Hamburg. Hamburger Grüne stärken Senator Kerstan den Rücken, zeigen aber auch Alternativen zum sofortigen Rückkauf auf.

Im Streit über den Rückkauf der Fernwärme hat der Grünen-Landesausschuss, eine Art kleiner Parteitag, dem eigenen Umweltsenator Jens Kerstan den Rücken gestärkt. Der 2013 beschlossene Volksentscheid müsse umgesetzt und auch das Fernwärmenetz zum Jahreswechsel vollständig von Vattenfall übernommen werden, betonten Redner bei dem Treffen am Dienstagabend nach Aussage von Anwesenden.

Allerdings öffnete der Parteitag dabei nach Abendblatt-Informationen auch eine Tür für mögliche Kompromisslösungen. Sollte es ernsthafte rechtliche Bedenken gegeben, den vereinbarten Rückkauf jetzt umzusetzen, so bleibe das Mindestziel, die Kontrolle über die Fernwärmegesellschaft zu übernehmen – also den bisherigen Anteil der Stadt von 25,1 Prozent auf mindestens 50,1 Prozent aufzustocken. Eine Erhöhung der Minderheitsbeteiligung reiche nicht aus. Ziel bleibe eine Übernahme der gesamten Fernwärme, denn man könne einen Volksentscheid nicht ignorieren.

Damit dürfte neben einer sofortigen deutlichen Aufstockung auf eine Mehrheitsbeteiligung auch eine zeitliche Verschiebung des vollständigen Rückkaufs als Kompromisslösung in Betracht kommen. Allerdings, so hieß es von der Grünen-Spitze am Mittwoch, würde es für eine solche Lösung zwingend einer Zustimmung einer Grünen-Mitgliederversammlung bedürfen.

Stadt müsste Netz überteuert zurückkaufen

Hintergrund der Debatte: Bis 30. November hat der rot-grüne Senat die Option, das gesamte Netz vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall zurückzukaufen – und damit den Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze nach der Übernahme des Strom- und Gasnetzes auch im letzten Punkt umzusetzen.

Für die Fernwärme hatte der SPD-Alleinsenat Anfang 2014 die Rückkaufoption zum Jahresbeginn 2019 mit Vattenfall ausgehandelt. Dabei garantierte er Vattenfall für das gesamte Netz allerdings bereits einen Mindestpreis von 950 Millionen Euro. Diesen sind die Fernwärmeanlagen nach einem Gutachten aus dem Frühjahr 2018 aber heute nicht mehr wert – sondern nur noch 645 Millionen Euro. Die Stadt müsste also deutlich überteuert kaufen, was der eine oder andere für rechtlich schwierig hält.

Kerstan kritisiert Vattenfall harsch

Umweltsenator Kerstan versucht derzeit durch Gutachten zu zeigen, dass der Kauf dennoch sinnvoll wäre – zumal es Synergieeffekte beim gemeinsamen Betrieb mit Strom-, Gas- oder Wassernetz geben könne und der Klimaschutz auch seinen Preis habe. CDU und FDP werfen Kerstan dagegen vor, ein Anschluss des Kohlekraftwerks Moorburg sei günstiger und in der Summe auch für den Klimaschutz besser als der Bau neuer Anlagen, wie Kerstan sie plant.

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall sei „derzeit kein zuverlässiger Partner“, sagte Kerstan dagegen der dpa. „Das Unternehmen hat mehrfach Vereinbarungen mit der Stadt gebrochen. Es verweigert unrechtmäßig die Herausgabe von Daten an die Stadt als Gesellschafter und verzögert das Genehmigungsverfahren für die Elbleitung, um die Stadt unter Druck zu setzen.“ Vattenfall wies die Vorwürfe zurück.