Hamburg. Kirchenleitung sei von Misstrauen gegenüber Schulgenossenschaft durchsetzt. Erzbischof will heute das Aus der Gespräche verkünden.

Am heutigen Donnerstag will Erzbischof Stefan Heße offiziell bekannt geben, ob die Kirche weiterhin mit der Hamburger Schulgenossenschaft (HSG) über eine Kooperation zur Rettung von drei der acht von Schließung bedrohten katholischen Schulen verhandeln will. Heßes Entscheidung ist längst durchgesickert: Der Erzbischof wird einen Schlussstrich unter die wochenlangen Bemühungen ziehen und die Verhandlungen beenden.

Zentrale Grundlage seiner Meinungsbildung sind für Heße die Stellungnahmen der kirchlichen Gremien. Wie berichtet, hatten sich sechs wichtige Institutionen, darunter der Kirchensteuerrat und der Diözesanvermögensverwaltungsrat, klar gegen die Fortsetzung der Gespräche ausgesprochen. Das entscheidende Argument: Das von der Schulgenossenschaft vorgelegte Finanzierungskonzept sei nicht belastbar.

Massive Vorwürfe gegen die Kirchenleitung

In einer 17-seitigen vorbereitenden Stellungnahme mehrerer Abteilungen des Erzbischöflichen Generalvikariats waren zum Teil unsachliche Vorwürfe („Trickserei, erhebliche Camouflage“) gegen die Schulgenossenschaft erhoben worden. Die Vorschläge der engagierten, ehrenamtlich tätigen Katholiken seien im Übrigen „nicht plausibel, sub­stanziiert und prüffähig“ gewesen. Der HSG wurde außerdem „politische Erpressung“ vorgeworfen.

Mit Mehrheit haben sich auch die Schulleiter und stellvertretenden Schulleiter der 21 katholischen Schulen für einen Stopp der Verhandlungen ausgesprochen. Allerdings enthält die zweieinhalbseitige Stellungnahme der Pädagogen, die dem Abendblatt vorliegt, massive Vorwürfe gegen die Kirchenleitung. „Die Stellungnahmen aus den ausgewählten Abteilungen des Erzbistums ... sowie das öffentliche Auftreten des Erzbistums zur geplanten Kooperation sind so stark von Misstrauen durchsetzt, dass wir für eine fruchtbare Zusammenarbeit von Erzbistum und HSG keine Perspektive sehen“, schreiben die Schulleiter.

Zehn Prozent der Hamburger sind Katholiken

Die Spitzen der 21 katholischen Schulen kritisieren die Entscheidung des Erzbistums, bis zu acht der 21 ­Schulen aus finanziellen Gründen zu schließen. „Die ausgewählten 13 Schulstandorte, für die ein Bestandsschutz ausgesprochen wurde, bilden kein Schulsystem mehr ab. Durch die überproportionale Streichung von Stadtteilschulstandorten entsteht eine Unwucht der Schulformen“, heißt es weiter. Auch eine weitgehend gleichmäßige Verteilung der Standorte über das Stadtgebiet sei nicht mehr gegeben.

„In der Folge werden die Standorte zusehends vereinzeln und können nicht mehr dazu beitragen, dass sich die Katholiken in Hamburg über die Gemeinde hinaus gut kennen“, schreiben die Pädagogen dem Erzbistum ins Stammbuch. Rund zehn Prozent der Hamburger Bevölkerung sind Katholiken.

Schwierige Bedingungen

Die Schulleiter kritisieren auch das Verfahren, das zur Ankündigung der Schulschließungen führte. „Mitte Januar 2018 wurde die Entscheidung ohne Anhörung (der schulischen Gremien, die Red.) verkündet, und die Statusgruppen (Schulleiter, Lehrer und Eltern, die Red.) mussten zur Kenntnis nehmen, dass ihre Fachkenntnisse, ihre Erfahrungen, ihr Engagement und ihr positiver Wille zur Unterstützung des Prozesses nicht gefragt sind“, heißt es eindeutig in der Stellungnahme. Und weiter: „Das Ergebnis erschütterte nicht nur die Gemeinschaft der an Schule Beteiligten, sondern wirkte weit darüber hinaus in die Stadt.“

Die Schulleiter monieren, dass das Erzbistum „in der Pensionslast der Lehrkräfte und der defizitären Instandhaltung der Schulgebäude die Schuld für die finanzielle Misere gesehen und dies öffentlich plakatiert“ hat. Die an Schule Tätigen hätten aber unter schwierigen Bedingungen ein Schulsystem entwickelt und erhalten, das in Hamburg sehr hohes Ansehen habe. „Diejenigen, die bedeutsam zur Reputation der katholischen Kirche beigetragen haben, wurden gefühlt an den Pranger gestellt.“

„Bedeutsamer Vertrauensverlust“

Das Fazit klingt bedrohlich für die Zukunft der 13 Schulen, die nach den jetzigen Plänen fortgeführt, saniert und weiterentwickelt werden sollen. „Wir nehmen einen bedeutsamen Vertrauensverlust in der Eltern- und Mitarbeiterschaft wahr, der unser System erheblich in seinem Bestand gefährdet“, schreiben die Schulleiter.

Die Pädagogen bekunden andererseits ihren „Respekt vor der enormen Leistung der Initiatoren der HSG“ und danken „für das weitreichende Engagement“. Aber sie kritisieren die Pläne der HSG auch. „Das Finanzkonzept der Schulgenossenschaft in seiner jetzigen Fassung gibt nicht genug Hoffnung, dass die finanziellen Erfordernisse der Schulen hinreichend gesichert sind“, schreiben die Autoren. Vor allem könne die von der HSG vorgeschlagene Erhöhung der Klassenfrequenzen nicht für alle Standorte garantiert werden.

Anders als die Schulleiter hat sich die Gesamtelternvertretung mehrheitlich für die Fortsetzung der Verhandlungen mit der HSG ausgesprochen. „Die vorgelegten Unterlagen sind nicht entscheidungsreif und bedürfen der Nachbesserung und Nachverhandlung“, schreiben die Eltern. Bedauerlicherweise habe das Erzbistum selbst keinen Entwurf für eine Kooperation vorgelegt.