Hamburg. Wirtschaftssenator und S-Bahn-Chef präsentieren das neue Instandhaltungswerk in Stellingen. Kritik kommt derweil vom SPD-Fraktionschef.

Für viele S-Bahn-Fahrer startete die Woche am Montagmorgen mit lästiger Warterei. Mal wieder. Eine sogenannte „Bahnübergangsstörung“ zwischen Neugraben und Stade hatte auf der Linie der S3 und S31 für Ausfälle und Verspätungen gesorgt. Rund 20 Züge waren betroffen. Und die Störung kam nicht nur für die Menschen unpassend, die am Montagmorgen auf dem Weg zur Arbeit waren, sondern mit Sicherheit auch für S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke und Verkehrssenator Michael Westhagemann (parteilos), die ebenfalls am Montag zur Begehung des neuen S-Bahn-Instandhaltungswerks nach Stellingen einluden.

Zum einen, um das wohl modernste Werk dieser Art in Deutschland zu präsentieren, zum anderen um zu zeigen: Wir haben einen Plan, um die S-Bahn-Probleme zu lösen. Dabei soll das neue Instandhaltungswerk nur ein Baustein sein. „Derzeit arbeiten wir daran, die S-Bahnen zu digitalisieren“, so Verkehrs­senator Westhagemann. Zunächst soll 2021 zwischen Berliner Tor und Bergedorf eine Teststrecke eingerichtet werden, auf der die Züge hochautomatisiert fahren können.

Westhagemann: S-Bahnen reparieren, bevor sie überhaupt kaputt sind

„Über Sensoren an anfälligen Bauteilen wird es möglich sein, etwa eine Tür nicht erst dann zu reparieren, wenn sie kaputt ist, sondern schon Wochen vorher“, so Westhagemann weiter. Auch die notwendige erhöhte Taktverdichtung bekomme man nur mit der Digitalisierung hin.

Man arbeite „mit Hochdruck“ daran, die Technologie voranzutreiben. „Mit Hochdruck“ ist eine gern genommene Phrase bei diesem Ortstermin. So würden die Softwarefehler der neuen S-Bahn-Modelle derzeit auch „mit Hochdruck“ angegangen werden, ebenso wie die Planungen für die Ertüchtigung und den Ausbau der Infrastruktur.

Wann das alles zu einer spürbaren Verbesserung in den Problembereichen Bergedorf und Harburg führen wird, blieb allerdings unklar.

Mit einem "Sofortprogramm" gegen die Kritik an der S-Bahn

Die Probleme auf den Linien S3/S31 und S2/S21 waren in den vergangenen Monaten massiv. Besonders in den Bereichen Harburg und Bergedorf war es häufig zu Ausfällen und Verspätungen gekommen. Das hatte auch SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf zu spüren bekommen, der im April auf seiner Facebook-Seite seinem Ärger Luft machte und schrieb: „Der S-Bahn-Verkehr zwischen Hauptbahnhof und Harburg ist höchst störanfällig. (...) Das ist schon unfassbar.“

Auch Verkehrssenator Michael Westhagemann setzte das Thema ganz oben auf die Agenda und lud Ende Juni Vertreter der S-Bahn und des Berliner Bahn-Vorstandes zu einem runden Tisch und präsentierte wenig später ein „Sofortprogramm“, das unter anderem ein Schleiffahrplan für Weichen und Gleise bis Herbst dieses Jahres und einen Plan für die Sanierung der Stellwerke beinhaltete.

SPD-Fraktionschef fordert externen Gutachter für S-Bahn-Probleme

Für Dirk Kienscherf reicht ein runder Tisch aber nicht aus. Gegenüber NDR 90,3 forderte er einen „externen Gutachter“, der die technische Infrastruktur auf der Strecke nach Harburg untersuchen solle. Auf die Gutachter der Bahn allein wolle man sich nicht mehr verlassen. Dazu sagte Michael Westhagemann: „Ich brauche keinen externen Gutachter. Die Gespräche mit der Bahn laufen sehr gut, wir haben die Probleme auf dem Tisch und werden sie nun angehen. Allerdings braucht es etwas Zeit.“ Das Problem sei auch, dass man die S-Bahn jahrelang auf Verschleiß gefahren habe und einige Dinge zu spät angegangen sei. Nun sei er aber zuversichtlich, dass man die Probleme gemeinsam mit der Bahn in den Griff bekomme.

S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke betonte, dass die S-Bahn zuletzt mit einer Verfügbarkeitsquote von 96 Prozent sogar über den vereinbarten 94 Prozent lag. Derzeit habe man allerdings mit ein paar „Kinderkrankheiten“ zu kämpfen. Damit meint Arnecke die Software-Fehler der neuen S-Bahn-Baureihe, die zu Problemen an den Türen und den Bremssystemen führen würden. Und solange die Fehler noch nicht behoben seien, würden auch die alten Fahrzeuge noch zum Einsatz kommen. Diese könnten allerdings auch mal Probleme machen.

Das neue Werk soll nur "mittelbare" Effekte auf den S-Bahn-Verkehr

Bei der Führung über das Werksgelände aber war der Blick am Montag vor allen Dingen auf die Dinge gerichtet, die laufen: ein fristgerecht fertiggestelltes Werk, ausgestattet mit hochmoderner Technik. Eine Halle, in der Züge auf vier Gleisen gleichzeitig gewartet und repariert werden können, dazu Solarzellen auf dem Dach, die in den Sommermonaten den kompletten Strom und Wärmebedarf decken und ein flächendeckendes, energiesparendes LED-Beleuchtungssystem.

Ob das neue Werk einen spürbaren Effekt auf den S-Bahn-Verkehr habe, blieb allerdings vage. Arnecke sprach eher von einem „mittelbaren“ als von einem „unmittelbaren“ Effekt.

Auf Letzteren hätten die Bahngäste, die am Montagmorgen von der S-Bahn-Störung in Harburg betroffen waren, wohl eher gehofft. Klar, dass der aktuelle Fall auch bei dem Ortstermin in Stellingen Thema war. „Dass es zu Störungen kommt, kann immer mal passieren“, sagte Westhagemann dazu und setzt nach: „Sollte es aber natürlich nicht.“