Hamburg. Allein der erste, 5,8 Kilometer lange Abschnitt wird zum Milliardenprojekt. Bürgermeister macht Osdorf und Lurup ein Versprechen.
Die Pläne des rot-grünen Senates zum Ausbau des U- und S-Bahnnetzes werden finanziell zu einem enormen Kraftakt für Hamburg. Das machte auch Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung der neuen U- und S-Bahn-Planungen des Senates deutlich – indem er erstmals konkrete Kostenschätzungen nannte. Demnach wird allein der erste Abschnitt der U5 im Osten zwischen Bramfeld und City Nord mit einer Länge von 5,8 Kilometern rund 1,8 Milliarden Euro kosten.
Rechnet man diese Summe auf die geplante Gesamtlänge der U5 von gut 25 Kilometern bis zur nun festgelegten Endstation an den Arenen im Volkspark hoch, käme man auf fast acht Milliarden Euro. Zwar ist eine solche Hochrechnung nicht wirklich seriös, da die unterschiedlichen Streckenabschnitte unterschiedlich kompliziert zu bauen und damit auch bei den Kosten nicht immer eins zu eins vergleichbar sind. Die Überschlagsrechnung aber zeigt immerhin die Dimensionen, um die es bei dem Vorhaben geht, das bis Mitte der 2030er Jahre abgeschlossen sein soll.
Tschentscher: Hamburg nutzt Sondervermögen für Bahnbau
Hinzu kommen die Kosten für den geplanten Bau einer neuen S-Bahnlinie, der S32 zwischen Holstenstraße und Osdorfer Born mit einer Länge von acht Kilometern und sechs Stationen, über den das Abendblatt bereits am Dienstag exklusiv berichtet hatte. Was diese Strecke kostet, konnte der Bürgermeister nicht sagen. Klar ist, dass die enormen Vorhaben kaum nebenbei aus dem Haushalt zu bezahlen sind.
Hamburg ist auf massive Bundeszuschüsse angewiesen, muss aber wohl etwa die Hälfte der Kosten selbst tragen. Deswegen hat die Stadt nach Aussagen von Tschentscher bereits ein „Sondervermögen Schnellbahnausbau“ eingerichtet und schon jetzt mit „nennenswerten dreistelligen Millionenbeträgen“ ausgestattet. Für 2021 seien im Haushalt rund 800 Millionen und für 2022 eine Milliarde Euro für Investitionen vorgesehen, vieles noch „unbelegt“. Das zeige, dass die Finanzierung realistisch sei.
S-Bahn-Linie 32: Warum Osdorf keine U-Bahn bekommen wird
Eine Machbarkeitsstudie hatte ergeben, dass der Hamburger Westen nun per S-Bahn angebunden werden und die U5 dafür an den Arenen enden soll – und zwar mit einer Station genau am bisherigen „Parkplatz Rot“, wie nun am Dienstag erläutert wurde.
Es hat laut Tschentscher, Wirtschaftssenator Michael Westhagemann und S-Bahn-Chef Kay Arnecke vor allem stadtentwicklungspolitische Gründe, dass man sich für den Anschluss von Lurup und Osdorf über eine S-Bahn und nicht durch die Weiterführung der U5 über den Volkspark hinaus entschieden hat. So sei klar, dass sich die Menschen aus Osdorf und Lurup eher in Richtung Altona und Bahrenfeld und in die Innenstadt orientierten. Mit der S32 sei es künftig möglich, in 20 Minuten ohne Umsteigen vom Osdorfer Born zum Hauptbahnhof zu gelangen – und von dort weiter nach Harburg.
„Wir erwarten eine hohe Zahl von Umsteigern, die statt Pkw künftig die S-Bahn nutzen werden“, sagte S-Bahn-Chef Arnecke. Die S32 solle fast ausschließlich unterirdisch geführt werden. Auf die Frage nach der Fertigstellung sagte Arnecke: „Mitte der 30er Jahre, wenn es gut läuft“. Als „Vorlauf für die S32“ solle ab Dezember der Expressbus X3 fahren, sagte Senator Westhagemann.
Bau der U5 beginnt 2021 – wann die Linie fertig sein soll
Auch beim Bau der U5 wird viel Zeit ins Land gehen, bevor jemand mit ihr fahren kann. Der Bau des Ostteils soll laut Hochbahn Ende 2021 beginnen. Der erste Abschnitt City Nord bis Sengelmannstraße soll 2027 fertig sein. Da die U5 vollautomatisch fahren soll, wird es dort für ein bis zwei Jahre einen Probebetrieb geben. Ende der 20er soll die U5 erstmals auf einem kleinen Teilstück verkehren, danach werden Steilshoop und schließlich Bramfeld angeschlossen.
Die gesamte U5 soll laut Hochbahn Mitte, Ende der 30er Jahre fertig sein. Unklar ist nach wie vor, ob die neue Linie im Westen über den Siemersplatz führt, oder aus Kostengründen bereits Höhe Gärtnerstraße gen Westen abbiegt. Die Wahrscheinlichkeit eines Anschlusses des Siemersplatzes scheint gerade zu steigen – denn auch das benachbarte UKE wünscht sich eine U-Bahn-Station.
Bürgermeister verspricht Osdorf und Lurup den Bahnanschluss
Auf die Abendblatt-Frage, ob die Menschen in Osdorf und Lurup – anders als früher – diesmal auf das Versprechen eines Bahnanschlusses vertrauen könnten und er ihnen sein Wort gebe, sagte Bürgermeister Tschentscher: „Ja sicher, für meine Person und für diesen Senat, für diese Mehrheiten, die wir derzeit haben, ist das ein festes Versprechen.“
CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering und Spitzenkandidat Marcus Weinberg kritisierten, dass es keine Kostentransparenz gebe. „Auch wird weder der heutige Altonaer Fernbahnhof direkt angebunden, noch der neue Fernbahnhof am Diebsteich“, so Weinberg.
Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann dagegen sprach von einem „Sieg der Vernunft“. FDP-Verkehrspolitiker Ewald Aukes forderte eine Verbindung zwischen Arenen und S-Bahn in Lurup.
BUND will erneut über Stadtbahn diskutieren
Der BUND warnte, die U5-Kosten könnten das Ziel eines günstigen HVV gefährden. Die Alternative einer Stadtbahn müsse „in die gesetzlich vorgeschriebene Alternativenprüfung im Planfeststellungsverfahren“ einbezogen werden. Dabei müsse eine „belastbare Kostengegenüberstellung“ mit der U5 vorgelegt werden.