Hamburg. Warum sie die Kampfansage an Peter Tschentscher (SPD) wagt, erklärt Fegebank im ersten Interview als Bürgermeisterkandidatin.

Als dieser eine Satz endlich gesagt war, hielt es die fast 400 Grünen nicht mehr auf ihre Sitzen. Minutenlang applaudierten, jubelten und pfiffen sie, als hätte die Partei gerade die Bürgerschaftswahl gewonnen. Dabei hatte ihre Spitzenkandidatin Katharina Fegebank am Sonnabend um 12.37 Uhr nur erstmals das ausgesprochen, was für eine Zweite Bürgermeisterin, deren Partei die Bezirkswahlen im Mai klar gewonnen hatte und die in Umfragen der Bürgermeister-Partei SPD sehr nahe kommt, eigentlich nahe liegt: „Ich will im nächsten Jahr Erste Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg werden.“

Die Anspannung vor ihrem Auftritt auf dem Landesparteitag in Wandsbek war der 42-Jährigen dennoch anzumerken. Bevor sie ihre Rede fortsetzte, bekannte sie offen: „Ich bin erstmal froh, dass ich es bis hierhin geschafft habe.“ Denn Fegebank ist auch nach sieben Jahren als Landesvorsitzende der Grünen und weiteren viereinhalb Jahren als Wissenschaftssenatorin im Kern eine auf Harmonie und Ausgleich bedachte Politikerin geblieben. Die offene Konfrontation sucht sie in der Regel nicht, zumal nicht mit Politikern wie Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der ähnlich wie sie tickt und mit dem sie sich auch daher gut versteht.

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Scharfe Attacken auf den Koalitionspartner verkniff sie sich daher in ihrer Rede. Andere Parteifreunde wie Umweltsenator Jens Kerstan hatten da weniger Hemmungen. Er hielt Tschentscher vor, dass er sich als „Fan“ des nicht nur von den Grünen scharf kritisierten Klimapakets der Bundesregierung gezeigt habe. Da könne man aus grüner Sicht doch nur sagen: „Wer wirksamen Klimaschutz will, wird ihn nur bekommen mit der grünen Bürgermeisterin Katharina Fegebank.“

Am Rande des Grünen-Parteitags traf das Abendblatt Fegebank zum Gespräch:

Frau Fegebank, auf den Satz „Ich will Hamburgs Bürgermeisterin werden“, haben viele lange gewartet. Wie lang haben Sie mit sich gerungen, ob sie ihn sagen sollen?

Katharina Fegebank: Lange. Ich mit mir, wir Grüne mit uns. Wir haben immer wieder überlegt und abgewogen, ob wir, ob ich das tun soll. Jetzt ist es raus, jetzt gibt es kein zurück mehr.

Was hat letztlich den Ausschlag gegeben?

Katharina Fegebank: Es sind die Zeiten, in denen wir leben. Wenn wir die Hamburgerinnen und Hamburger auffordern, mutiger zu sein und Platz zu schaffen für mutige Ideen und Positionen, verfängt das nicht, wenn wir uns selbst nichts zutrauen. Das war für mich der Aufhänger zu sagen, ich mache das. Ich will, dass Hamburg eine echte Wahl hat im Februar.

Warum jetzt?

Katharina Fegebank: Weil das unser Programmparteitag ist. Das ist eine der wichtigsten Versammlungen im Laufe einer Legislatur, hier geht es darum, sich aufzustellen, zu positionieren, Ideen und Visionen für die ganze Stadt zu entwickeln. Da hat es einfach gepasst, unser inhaltliches Angebot zu verbinden mit einer starken Botschaft zu meiner Person.

Inwiefern haben die jüngsten Ereignisse wie die große Fridays-for-Future-Demo in Hamburg, neue Berichte von Klimaexperten oder die aktuellen Umfragen dazu beigetragen, verbal in die Offensive zu gehen?

Katharina Fegebank: Die Entscheidung, meine Ansprüche so offen zu formulieren, ist nicht über Nacht gewachsen. Das war ein mehrwöchiger Prozess. Aber besagte Anlässe, Bewegungen und Umfragen haben das ein Stück weit beflügelt. Ein Motivationstreiber waren auf jeden Fall die Bezirkswahlen im Mai und die anschließenden Sondierungs- und Koalitionsgespräche. Bei denen war sehr schön zu erleben, wie unsere Leute mit Ernsthaftigkeit, Lust und Mut ihre Bezirke und Stadtteile verändern und grüner machen wollen, in allen vorstellbaren Wortsinnen. Wenn die Parteimitglieder so beherzt nach vorne gehen und auch mal Dinge ausprobieren, die man sich bis dahin nicht zugetraut hat, ist das auch für mich der richtige Zeitpunkt, zu sagen: Ja, ich will das machen. Wir Grüne wollen Hamburg von vorne regieren.

Haben Sie Bürgermeister Peter Tschentscher persönlich informiert, dass Sie seinen Job haben wollen?

Katharina Fegebank: Nicht vorab, aber ich habe ihm direkt nach meiner Rede eine Nachricht geschickt und die hat er auch schon beantwortet. Zwischen uns ist alles gut.

Und was hat er gesagt?

Katharina Fegebank: Dass alles gut ist.

Wird die Zusammenarbeit im rot-grünen Senat unter der neuen Konstellation leiden?

Katharina Fegebank: Nein. Die Zusammenarbeit ist gut, und ich habe nicht vor, das zu ändern. Natürlich merkt man, dass eine Wahl bevorsteht. Aber an der persönlich und inhaltlich guten Zusammenarbeit im Senat hat das nichts geändert. Ich wünsche mir, dass das so bleibt.

Aber die Ansage „Ich will Erste Bürgermeisterin werden“ führt ja automatisch zu einer stärkeren personellen Zuspitzung. Wie weit sind Sie dabei bereit, zu gehen?

Katharina Fegebank: Für uns als Grüne ist das ja eine neue Situation. Bislang sind wir immer entweder aus der Opposition oder als deutlich kleinerer Partner einer Koalition in die Wahlauseinandersetzung gegangen. Jetzt liegen wir mit der Regierungspartei SPD auf Augenhöhe. Daher kann ich noch nicht sagen, was das konkret bedeuten wird. Aber klar ist: Wir haben jetzt außer einem inhaltlichen Wettbewerb um die besten Ideen auch personell eine echte Wahl. Das beflügelt hoffentlich die Demokratie.

Was würde eine Bürgermeisterin Katharina Fegebank anders machen?

Katharina Fegebank: Ich möchte mit Leidenschaft, Optimismus und unbedingtem Gestaltungswillen noch mehr aus dieser Stadt heraus holen und der Verzagtheit, die wir manchmal spüren, mehr Mut entgegensetzen. Ich möchte, dass das Thema Klimaschutz echte Chefinnen-Sache wird, dass Hamburg den dringend notwendigen Strukturwandel so beherzt angeht, dass wir in zehn Jahren sagen können, wir sind ein Hotspot für Wissenschaft und Innovationen. Und ich will, dass wir die Verkehrs- und Energiewende mit großem Mut voranbringen und dass in diesen rauen Zeiten der gesellschaftliche Zusammenhalt wieder eine größere Rolle spielt.