Hamburg. Bei der ersten Bürgerschaftssitzung nach den geplatzten Jamaika-Sondierungen kochten die Emotionen hoch.

Das abrupte Ende der Sondierungsgespräche von CDU/CSU, FDP und Grünen auf Bundesebene hat auch in der Bürgerschaft die Emotionen hochschlagen lassen. Vor allem die FDP, die das mögliche Jamaika-Bündnis hatte platzen lassen, und die SPD, die sich bislang weigert, erneut in eine Große Koalition einzutreten, mussten sich heftige Vorwürfe gefallen lassen.

„Ego first, Deutschland second“ sei wohl das neue Motto der FDP, schimpfte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks und bilanzierte: „Christian Lindner hat in Baden-Württemberg und Niedersachsen die Ampel und jetzt im Bund Jamaika verhindert. Die FDP muss sich fragen lassen, mit wem sie eigentlich noch regieren will.“ Unter Lindner sei die FDP nach Linken und AfD die dritte Partei im Bundestag, die nicht koalitionsfähig ist, so Tjarks: „Noch nie gab es so viel Verantwortungslosigkeit.“

Dressel wirft Kubicki und Lindner "Zockerei" vor

Auch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel übte scharfe Kritik an der FDP-Führung. „Die Herren Kubicki und Lindner haben sich als Zocker betätigt.“ Dressel warf aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, den „klaren Regierungsauftrag“ für CDU, CSU, FDP und Grüne nicht zum Erfolg geführt zu haben: „Sie ist gescheitert.“ Die SPD stehe nun nicht als „Reserve-Rad“ zur Verfügung. Dressel ließ zwar eine Hintertür offen, indem er sagt, man weiche „keinem Gespräch aus“. Doch unterm Strich plädierte er für Neuwahlen statt einer neuen GroKo: „Die Wähler haben uns ins Stammbuch geschrieben, sich in der Opposition zu erneuern.“

CDU-Fraktionschef André Trepoll griff das sofort auf: „Wer SPD gewählt hat, wollte die Partei in der Opposition? Wenn das so einfach ist, wähle ich nächstes Mal auch SPD.“ Trepoll wies auch zurück, dass es einen „Auftrag“ für eine Jamaika-Koalition gegeben habe. Vielmehr sei ja gar nichts anderes übrig geblieben, nachdem die SPD sich noch am Wahlabend „selbst aus dem Spiel genommen“ habe. Trepoll ließ gleichwohl Sympathie für Schwarz-Grün erkennen. Mit Blick auf seinen grünen Schlips sagte er: „Manchmal sagt eine Krawatte mehr als 1000 Worte.“

AfD zollt FDP "Respekt" - die will nichts davon hören

FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein wies alle Vorwürfe zurück. Die Wahrheit sei doch, dass man nach vier „mühsamen Wochen“ zu der Erkenntnis gelangt sei, dass es keine gemeinsame Basis für Jamaika gebe: „Wir waren nur die Ersten, die das ausgesprochen haben.“ Linke-Fraktionschefin Cansu Özdemir warf der FDP vor, es sei ihr einzig um die Abschaffung des Soli gegangen. Soziale Themen hätten in den Gesprächen keine Rolle gespielt. Der SPD riet sie zur „Rückbesinnung auf ihre sozialen Wurzeln“ und nicht zum Bündnis mit der Union.

AfD-Fraktionschef Alexander Wolf sprach von einer historischen Zäsur: Erstmals sei es den „Altparteien“ nicht gelungen, eine Regierung zu bilden. Der FDP zollte er „Respekt“ dafür, dass sie „einige Positionen von der AfD“ übernommen habe. In Reihen der Liberalen sorgte das für Protest, andere Abgeordnete riefen hämisch in Richtung FDP: „Siehste, das habt ihr nun davon.“