Hamburg. Das Erzbistum will ernsthafte Verhandlungen mit der Schulgenossenschaft. Gibt es ein Modellprojekt „Südelbien“?
Die Rettung der katholischen Schulen ist einen deutlichen Schritt näher gerückt: Das Erzbistum und die Initiative zur Gründung der Hamburger Schul-genossenschaft wollen in ernsthafte Verhandlungen über die Zukunft der 21 Schulen eintreten. Das entscheidende Signal kam am gestrigen Montag vom Erzbistum, indem es seine Absicht erklärte, eine Kooperation mit der Schulgenossenschaft eingehen zu wollen.
„Ich möchte eine langfristige und tragfähige Übernahme gemeinsamer Verantwortung für das katholische Schulwesen in Hamburg erreichen“, sagte Erzbischof Stefan Heße. „Wir sind noch nicht an der Stelle, wo wir hinwollen. Aber es ist das erste Mal, dass das Erzbistum erklärt, dass es nur mit uns eine Lösung gibt“, sagte Prof. Christian Bernzen, Mitgründer der Genossenschaftsinitiative.
Am 19. Januar hatte das Erzbistum angekündigt, bis zu acht der 21 katholischen Schulen aus finanziellen Gründen schließen zu wollen. Dagegen hatte sich massiver Protest innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche erhoben. Am vergangenen Sonnabend demonstrierten rund 1000 Menschen in St. Georg für den Erhalt aller Schulen.
Gemeinsamer Workshop soll vertrauensbildend wirken
Der entscheidende nächste Schritt ist ein gemeinsamer Workshop am 5. Mai, an dem je sechs Fachleute des Erzbistums und der Schulgenossenschaft teilnehmen werden. Das Erzbistum wird die von der Schulgenossenschaft seit Langem geforderten Analysedaten der einzelnen Schulen bereitstellen. Die Unternehmensberatungsfirma Ernst & Young hatte in einem Gutachten einen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf aller Schulen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags ermittelt. Laut Ernst & Young beläuft sich die Überschuldung des Erzbistums derzeit auf 79 Millionen Euro. „Die Verabredung eines gemeinsamen Workshops sowie die Zusage der Übergabe der Daten an die Schulgenossenschaft sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagte Ex-Staatsrat Nikolas Hill, Mitgründer der Schulgenossenschaft.
Nach dem Workshop, der auch der Vertrauensbildung dienen soll, will das Erzbistum abschließend entscheiden, „ob und wie eine Kooperation insgesamt gestaltet werden kann“. Auf Vorschlag der Kirche soll Hans Langendörfer, der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, den Prozess „begleiten“. Auf Wunsch der Schulgenossenschaft wird der Jesuit Stefan Kiechle an dem Workshop teilnehmen. Kiechle ist Delegat der deutschen Jesuitenprovinz für Ignatianische Spiritualität und Chefredakteur der Kulturzeitschrift „Stimmen der Zeit“. Nach Informationen des Abendblatts sollen auch Schulsenator Ties Rabe (SPD) und die Schulexpertin Stefanie von Berg (Grüne), Vorsitzende des Schulausschusses der Bürgerschaft, an dem Workshop teilnehmen.
Kommentar: Der Druck zur Einigung wächst
Ob letztlich alle 21 Schulen dauerhaft erhalten werden können, ist derzeit noch offen. „Aus unserer Sicht kann der Erhalt aller katholischen Schulen nun in einem Modell gemeinsamer Verantwortung konkret angegangen werden“, heißt es in der Erklärung der Schulgenossenschaft. Doch das Erzbistum dämpft die Erwartungen. „Was am 19. Januar verkündet wurde, war eine durchdachte Idee. Das ist eine Entscheidung, die erst einmal steht“, sagte Manfred Nielen, Sprecher des Erzbistums. Eigentlich seien die Finanzdaten für einen Erhalt aller Schulen zu negativ.
Nach Informationen des Abendblatts könnten die vier katholischen Schulen im Raum Süderelbe („Südelbien“) in einem ersten Schritt als Modellprojekt von Erzbistum und Schulgenossenschaft bereits zum neuen Schuljahr weiterbetrieben werden: die katholischen Grundschulen Harburg und Neugraben, das Niels-Stensen-Gymnasium in Harburg sowie die Grund- und Stadtteilschule St. Bonifatius in Wilhelmsburg. Das Gymnasium gehört zu den fünf Schulen, die das Erzbistum schließen will und die bislang zum nächsten Schuljahr keine neuen Schüler aufnehmen durften.
Die katholischen Schulen verlieren 429 Schüler
Die Zahl der Schüler an den katholischen Schulen wird zum nächsten Schuljahr gegenüber dem laufenden nach jetzigem Stand um 429 auf 8493 sinken. Allein 320 Schüler entfallen auf die fünf Schulen, die keine Schüler mehr aufnehmen durften. Weitere 50 Schüler fehlen, weil die Stadtteilschule Neugraben ausläuft. Noch einmal 59 Schüler fehlen, weil die Anmeldezahlen für die katholische Schule Harburg gesunken sind, für die derzeit ein einjähriges Moratorium gilt. Die übrigen 13 Schulen, die nicht von Schließung bedroht sind, verzeichnen insgesamt stabile Anmeldezahlen.
„Das Angebot des Erzbischofs ist ein gutes Zeichen – in Hamburg redet man miteinander. Wir werden weiterhin an einer Lösung mitarbeiten“, so Schulsenator Rabe. Birgit Stöver (CDU) sieht den Senat in der Pflicht und fordert eine bessere finanzielle Ausstattung der Privatschulen. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Anna von Treuenfels-Frowein fordert ein Ende der „Hängepartie“ und eine schnelle Entscheidung.