Hamburg. Parlament debattierte Konjunkturprogramm der Bundesregierung – SPD und Grüne werben um Unterstützung der Opposition.

In dem geplanten Corona-Konjunkturpaket des Bundes sollten Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle spielen – mit dieser Position warben die Fraktionen von SPD und Grünen am Mittwoch in der Bürgerschaft um die Unterstützung der Opposition, wohl auch mit dem Ziel, das eigene geplante Regierungsprogramm zu stärken.

Doch auf diesen Kurs wollte die Opposition nicht ohne weiteres einschwenken. Da half es wenig, dass gleich vier Mitglieder der rot-grünen Fraktionen und zwei Senatoren abwechselnd mit wirtschaftlichen und moralischen Argumenten zu überzeugen versuchten.

Grüne mahnen "wichtige Weichenstellungen" an

Ein Bundeskonjunkturprogramm dürfe nicht in veraltete und klimaschädliche Technologien investieren, sondern müsse die geplante Energie- und Mobilitätswende vorantreiben und auf Bildung setzen, erklärte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks, dessen Fraktion das Thema angemeldet hatte. Es gehe um „wichtige Weichenstellungen“, die auch Hamburg betreffen, sagte er und verwies etwa auf den geplanten Ausbau der Schnellbahn, des Radverkehrs und der Elektromobilität in der Hansestadt. „Es wäre gut, wenn von diesem Haus ein geschlossenes Signal ausgeht“, sagte Tjarks.

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf erklärte, es sei in der Corona-Krise nicht nur wichtig, gemeinsam die wirtschaftliche Not der Betroffenen zu lindern, sondern jetzt schon auch gemeinsam für ein „nachhaltiges Wachstum“ der Wirtschaft zu sorgen.

Auch Westhagemann plädiert für mehr Klimaschutz

Den beiden Fraktionschefs zur Seite sprang später der Wirtschaftssenator: „Mit Klimaschutz treiben wir Innovationen voran“, sagte Michael Westhagemann (parteilos). Diesen Schwerpunkt setze im übrigen nicht nur Hamburg, so Westhagemann und verwies lobend auf einen Forderungskatalog, den Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und ihr Schweriner Kollege Reinhard Meyer (SPD) erarbeitet hatten und am Mittwoch vorstellten.

Der CDU-Abgeordnete Götz Wiese erklärte, es brauche im Bund und in Hamburg zweifellos einen Neustart für Wachstum und Beschäftigung. Allerdings sei es „schon interessant“, dass der Titel der von den Grünen angemeldeten Debatte nur auf Forderungen Hamburgs an ein Konjunkturprogramm des Bundes abstelle. „Klar, dass sie sich bei wirtschaftlicher Hilfe an eine CDU-geführte Regierung wenden“, sagte Wiese.

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SPD und Grüne sollten erst einmal ihre eigenen Hausaufgaben erledigen. Nach den bisherigen Koalitionsverhandlungen zwischen den bisherigen und wohl auch künftigen Regierungspartnern sei der „Befund aus Sicht der Wirtschaft doch eher ernüchternd“, sagte Wiese. Positiv zu bewerten sei zwar, dass die Hafenpassage A 26-Ost, welche die A 1 und die A 7 verbinden soll, sowie die Köhlbrandquerung kommen sollen. „Das sind unumgängliche Projekte, übrigens weitgehend vom Bund bezahlt.“ Aber: „Bei allen anderen Ankündigungen für Investitionen bleiben sie äußerst wage“, sagte Wiese an SPD und Grüne gerichtet.

