Hamburg. Machtkämpfe in der Kirche, “politische “Erpressung“: Die Hintergründe zur gescheiterten Rettung der katholischen Schulen.

Erzbischof Stefan Heße hat die Verhandlungen mit der Initiative Hamburger Schulgenossenschaft (HSG) zur Rettung von mindestens drei der von Schließung bedrohten katholischen Schulen endgültig abgebrochen. Das bedeutet, das mindestens fünf der 21 katholischen Schulen geschlossen werden.

„Leider ist es uns aus meiner Sicht trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen, mit der Initiative Hamburger Schulgenossenschaft eine tragfähige Lösung für die betroffenen Schulen zu finden“, schrieb Heße in einem am gestrigen Donnerstag verschickten Brief an die „Erziehungsberechtigten aller Schülerinnen und Schüler der katholischen Schulen in Hamburg“.

Heße teilte das Aus den Schulgenossen persönlich mit

Als Grund nannte der Erzbischof: „Das von den Initiatoren am 24. Juni vorgelegte Rahmenprogramm verdeutlicht aus unserer Sicht, aus der Sicht aller externen und internen Experten, der gewählten und ernannten kirchlichen Gremienvertreter (Laien und Priester) aus dem gesamten Erzbistum, der schulischen Gesamtmitarbeitervertretung und der Schulleitungen weder die in Aussicht gestellte operative Tragfähigkeit einzelner Pilotschulen..., noch zeigt es konkret auf, wie die dringend notwendigen Investitionen in Millionenhöhe an den betroffenen Standorten wirklich geschultert werden können.“

Der Leitartikel zum Thema

Am Morgen hatte Heße den Gründern der HSG, Rechtsanwalt Christian Bernzen und Ex-Staatsrat Nikolas Hill, seine vor Tagen durchgesickerte Entscheidung mitgeteilt, das Ergebnis erneut bedauert und der HSG für ihr Engagement gedankt. „Ich persönlich habe in diese Gespräche sehr große Hoffnungen gesetzt“, schrieb der Erzbischof auch in seinem Elternbrief.

Machtkampf und "politische Erpressung"

Damit dürfte offensichtlich sein, dass Heße im kircheninternen Machtkampf Generalvikar Ansgar Thim unterlegen ist. Thim, der stets als Gegner der Kooperation galt, hatte eine 17-seitige Stellungnahme zum Verhandlungsstand bei Abteilungen des Erzbischöflichen Generalvikariats in Auftrag gegeben. Das Papier, das Grundlage für die Entscheidungen der kirchlichen Gremien war, enthält sehr negative und tendenziöse Formulierungen bis hin zu dem Vorwurf, die HSG betreibe „politische Erpressung“.

Mit Unverständnis und tiefer Enttäuschung hat die Schulgenossenschaft auf den einseitigen Abbruch der Verhandlungen reagiert. „Erzbischof Heße und seine Verwaltung setzen mit dem Ausschlagen des Hilfsangebots vieler engagierter Katholikinnen und Katholiken und der Hamburger Zivilgesellschaft einen destruktiven Kurs fort“, sagte HSG-Initiator Christian Bernzen. „Es wird schwerer erkennbar, dass die eine Kirche ein Ort der Befreiung und Hoffnung ist.“

In einer Erklärung verweist die HSG darauf, dass ihr Angebot bei vielen Menschen Hoffnung auf den Erhalt der Schulen ausgelöst und großes Engagement geweckt habe. Auch in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sei der Rückhalt enorm gewesen. „Die Initiative hat ein fundiertes, schulfachliches und ein solide und konservativ gerechnetes Finanzierungskonzept für Bau und Betrieb der Schulen vorgelegt“, heißt es weiter.

Eltern sind entsetzt

Das Niels-Stensen-Gymnasium (Harburg), die Katholischen Schulen Harburg, Neugraben und Altona, die Domschule (St. Georg), die Sophienschule und die Franz-von-Assisi-Schule (beide Barmbek) hätten Interesse gezeigt. „Die meisten Schulen stehen nun vor der Schließung. Dies ist für alle Schüler, ihre Eltern und die dort Beschäftigten eine katastrophale Nachricht“, schreibt die HSG. Initiator Nikolas Hill dankte „den Tausenden Sympathisanten, Unterstützern und Mitwirkenden, die die Idee der Schulgenossenschaft mit Leben gefüllt haben“.

„Wir sind tief enttäuscht über die Erklärung des Erzbischofs. Sie löst nach den starken Protesten gegen Schulschließungen in der Elternschaft allgemeines Entsetzen aus“, sagte Henrik Lesaar, Sprecher der Gesamtelternvertretung. „Mit dem Abbruch der Gespräche hat der Erzbischof einen Lösungsansatz verworfen – einen eigenen Ansatz ist er schuldig geblieben“, so Lesaar. Dies müsse für alle acht von Schließung bedrohten Schulen dringend nachgeholt werden.

Heße kündigte in dem Elternbrief an, das Bistum werde sich weiter um externe Partner zur Weiterführung dreier Schulen bemühen. „Unser Ziel ist und bleibt der Auf- und Ausbau der Sophienschule und der Katholischen Schule Neugraben zu Grund- und Stadtteilschulen sowie der Umzug der Katholischen Schule Harburg in das Gebäude des Niels-Stensen-Gymnasiums“, schreibt der Erzbischof. Das Gymnasium, die Domschule, die Katholische Schule Altona, die Grundschule St. Marien in Ottensen und die Franz-von-Assisi-Schule stehen dagegen unmittelbar vor dem Aus.