Hamburg. Der 35 Jahre alte Christoph Ploß wurde mit 86 Prozent zum Landesvorsitzenden gewählt. Appell an die Geschlossenheit der Partei.

Der Beifall war anhaltend und kräftig, das Ergebnis ist ausbaufähig: Mit 86 Prozent Zustimmung wählten die CDU-Delegierten des Landesparteitages den Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß zum neuen Vorsitzenden. Auf den 35 Jahre alten Historiker entfielen 177 der 212 abgegebenen gültigen Stimmen – bei 29 Neinstimmen und sechs Enthaltungen. Einen Gegenkandidaten hatte der Christdemokrat nicht.

„Das Ergebnis ist ein großer Vertrauensbeweis: Die große Zustimmung motiviert mich, die vor uns liegenden Aufgaben entschlossen anzupacken“, sagte Ploß nach seiner Wahl in der Neugrabener CU Arena. Ploß, der der jüngste Landesvorsitzende der Hamburger CDU in ihrer 75-jährigen Geschichte ist, übernimmt den Landesverband in einer schwierigen Phase. Die CDU war bei der Bürgerschaftswahl am 23. Februar auf 11,2 Prozent abgestürzt. Es war bereits das dritte historisch schlechteste Wahlergebnis für die Partei in Folge.

Klimaschutz und Wirtschaftspolitik

In seiner Nominierungsrede kündigte Ploß eine inhaltliche Neuaufstellung des Landesverbands an. Die Union solle wieder der erste Ansprechpartner für die Wirtschaft werden. „Wir müssen Klimaschutz und Wirtschaftspolitik miteinander verbinden“, sagte der neue Parteichef. Viele Menschen treibe auch angesichts der Fridays-for-Future-Demonstrationen die Frage um, wie die Pariser Klimaziele erreicht werden können. „Aber die Menschen fragen sich auch: Ist mein Arbeitsplatz morgen und in Zukunft sicher?“, so Ploß.

Hamburg habe die Chance, zur „Wasserstoffhauptstadt Europas“ zu werden. „Lasst uns Klimaschutz zum Exportschlager machen!“, rief Ploß, der der rot-grünen Koalition vorwarf, Klimaschutzpolitik nur mit „Fahrverboten, Gängelung und Bevormundung“ zu betreiben. Die CDU setze dagegen auf Anreize statt Verbote, etwa mit dem Vorschlag, auf der Außenalster wieder einen regelmäßigen Fährverkehr aufzubauen.

Ploß als ökologisches Vorbild

Ploß empfahl sich selbst mit einem Augenzwinkern gewissermaßen als ökologisches Vorbild. „Ich habe noch nie in meinem Leben ein Auto besessen und brauche auch keins. Ich fahre mit Bus oder Bahn oder mit dem Fahrrad“, sagte der CDU-Politiker. Nur bei späten Terminen am Stadtrand („ein Grünkohl­essen in Ohlstedt“) komme es gelegentlich vor, dass er ein Auto benötige, fügte er lächelnd hinzu.

Der neue Parteichef, der zugleich auch Vorsitzender des zweitgrößten CDU-Kreisverbands Hamburg-Nord ist, forderte eine stärkere Konzentration auf die Kernthemen der CDU. „Wir müssen unsere inhaltlichen Alleinstellungsmerkmale herausstellen“, sagte Ploß und meinte damit vor allem die Bereiche innere Sicherheit und die Bildungspolitik. Die CDU wolle Hamburg zur sichersten Großstadt Deutschlands machen. „Für 25 Prozent der Kinder, die in Hamburg aufwachsen, ist Deutsch nicht mehr die erste Sprache. Es ist eine der wesentlichen Aufgaben für uns, die frühkindliche Bildung zu intensivieren und noch mehr Sprachförderung anzubieten“, so Ploß.

CDU als Kümmererpartei

Auf die Debatte über die grundsätzliche Ausrichtung der CDU will sich der Parteichef nicht einlassen. „Soll die CDU rechter werden, soll die CDU linker werden, soll sie eine liberale Großstadtpartei sein? Ich halte von diesen Diskussionen überhaupt nichts“, sagte Ploß. Wichtig sei es, dass sich die Partei auf „die Diskussionen der Menschen“ konzentriere. Zusammen mit seinem engen politischen Weggefährten, CDU-Bürgerschaftsfraktionschef Dennis Thering, will Ploß die CDU daher zur „Kümmererpartei“ machen.

Immer wieder wurde die Rede von freundlichem, aber eher respektvollem als überschwänglichem Beifall unterbrochen. Eine Aussprache über den künftigen Kurs der Partei blieb in der CU Arena aus. Doch auch Ploß weiß um die unterschiedlichen Strömungen im Landesverband. „Ganz wichtig für den Neuanfang ist nicht nur die inhaltliche Ausrichtung, sondern dass wir vor allem geschlossen sind“, sagte der 35-Jährige.

Animositäten zurückstellen

Deutlicher wurde der bisherige Landesvorsitzende Roland Heintze in seiner Abschiedsrede. Eindringlich appellierte er an den Parteitag: „Lasst es uns gemeinsam machen!“ Heintze forderte die Parteifreunde ausdrücklich dazu auf, „persönliche Animositäten“ zurückzustellen.

Er erinnerte daran, dass die CDU in der Flüchtlingskrise 2015/16 „zerrissen war zwischen Konservativen und Christlichen“. Das habe viel Kraft gekostet. „Wir haben gestritten wie noch nie“, sagte Heintze, und es klang durch, dass die Wunden noch nicht völlig verheilt sind. Ploß lobte Heintze dafür, dass er in seiner fünfjährigen Amtszeit als Parteichef „die unterschiedlichen Strömungen zusammengehalten“ habe. In seiner Amtszeit, so Heintze, sei ein „gutes inhaltliches Fundament gelegt“ worden und die finanzielle Konsolidierung gelungen.

Thering die Maschine

Die Abteilung Angriff auf den politischen Gegner übernahm Fraktionschef Thering, der der Senatskoalition vorwarf, „den rot-grünen Faden verloren“ zu haben. In der Zeit der Corona-Pandemie habe Rot-Grün zu zögerlich gehandelt und vieles zu spät auf den Weg gebracht. Viel Beifall erhielt der Fraktionsvorsitzende, als er die Entscheidung bekräftigte, wegen der Cum-Ex-Affäre einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzuberufen. Thering forderte Aufklärung über die Rolle, die Ex-Bürgermeister Olaf Scholz und sein Nachfolger Peter Tschentscher (beide SPD) bei dem „größten Steuerbetrug in der Geschichte unseres Landes“ gespielt haben. „Die Geschichte stinkt ganz gewaltig“, sagte Thering.

Der Fraktionschef sieht Ploß als Idealbesetzung für den Posten des Parteichefs an. „Er ist eine Maschine. Er steht morgens auf mit dem Gedanken, wie man die CDU nach vorn bringen kann. In dieser Situation gibt es keinen Besseren“, sagte Thering.

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Neu in die Parteispitze aufgerückt ist Philipp Heißner: Der Landesvorsitzende der Jungen Union erhielt bei der Wahl zum stellvertretenden CDU-Landesvorsitzenden 160 von 199 Stimmen. In ihren Ämtern als Vizeparteichefs bestätigt wurden Anke Frieling (160 Jastimmen), Natalie Hochheim (172) sowie Christoph de Vries (155). Heintze wurde mit 164 von 199 Stimmen zum neuen Landesschatzmeister gewählt.