„Ein klimaneutraler Investitionshafen 2040 – wie soll dieser aussehen?“, fragte Wiese. „Heißt wohl eher mehr Regulierung, mehr Auflagen. Kapazitätserhalt des Flughafens – das heißt wohl, kein Wachstum mehr, Deckel drauf.“ Die CDU wolle „den Menschen nicht nur Antworten geben auf die Frage, wie wir leben können, sondern auch wovon.“ Trotz seiner Kritik ist Wiese allerdings dafür, dass Hamburg Konjunkturhilfen bekommt: „Der Bund wird liefern.“

Linke: Koalition hält eigene Ziele seit Jahren nicht ein

Der Linken-Abgeordnete Stephan Jersch erklärte, ein Konjunkturprogramm des Bundes bringe Hamburg nichts ohne ein politisches Umdenken. Die von den Grünen in der Anmeldung der Debatte verwendeten Begriffe „Nachhaltigkeit“, „Aufbruch“ und „Zukunft“ seien zwar „schöne Schlagworte“. Doch das mit der SPD geplante Regierungsprogramm sei ein „verbrämtes Weiter so“, sagte Jersch. „Da hat Hamburg mehr verdient.“

„Wozu braucht diese Stadt, braucht diese Koalition eigentlich Bundesmittel für den Fahrradverkehr? Sie haben ihre eigenen Ziele in den letzten fünf Jahre nie eingehalten“, rief Jersch in Anspielung darauf, dass SPD und Grüne eigentlich 50 Kilometer neue Radwege pro Jahr schaffen wollten, aber nicht über 30 bis 40 Kilometer hinauskamen. Künftig sollen in einem ersten Schritt 60 bis 80 Kilometer an neuen Radwegen pro Jahr entstehen, wie SPD und Grüne in den laufenden Koalitionsgesprächen vereinbart haben.

Linke: "Wer Dividenden ausschüttet, darf keine Soforthilfen bekommen"

Ein weiterer Kritikpunkt laut Jersch: Rot-Grün habe es im vergangenen Jahr verweigert, über eine Abschaltung der Kohlekraftwerke Wedel und Tiefstack im Sommer zu diskutieren. „Da sind ihnen zehn Millionen Euro Einnahmen durch Kohlestrom wichtiger. Jetzt wollen sie vom Bund Investitionen für eine nachhaltige Energiewende – sorry, das ist zum Fremdschämen“, sagte Jersch.

Die Linksfraktion ist trotz ihrer Kritik an Rot-Grün für ein Konjunkturprogramm des Bundes. Allerdings sollten davon nur Unternehmen profitieren, die es nötig haben, sagte die Abgeordnete Olga Fritzsche. „Wer Dividenden ausschüttet, darf keine Soforthilfen bekommen. Der hat offenbar genügend Geld.“

SPD appelliert an Opposition: Man müsse zusammenhalten

AfD-Fraktionschef Alexander Wolf sprach bezüglich der von den Grünen angemeldeten Debatte von „Klientelpolitik“. Die AfD fordere eine umgehende Öffnung der Einrichtungen, die noch von den Corona-Vorgaben betroffen sind, sofern diese Einrichtungen die Abstandsregeln einhalten könnten. Es sei ein Irrglaube, mit staatlichen Konjunkturprogrammen die Wirtschaft auf Trab bringen zu können. „Das kann nur die Wirtschaft selbst, wenn man sie lässt.“

Zum Ende der Debatte hin erklärte der SPD-Abgeordnete Matthias Petersen, er verstehe, dass sich die Opposition schwer damit tue, dass der Bund Hamburg unterstützen solle. „Es ist schwierig für die Opposition zu sagen, wir müssen eigentlich zusammenhalten – aber in Wahrheit müssen wir das.“

Versöhnliche Töne schlug der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch an. Das von den Nord-Finanzministern erarbeitete Papier sei vor dem Beginn der Bürgerschaftsdebatte nicht für alle zugänglich gewesen. Die Opposition „mitnehmen“ zu wollen, sei deshalb „nicht so einfach“. Allerdings hätten die Regierungsfraktionen und die Opposition in der Corona-Krise bisher gut zusammengearbeitet, sagte Hackbusch. Darauf wolle die Linksfraktion aufbauen.