde erst zum Ende der Sommerferien eröffnet." Das sei die Corona-Bilanz des rot-grünen Senats.

Grüne: Das Virus ist nicht weg, sondern mitten unter uns

Wenn wir jetzt nicht aufpassen, drohen weitere Einschränkungen, sagte auch der Grünen-Abgeordnete Dominik Lorenzen. Im schlimmsten Fall drohe ein zweiter Lockdown. "Das wäre bitter", so Lorenzen. Das Virus ist nicht weg, sondern mitten unter uns." Corona stelle die Menschen auf die Probe, da alle aufgefordert seien, auf persönliche Freiheiten zu verzichten.

"Der Schlüssel, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen, sind weiterhin wir", so Lorenzen. "Mein dringender Appell: Wir dürfen jetzt nicht nachlässig werden. Wir alle müssen das eigene Ich wieder viel stärker als Teil eines solidarischen Wir verstehen. Denn das Virus profitiert von Egoismen, von Unachtsamkeit und von Unüberlegtheiten."

SPD: Hamburg steht vor einer zweiten Bewährungsprobe

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Kienscherf wies in Bezug auf die Corona-Pandemie darauf hin, dass alle Hamburger vor einer zweiten Bewährungsprobe stehen. "Wir in Hamburg wollen diese Bewährungsprobe bestehen", sagte er. Dafür sei es wichtiger denn je, dass sich alle an die Vorgaben hielten. "Die Pandemie ist nicht überwunden – ganz im Gegenteil." Man müsse gemeinsam verantwortungsvoll handeln.

Sich in Gästelisten etwa in Bars unter falschem Namen einzutragen, sei kein Kavaliersdelikt, sondern fahrlässig, so Kienscherf.

Auch Heizpilze und Weihnachtsmärkte Themen der Bürgerschaft

Im Debattenteil anschließend befassten sich die Abgeordneten unter anderem mit der Ermöglichung von Weihnachtsmärkten, der befristeten Zulassung von Heizpilzen in der Außengastronomie und dem Verkauf von Wohnungen durch die städtische SAGA.

Außerdem forderte die AfD in einem Antrag die Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Cum-Ex-Affäre, der allerdings kaum die erforderliche 1/5-Mehrheit erhalten dürfte.

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Zwar wollen auch die anderen Oppositionsparteien eine mögliche Einflussnahme von Ex-Bürgermeister, Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz und dessen Nachfolger im Rathaus, Peter Tschentscher (beide SPD), auf Entscheidungen des Finanzamtes im Steuerverfahren gegen die in dem Skandal belastete Warburg Bank in einem PUA klären lassen. Die CDU wird einen mit den Linken abgestimmten Antrag aber wohl erst in der ersten Sitzung nach den Herbstferien einbringen.