Hamburg. Der Haushalt der Stadt wird belastet. Umlandkreise haben Stimmrechte. Einige fühlen sich überrumpelt.

Auf dem Papier ist es ein Unterschied von 0,4 Prozentpunkten – aber in der Praxis eine Frage von Millionen: Die Ankündigung von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Gespräch mit dem Abendblatt, die geplante Preiserhöhung im HVV von 2,2 auf 1,8 Prozent zu begrenzen, ruft ein gemischtes Echo hervor. Der Opposition im Hamburger Rathaus geht die Drosselung nicht weit genug. Die am HVV beteiligten Landkreise im Umland stellen bereits Berechnungen an, welche zusätzlichen Gelder nötig werden.

Wie der Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagte, macht die Kürzung der Preiserhebung einen Unterschied zunächst von zwei Millionen Euro für den städtischen Haushalt aus. Dieser Betrag könnte auch deshalb in den kommenden Jahren noch steigen, weil die HVV-Preiserhöhung dauerhaft nicht mehr über der allgemeinen Inflationsrate des Vorjahres liegen soll. Dressel nannte dies eine zusätzliche finanzielle Herausforderung. „Aber es ist für unsere Nahverkehrsstrategie jetzt richtig, die Preisbremse noch stärker anzuziehen.“

Linksfraktion: „Sommerloch-Theater“

Der Unterschied für die Fahrgäste durch die Entscheidung Tschentschers wird sich dagegen unmittelbar auf etwa 2 Cent bei einem 5 Euro teuren Ticket belaufen. Der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Ewald Aukes betonte zudem, dass am Ende weiterhin eine Erhöhung stehe – obwohl der HVV bundesweit bereits zu den teuersten Nahverkehrsanbietern zähle. „Anscheinend ist Rot-Grün gewillt, diesen ‚Spitzenplatz‘ im kommenden Jahr zu verteidigen“, so Aukes. Die Linksfraktion in der Bürgerschaft warf Tschentscher ein „Sommerloch-Theater“ vor, um „heldenhaft“ als Begrenzer der Preiserhöhung dazustehen.

Der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte dagegen dem Abendblatt, dass er die Erhöhung um 1,8 Prozent angesichts der ebenfalls gestiegenen Kosten des HVV für vertretbar halte. „Wenn man den ÖPNV wirklich vergünstigen will, sollte man lieber die Mehrwertsteuer auf die Tickets abschaffen“, so Buchholz.

Deutliche Irritationen

Nach Abendblatt-Informationen gab es hinter den Kulissen der Verwaltung am Montag deutliche Irritationen, weil Tschentscher seinen Schritt nicht mit der Verwaltung im Umland abgestimmt haben soll. Neben den Ländern Schleswig-Holstein (drei Prozent Anteile) und Niedersachsen (zwei Prozent) sind auch sieben Kreise und Landkreise mit insgesamt 9,5 Prozent und in der Regel jeweils einem Gesandten im Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes vertreten.

Auf Anfrage zeigte sich der Kreispräsident in Stormarn, Hans-Werner Harmuth (CDU), äußerst kritisch gegenüber Preiserhöhungen. „Wenn man den Individualverkehr auf die Schiene bringen möchte, müssen die Ticketpreise möglichst günstig sein“, sagt er. Gegebenenfalls müssten Hamburg und die sieben Umlandkreise höhere Zuschüsse zahlen. Von den rund 94.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Stormarn pendeln mehr als 40.000 zur Arbeit nach Hamburg und zurück.

Zuschussgeschäft für die Kommunen

Auch der Landrat Oliver Stolz aus dem Kreis Pinneberg betonte, dass der ÖPNV immer ein Zuschussgeschäft für die Kommunen bedeute. Der Landrat hat Verständnis dafür, dass die Tarifanpassung für Ärger bei den Pendlern sorgt – die Fahrpreise müssten sich aber auch an den Betriebskosten orientieren. Der Deckelung der Preiserhöhungen sieht er gelassen entgegen. „Ich rechne im schlimmsten Fall mit maximal einigen Zehntausend Euro Mehrkosten“, so Stolz.

Für den Kreis Segeberg hat Landrat Jan Peter Schröder einen festen Sitz im HVV-Aufsichtsrat. Schröders Stellvertreter Kurt Barkowsky sagt, grundsätzlich sei er nicht gegen die Anhebung der Tarife. „Das hat ja auch mit den steigenden Kosten zu tun.“ Theoretisch könnte der Kreis zwar für sich entscheiden, die Differenz selbst zu tragen. „Aber wir subventionieren ja jetzt schon mehrere Millionen Euro.“ Für den Norderstedter FDP-Politiker Klaus-Peter Schroeder, Fraktionschef der Liberalen im Kreistag, ist „wichtig, dass sich das Angebot insgesamt verbessert“.

Neues Konzept

Der Landrat Rainer Rempe aus Harburg sagte auf Anfrage, Hamburg sei nun weiter am Zug. Man habe in den vergangenen Monaten auch im südlichen Umland kritische Diskussionen über Lohn- und Energiekosten, aber auch das Preisniveau geführt. „Am Ende bleibt die Tariferhöhung eine Abwägungsentscheidung“, so Rempe.

Der Hamburger Senat, der über den Mehrheitsanteil von 85,5 Prozent der Stadt am HVV verfügt, müsse ein konkretes Modell für die zukünftigen Preise an die Bürgerschaft übermitteln. „Soweit dies für uns Landkreise nachvollziehbar erscheint, werden wir es dann schon mittragen“, sagte Rempe. Es wird damit gerechnet, dass der Senat im August das bisherige Konzept der HVV-Spitze für die neuen Tarife zurückweisen wird und um Erarbeitung einer neuen Aufstellung bittet.