Hamburg. Vor dem Mitgliederentscheid geht die Spitze der Bundes-SPD auf Werbetour. Martin Schulz soll dabei sein – wenn nichts dazwischen kommt.
Die Spitze der Bundes-SPD will die Werbekampagne für eine Zustimmung der Parteibasis zum Koalitionsvertrag mit der Union am 17. Februar in Hamburg starten. Danach folgen Regionalkonferenzen in Hannover, Kamen und Mainz, wie eine SPD-Sprecherin am Sonntag sagte. Auf die Frage, ob neben der designierten künftigen SPD-Chefin Andrea Nahles auch der derzeitige Vorsitzende Martin Schulz dabei sein werde, sagte die Sprecherin: „Nach derzeitigem Stand ja.“ Teilnehmen soll auch Hamburgs Regierungschef und SPD-Vize Olaf Scholz. Die Veranstaltung wird aber nicht-öffentlich sein.
Am Dienstag trifft sich in Berlin das SPD-Präsidium, dann könnte auch eine Entscheidung fallen, dass Schulz nicht erst im März nach dem Mitgliedervotum, sondern sofort den Vorsitz der Sozialdemokraten kommissarisch an Nahles abgibt. Binnen drei Monaten müsste dann ein Sonderparteitag die erste Frau an die Spitze der Partei wählen. Schulz hatte nach internem Druck zunächst die Aufgabe des Vorsitzes angekündigt, wollte aber das Außenministerium von Sigmar Gabriel übernehmen. Da er zunächst den Gang in ein Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgeschlossen hatte, kam es zu einem Proteststurm der Basis. Daraufhin verzichtete Schulz auch darauf.
Klingbeil beim Neujahrsempfang: "keine Personaldebatten"
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte am Rande des Neujahrsempfangs der Hamburger SPD-Fraktion im Rathaus, Martin Schulz' Entscheidung zum Rückzug sei ein "konsequenter Schritt" gewesen. Die Frage, wer an seiner statt das Außenamt übernehmen werde, ließ er genauso unbeantwortet wie die danach, ob Andrea Nahles schon am Dienstag im Anschluss an die Präsidiumssitzung den Parteivorsitz übernehmen werde: "Wir führen jetzt keine Personaldebatten."
Die Hamburger SPD-Fraktion feiert ihren Neujahrsempfang mit rund 1000 Gästen am Sonntagvormittag im Rathaus. Neben Generalsekretär Klingbeil ist auch Olaf Scholz als Gastredner geladen, der für die Ämter des Vizekanzlers und des Finanzministers als gesetzt gilt.
Hamburger Juso-Chefin kritisiert Kühnert
Der Mitgliederentscheid wird vom 20. Februar bis 2. März stattfinden. Am 4. März soll das Ergebnis verkündet werden. 463 723 SPD-Mitglieder können über den Koalitionsvertrag abstimmen. Stimmt die Mehrheit der SPD mit Ja, könnte sich die seit 2005 amtierende Merkel erneut zur Regierungschefin wählen lassen.
Die Hamburger Juso-Vorsitzende Armita Kazemi hat unterdessen den Bundeschef der SPD-Nachwuchsorganisation, Kevin Kühnert, für dessen kategorisches Nein zu einer Neuauflage der GroKo kritisiert. „Kevin Kühnert und viele andere Jusos waren schon vor ersten Ergebnissen per se dagegen. Ich finde aus Prinzip dagegen sein genauso fatal wie aus Prinzip dafür sein“, sagte Kazemi.
Grundsätzlich sei gut verhandelt worden
Die Gruppe der Sondierer und Koalierer habe keine Chance gehabt, Teile der Jusos zu überzeugen, weil diese aus Prinzip von Anfang an dagegen gewesen seien. „Das finde ich schade, weil trotz inhaltlicher Kritikpunkte, die auch ich habe, nicht alles schlecht in dem Papier ist“, sagte Kazemi. Grundsätzlich sei gut verhandelt worden. Kazemis Hamburger Parteivorsitzender Olaf Scholz zählte zum engsten Kreis bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin.
Sie selbst wisse noch nicht, ob sie beim SPD-Mitgliederentscheid Ja zum Koalitionsvertrag mit der Union sagen werde. Und sie werde den Hamburger Jusos auch keine Wahlempfehlung machen. Da Noch-Parteichef Martin Schulz am Freitag auf den Außenministerposten verzichtet hat, sei einer ihrer Kritikpunkte beiseite gewischt, sagte Kazemi, die Beisitzerin im SPD-Landesvorstand ist. Denn Schulz sei lange bereit gewesen, seine eigene Glaubwürdigkeit und die der SPD zu opfern.