Hamburg. CDU, Linke und FDP-Abgeordnete wollen Peter Tschentscher und Olaf Scholz zum Umgang mit der Privatbank Warburg befragen.
Im Fall der in den Cum-Ex-Skandal verstrickten Warburg Bank wollen CDU, Linke und die fraktionslose FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Bürgerschaft beantragen. Vor diesem Gremium müsste neben Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) wohl auch der frühere Bürgermeister und jetzige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aussagen. Anlass ist der Verdacht der politischen Einflussnahme auf Entscheidungen des Hamburger Finanzamts im Fall Warburg.
Zwar will die CDU erfahren haben, dass die Warburg Bank bereit sein soll, sich vor dem Haushaltsausschuss der Bürgerschaft zu Steuerforderungen zu äußern – wenn dies in einer nichtöffentlichen Sitzung stattfinde. „Wir würden es natürlich begrüßen, wenn Warburg helfen würde, die Vorwürfe aufzuklären“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering. „Die Hauptakteure sind allerdings Olaf Scholz und Peter Tschentscher.“ Dass Tschentscher nicht an der Sondersitzung des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft zur Cum-Ex-Affäre am Freitagabend teilnehmen wollte, habe die CDU bestärkt, einen PUA zu beantragen, sagte Thering.
Cum-Ex-Skandal: CDU, Linke und FDP-Abgeordnete gegen die SPD
Die AfD-Fraktion hatte bereits am Donnerstag erklärt, sie werde einen PUA beantragen. Die CDU will sich mit den Linken zusammensetzen, die ebenfalls einen PUA fordern, um einen Antrag am 28. Oktober einzubringen. Um einen PUA durchzusetzen, müssen mindestens 20 Prozent der 123 Abgeordneten in der Bürgerschaft dafür stimmen. Die CDU (15 Sitze) kann das mit den Linken (13 Sitze) und der fraktionslosen FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein ohne die AfD erreichen.
„Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist die richtige Antwort auf die Verweigerungshaltung der SPD“, sagte der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch. Anna von Treuenfels-Frowein erklärte, sie werde dem Antrag zustimmen und sprach von einer „wiederkehrenden Arroganz der Regierungs-SPD, die sich im Blockieren jeder Aufklärung der Affäre“, zeige. „Olaf Scholz und Peter Tschentscher werden sich nicht länger hinter Steuergeheimnis und Gedächtnislücken verstecken können.“
Hamburger Privatbank Warburg war in Cum-Ex-Skandal verwickelt
Im Cum-Ex-Skandal geht es um Geschäfte, bei denen Banken und andere Beteiligte sich Milliarden an Steuern vom Fiskus erstatten ließen, die sie nie gezahlt hatten. Bekannt ist, dass auch Warburg an diesen Geschäften beteiligt war und dass das Hamburger Finanzamt 2016 rund 47 Millionen und 2017 noch einmal 43 Millionen Euro zurückfordern wollte, dann aber davon absah.
Die Bank nannte am Freitag in einer Stellungnahme andere Zahlen, aber in ähnlicher Größenordnung und betonte, Warburg habe „zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, steuerrechtswidrige Aktiengeschäfte zu betreiben“. 44 Millionen seien im April 2020 zurückgezahlt worden. Für weitere 122 Millionen Euro, die das Finanzamt auf Grundlage eines Urteils des Landgerichts Bonn zurückfordere, stünden die Hauptgesellschafter der Bank ein – das beinhalte auch einen „angeblich verjährten Betrag“ – gemeint sind die 47 Millionen Euro. Dennoch teile man die Auffassung der Behörden und des Gerichts nicht und gehe dagegen vor.
Warburg-Mitinhaber Olearius suchte das Gespräch mit Olaf Scholz
Das führt zum springenden Punkt: Weil die Bank die Rückforderung für unzulässig hielt, suchte Warburg-Mitinhaber Christian Olearius das Gespräch mit der Politik. Mindestens drei Treffen gab es allein mit dem damaligen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, wie die „Zeit“ und der NDR berichteten. Im November 2016 soll Olearius dann Scholz ein Argumentationspapier überreicht haben, woraufhin dieser ihm geraten haben soll, das Papier an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher zu übergeben. Das tat Olearius dann offenbar auch. Wenige Tage darauf entschied das Finanzamt, auf die Rückforderung der 47 Millionen Euro zu verzichten.
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Den Verdacht, der Senat habe Einfluss auf diese Entscheidung des Finanzamtes genommen, haben sowohl Scholz als auch Bürgermeister Peter Tschen-tscher, der bis 2018 Finanzsenator war, mehrfach zurückgewiesen. So äußerte sich auch der heutige Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) während der Sondersitzung des Haushaltsausschusses am Freitagabend. Auf Einzelheiten zum Warburg-Fall ging er mit Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht ein, erklärte aber, Cum-Ex-Geschäfte seien ein „Schlag ins Gesicht“ jedes ehrlichen Steuerzahlers.
SPD sieht Untersuchungsausschuss "mit Gelassenheit" entgegen
Der CDU reicht das nicht. „Wir haben Anlass, das näher zu hinterfragen“, sagte Thering. Entscheidend sei, was in den wenigen Tagen nach der Übergabe des Positionspapiers von Olearius an Tschentscher geschehen sei und dazu geführt habe, dass der Steuerbescheid zurückgenommen wurde. „Das hat einen faden Beigeschmack“, sagte Thering.
Als Reaktion darauf erklärte Dressel via Twitter, es sei bereits im Sonderausschuss „vieles erklärt und geklärt“ worden. Deshalb sehe der Senat einem PUA „mit Gelassenheit“ entgegen. „Wir werden zügig und konstruktiv mitwirken.“
SPD wirft CDU "parteipolitisches Manöver" vor
„Es gab und gibt in Hamburg keine unzulässige Einflussnahme der Politik auf die Steuerverwaltung“, sagte der SPD-Abgeordnete Milan Pein. „Die Strafverfolgungsbehörden haben seit Jahren Einblick in alle Steuerunterlagen und auch in das ominöse Tagebuch des Warburg-Chefs. Dabei wurde kein strafbares Verhalten eines Politikers festgestellt.“ Das Vorgehen der CDU sei ein „parteipolitisches Manöver“, sagte Pein.
SPD und Grüne hätten eine Selbstbefassung des Haushaltsausschusses beantragt. Die CDU habe sich nicht an einer Terminfindung beteiligt, „um Tage später öffentlichkeitswirksam eine Sondersitzung zu fordern, die wir umgehend in der Folgewoche ermöglicht haben“. Thering wolle die Bürgerschaft als Bühne nutzen, um den designierten SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz zu beschädigen.