Hamburg. Das am Dienstag vorgestellte Hamburger Integrationskonzept soll Migranten mit konkreten Zielwerten bei der Integration unterstützen.

Rund 630.000 Menschen in Hamburg – knapp ein Drittel der Bevölkerung – haben einen Migrationshintergrund. Unter ihnen sind allein mehr als 50.000 Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren in die Stadt gekommen sind. Wie können und wie sollen diese Menschen in die Gesellschaft integriert werden? Die Antwort darauf hat der Senat am Dienstag in Form des „Hamburger Integrationskonzepts 2017“ vorgelegt.

Das Ungewöhnliche daran: Es gibt für jeden Teilbereich konkrete Zielwerte vor, die 2018 erreicht werden sollen. Einige Beispiele: So soll etwa die Quote der erwerbstätigen Migranten auf mehr als 65 Prozent steigen, nachdem sie 2016 bei 63 Prozent lag. Der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die die Schule mit einer Hochschulreife verlassen, soll auf 46 Prozent steigen, nachdem er 2014 noch bei unter 40 Prozent gelegen hatte. 2016 war er zwar bereits bei 45,8 Prozent angelangt, aber in der Quote sei die große Zuwanderungswelle zum Teil noch nicht enthalten, so der Senat.

Maximal sechs Wochen Wartezeit auf einen Kurs

Drittes Beispiel aus dem Bereich Sprache: Hier sollen mindestens 8000 Menschen pro Jahr an einem Integrationskursus teilnehmen, die Wartezeit auf den Beginn des Kurses soll maximal sechs Wochen betragen, und mindestens 60 Prozent der Teilnehmer sollen die Sprachprüfung B1 bestehen und ihr Sprachniveau nachweislich verbessern.

Die Zielwerte seien „sehr verbindlich“, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) und betonte: „Dieses Konzept erzeugt Handlungsdruck. Es muss geliefert werden.“ Sie hob allerdings auch hervor, dass das Konzept sich nicht nur an Migranten und Flüchtlinge richte, sondern an alle Hamburger: „Die Geflüchteten müssen bei der Integration mitmachen – genau wie alle Bürgerinnen und Bürger. Im Dialog und im vertrauensvollen, sachlichen Miteinander lernen wir als Gesellschaft und können das Integrationskonzept mit Leben füllen.“

Kommentar: Hoffnung auf Integration

In die Erarbeitung des Konzepts, das 2006 erstmals und 2013 letztmals erstellt worden war, hatte der Senat auch viele Interessenverbände und Bürger mit einbezogen – auch die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“, mit der 2016 eine Abkehr von Großunterkünften vereinbart worden war. So fanden rund 40 Veranstaltungen dazu statt, und es gab eine Online-Befragung, bei der die Bürger mitteilen konnten, welche Aspekte der Integration ihnen wichtig sind.

Lob für das 140-seitige Papier gab es vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Er hatte die Pläne des Senats begutachtet und sie als ein „sehr ausgereiftes, bewährtes und umfassendes Konzept“ bewertet. Geradezu überschwänglich lobte Jan Schneider vom Sachverständigenrat die Festlegung auf Zielwerte: Das sei „im Bundesvergleich einzigartig“. Ob die Zielwerte realistisch, ambitioniert oder zurückhaltend seien, könne er aber nicht beurteilen, so Schneider.

Das Konzept komme viel zu spät, kritisiert die CDU

Kritik kam hingegen von der Opposition. „Viel zu spät“ lege der rot-grüne Senat das lange versprochene Integrationskonzept vor, sagte Franziska Grunwaldt (CDU) mit Blick auf die große Flüchtlingswelle im Jahr 2015. „Der Senat hat mehrfach selbst betont, dass die ersten beiden Jahre maßgeblich für die Integration von zugewanderten Menschen seien“, so Grunwaldt.

„Starre Zielwerte und Indikatoren können nur ein kleiner Teil der Lösung sein“, sagte Jennyfer Dutschke (FDP). „Die Frage ist eher, ob die Menschen sich mit unseren Idealen und Werten identifizieren können und diese leben.“ Dass der Senat die Forderungen der FDP nach einer verstärkten Vermittlung von Normen und Werten in das Konzept aufgenommen habe, sei daher erfreulich. Auch Alexander Wolf (AfD) nannte diesen Umstand „begrüßenswert“. Insgesamt sei das Konzept aber „getränkt von der linken Ideologie, die Gesellschaft umzubauen und alle Unterschiede einzuebnen“. Dass sich alle Bürger an der Integration beteiligen sollten, erinnere an „Zwangsbeglückung durch den Nanny-Staat“, so Wolf.

SPD und Grüne wiesen das zurück: „Integration ist und bleibt eins der zentralen Themen für die Zukunft unserer Stadt. Es betrifft nahezu alle Lebensbereiche und geht daher auch alle etwas an“, sagte Filiz Demirel (Grüne). Das betonte auch Kazim Abaci (SPD): „Integration muss immer als ganzheitliche Aufgabe verstanden werden, in der viele unterschiedliche Aspekte zusammenfließen.“