Hamburg. Im „Kreuzverhör“ von Hamburg 1 und Abendblatt: AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann zu Verkehrspolitik, Klimawandel und Migration.
Der AfD-Landesvorsitzende Dirk Nockemann stellte sich als erster Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl am 23. Februar dem Kreuzverhör von Herbert Schalthoff (Hamburg 1) und Peter Ulrich Meyer (Abendblatt). Hamburg 1 sendet das Gespräch heute von 17.15 Uhr an. Das Abendblatt dokumentiert die zentralen Passagen.
Als die AfD 2015 in die Bürgerschaft einzog, war sie eine Anti-Euro-Partei, dann eine, die sich das Thema Flüchtlinge auf die Fahnen schrieb und bisweilen auch Stimmung gegen Migranten machte. Was ist die AfD Hamburg heute?
Dirk Nockemann Ich wende mich gegen alle diese Kategorisierungen. Die AfD ist eine verlässliche politische Kraft in Hamburg. Sie ist angesiedelt im bürgerlich konservativen Spektrum. Wir sagen ganz deutlich: In dieser Stadt muss es Regeln für alle geben. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird sanktioniert. Das gilt für Kriminelle, für Extremisten, aber auch für Migranten, die hier kein Bleiberecht haben.
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Fühlen Sie sich wirklich wohl in der Partei eines Alexander Gauland oder Björn Höcke?
Wir sind in der Hamburger Landes-AfD, und für die spreche ich.
Das heißt, Sie gehen auf Distanz zur Bundespartei?
Es gibt in der AfD auf Bundesebene einige Entwicklungen, bei denen ich mir sage, wir müssen ein wenig gegensteuern. Wie es etwa in Thüringen (AfD-Landesvorsitzender ist Höcke, die Red.) ist, wird es bei uns nicht werden. Die Hamburger AfD ist eine Kraft, die sich überhaupt nicht ins Völkische begibt.
Ihr Vorgänger als AfD-Spitzenkandidat bei der Wahl 2015, Jörn Kruse, hat damals gesagt: „Ich bin kein Rechter. Ich war immer Liberaler und werde es bleiben.“ Diese Selbstbeschreibung machen Sie sich vermutlich nicht zu eigen, oder?
Ich fand es befremdlich, als ich vor ein oder zwei Jahren als rechter Hardliner tituliert wurde. Ich bin dafür, dass die Gesetze ohne Ansehung der Person angewendet werden. Deswegen fühle ich mich nicht als rechter Hardliner, wenn ich diese Forderung erhebe. Das gehört einfach zu unserem Rechtsstaat dazu. Ich halte mich für einen konservativen, bürgerlichen Menschen.
Die AfD streut als einzige Partei Zweifel an der von Menschen gemachten Klimakatastrophe. Im Wahlprogramm sagen Sie, es gebe keinen Grund für Klimahysterie. Sind die jungen Menschen, die sich bei Fridays for Future engagieren, für Sie hysterisch?
Ich finde, man muss dieses ernste Thema anders angehen. Welche Alternativen haben wir, wie kommen wir dahin, ohne in Angst und Hysterie zu verfallen, ohne in eine Art Bevormundungs- oder Ökodiktatur zu verfallen?
Haben Sie auch ein bisschen Respekt vor dem Engagement der jungen Leute?
Da muss ich ja nur in meine eigene Vergangenheit schauen. Mit 16 Jahren bin ich in die SPD eingetreten und war bei bei den Jusos aktiv. Das war nicht immer der Weg der Vernunft. Deswegen habe ich heute großes Verständnis für Fridays for Future. Man muss als Politiker allerdings den Mut haben, den jungen Menschen zu sagen, wie die weiteren Zusammenhänge sind. Das Klima ist wichtig, aber die wirtschaftliche Entwicklung des Landes darf nicht zu Tode gesteuert werden wegen übermäßiger Klimabedenken.
Hamburg hat eine historisch niedrige Kriminalitätsbelastung. Müssen Sie dem Senat da nicht ein gutes Zeugnis ausstellen?
Wenn man ein gutes Zeugnis ausstellen wollte, dann den tüchtigen Polizeibeamten, die Millionen von Überstunden vor sich herschieben.
Auf einem Ihrer Wahlplakate steht „Hummel, Hummel, Stau, Stau“. Wie wollen Sie den Staus denn beikommen?
Wir wollen eine vernünftige Verkehrspolitik für alle, auch für Autofahrer. Wir wenden uns gegen sinnlose Fahrverbote für Autos, auch Dieselfahrzeuge. 30 Prozent aller Verkehrsbewegungen in Hamburg sind verursacht durch Menschen, die auf Parkplatzsuche sind. In den letzten Jahren sind 3000 Parkplätze vernichtet worden.
Wenn Sie mit Bussen oder Bahnen fahren, brauchen Sie keine Parkplätze.
Ich möchte aber nicht unbedingt mit dem ÖPNV fahren. Ich mache das hin und wieder, aber nicht jeder Ort in der Stadt ist so erreichbar. Ich möchte auch weiterhin motorisierten Individualverkehr in der Stadt erhalten. Eine Ursache für den Stau ist auch, dass es keine grüne Welle mehr gibt.
Im Kapitel Migration Ihres Wahlprogramms heißt es: Hamburg hat genug Migration – die Wirtschaft fordert nicht weniger, sondern mehr Zuwanderung.
Ich habe vor einer Woche im Krankenhaus gelegen und dort viele Pfleger und Krankenschwestern kennengelernt, die nicht in Deutschland geboren wurden. Das ist wirklich eine Bereicherung. Von diesen Menschen, die hierherkommen, hier arbeiten und sich anpassen, können wir nicht genug bekommen. Wir wollen aber die Grenzen vor einer unkontrollierten Migration sichern.
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Von den im Rathaus vertretenen Parteien will keine etwas mit der AfD zu tun haben. Ihr Ergebnis wird überschaubar bleiben. Was ist die politische Perspektive der AfD?
Wir liegen bei sieben bis acht Prozent in Umfragen und werden möglicherweise zweistellig. Unser Anspruch ist es, das, was die Bürger auf der Straße denken, ins Parlament zu transportieren. Wir wirken mit unserer Anwesenheit. Das sieht man an zahlreichen Strafverschärfungen.
Wie sollte Hamburg künftig regiert werden? Was halten Sie von einer Deutschlandkoalition aus SPD, CDU und FDP?
Hamburg war immer eine linksgrüne Studentenstadt. Ob Rot-Grün oder Grün-Rot, ist unerheblich. Das schadet der Wirtschaft auf jeden Fall. Ich kann der SPD nur raten, sich in eine bürgerliche Koalition zu begeben. Auf keinen Fall mit den Grünen, denn die Grünen sind wirtschafts- und kapitalfeindlich und das Gegenteil von dem, was man als bürgerlich bezeichnet.