Hamburg. Im Weggang von Olaf Scholz sieht CDU-Fraktionschef André Trepoll eine Zäsur. Landeschef Heintze lobt Koalitionsvertrag.

Der CDU-Fraktionschef André Trepoll sieht den möglicherweise bevorstehenden Weggang von SPD-Bürgermeister Olaf Scholz als eine „Chance“ für Hamburg. „Wir brauchen neben einem personellen vor allem einen inhaltlichen Neubeginn. Die bisherige Selbstzufriedenheit von SPD und Grünen schadet Hamburg“, sagte Trepoll dem Abendblatt. „Als CDU-Opposition blicken wir nun noch optimistischer nach vorn und wollen Hamburg gestalten. Dazu werden wir im Frühjahr einen Zukunftsdialog mit und in der ganzen Stadt führen und im Herbst auch einen starken Kandidatenvorschlag für die nächste Bürgerschaftswahl machen.“

Der nächste Bürgermeister müsse „für mehr wirtschaftliche Dynamik sorgen, endlich neben der Elbvertiefung eine Antwort auf die maritime Krise unserer Stadt geben, die Bildungsmisere an Schulen und Hochschulen sowie das Verkehrschaos auf Hamburgs Straßen beenden und das Problem der Roten Flora lösen“, so Trepoll. „Einen dafür geeigneten Kandidaten kann ich bei der SPD beim besten Willen nicht erkennen.“

Ende des rot-grünen Projektes

Ein „wochenlanger Machtkampf“ in der Hamburg SPD „mit einem halben Dutzend Kandidaten“ sei schlecht für die Stadt, so der CDU-Politiker. „Was jetzt ganz sicher niemand braucht, ist auch noch ein SPD-Mitgliederentscheid über die Nachfolge von Scholz in Hamburg.“ Falls der Bürgermeister nach Berlin wechselt, sei damit auch „das Ende des rot-grünen Projektes in unserer Stadt eingeläutet“, so Trepoll. „Er wurde von der Mehrheit der Wähler eigentlich für fünf Jahre gewählt. Viele Hamburger haben nicht die SPD, sondern Olaf Scholz gewählt. Egal, wer ihm im Amt nachfolgt, die Legitimation der Wähler fehlt.“ Dabei hat Scholz nach Ansicht Trepolls „als Bürgermeister erneut ein Versprechen gebrochen“. Die SPD sei von den Plänen ihres Chefs „völlig unvorbereitet getroffen“ worden, sagte der CDU-Fraktionschef. „Scholz lässt die SPD in Hamburg kopflos zurück.“

Für Scholz selber gebe es „kein Zurück, die Tür nach Hamburg ist geschlossen“, so Trepoll. Will sagen: Auch wenn die SPD-Mitglieder gegen eine Große Koalition im Bund stimmen würden, hätte Scholz in den Augen des CDU-Mannes keine Perspektive mehr als Bürgermeister in der Hansestadt. „Olaf Scholz hat sich gegen Hamburg entschieden und will nicht mehr länger nur Bürgermeister sein“, so Trepoll. „Es ist nicht mehr nachvollziehbar, dass sich Olaf Scholz trotzdem weiterhin weigert, endlich Klarheit zu seiner Person zu schaffen.

Fehlende Festlegung unhanseatisch

Dass die Entscheidung, wer bei der SPD Bundesfinanzminister und Vizekanzler wird, erst nach dem SPD-Mitgliederentscheid fallen soll, glaubt ihm doch niemand mehr. Seine fehlende Festlegung ist zutiefst unhanseatisch.“ Ganz Deutschland wisse, dass Scholz Bundesfinanzminister werden wolle, „aber er traut sich nicht, den Hamburgern dies zu bestätigen“, kritisiert Trepoll. „Ein Mann ein Wort – dieser hanseatische Grundsatz gilt bei Olaf Scholz schon länger nicht mehr.“ Hamburg aber brauche, „endlich wieder einen Bürgermeister, der sich um die Probleme der Stadt und nicht die Probleme der SPD kümmert“.

CDU-Landeschef Roland Heintze lobte derweil den Berliner Koalitionsvertrag. „Insgesamt bleibt Politik die Kunst des Möglichen“, sagte Heintze dem Abendblatt. „Auf dem Tisch lagen die Alternativen GroKo oder Neuwahlen und leider nicht eine CDU-Alleinregierung. Der verhandelte Koalitionsvertrag ist ein schwieriger, aber tragfähiger Kompromiss.“

CDU-Chef Roland Heintze fordert Verjüngung der Union

Die CDU habe zwar wie auch die SPD „einige Kröten schlucken müssen“. Das zeige sich daran, dass „sowohl Wirtschafts- als auch Sozialverbände den Vertrag kritisieren“. Die Union habe dennoch deutliche Akzente gesetzt. So seien die Hamburger Vorschläge zum Thema Familie „fast 1:1 aus dem Wahlprogramm übernommen“ worden. „Der Soli wird Schritt für Schritt abgeschafft, die Mittelschicht entlastet. Die Einheitskrankenversicherung wurde verhindert. Außerdem hat die CDU seit Jahrzehnten wieder das Wirtschaftsministerium, wir kümmern uns um das Megathema Gesundheit & Pflege, um Bildung, um Integration und mit unserer Schwester CSU auch um die innere Sicherheit und die bundesweite Verkehrspolitik. Hier werden wir jetzt aber überzeugen müssen.“

Er persönlich sei gleichwohl „mit der Ressortverteilung nicht wirklich zufrieden“, sagte Heintze. „Wir als CDU werden den SPD-Ministern künftig genau auf die Finger schauen müssen. Das Finanzministerium wäre ohne Zweifel wichtig für uns gewesen – aber der Ausgabenspielraum eines möglichen Finanzministers Olaf Scholz ist durch die unter der CDU eingeführte Schuldenbremse stark begrenzt. Es wird keine neuen Schulden und keine Steuererhöhungen geben.“

Für Hamburg sei es wichtig, „dass die Union Themen wie Digitalisierung, Bildung, Verkehr und Energie in der Hand hat“, so Heintze. „Dass wir im Wirtschaftsministerium zentral den maritimen und auch den Luftfahrtsektor verantworten, kann für unsere Stadt nur von Vorteil sein.“

Außerdem mahnte der Hamburger Landeschef einen zügigen Generationswechsel an. „Insgesamt muss die CDU die kommenden drei Jahre nutzen, sich auch personell zu erneuern“, so Heintze. „Hier würde ich mir bei der Kabinettsbildung bereits erste deutliche Akzente wünschen.“