Hamburg. Behörden kontrollieren Arbeitszeiten bei eigenen Beschäftigten zu wenig, kritisiert der Bürgerschaftsabgeordnete Richard Seelmaecker.

Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Richard Seelmaecker hat dem rot-grünen Senat vorgeworfen, bei der Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Arbeitszeiten mit zweierlei Maß zu messen. „Während das Amt für Arbeitsschutz regelmäßig unterwegs ist und in Privatunternehmen die Einhaltung des Arbeitsschutzes prüft und Verstöße ahndet, schaut der Senat bei eigenen Behörden und Ämtern weg und missachtet seine Fürsorgepflicht regelhaft“, sagt Seelmaecker.

Viele Kontrollen bei privaten Unternehmen

Der CDU-Politiker beruft sich auf die Senatsantworten auf mehrere seiner Kleinen Anfragen. Danach hat das Amt für Arbeitsschutz in den vergangenen vier Jahren im Durchschnitt rund 550 Betriebe pro Jahr hinsichtlich der Arbeitszeiten überprüft. Dabei gab es im Schnitt 170 Beanstandungen. Deutlich ist der Anstieg der Bußgeldbescheide, die wegen gravierender Verstöße gegen die Arbeitszeitbestimmungen verhängt wurden: Deren Zahl kletterte von fünf Bescheiden im Jahr 2014 über zwölf (2015) auf 26 im vergangenen Jahr. Auch die Summe der Bußgelder stieg deutlich von 11.350 Euro (2014) über 41.104 Euro (2015) auf 151.835 Euro (2016) an. Im laufenden Jahr wurden bereits Bußgelder in Höhe von 75.203 Euro verhängt.

Eine vergleichbare Überwachung der Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst gibt es offensichtlich nicht. „Alle Beschäftigten der Freien und Hansestadt Hamburg sind an Recht und Gesetz und die Verwaltungsvorschriften des Senats gebunden und haben diese einzuhalten. Grundsätzlich führen die Beschäftigten ihr Gleitzeitkonto eigenverantwortlich. Das Zeitkonto ist laufend durch die Mitarbeiter zu steuern“, antwortet der Senat auf die Frage von Seelmaecker, wie die Arbeitszeitvorgaben im öffentlichen Dienst eingehalten werden. Der Senat ergänzt, dass die Vorgesetzten Stichproben und auch nicht anlassbezogene Kontrollen durchführen können.

Viele Überlastungsanzeigen und Brandbriefe

Seelmaecker hält es für „absurd“ zu erwarten, die öffentlich Beschäftigten könnten die vorgegebenen Arbeitszeiten in allen Fällen von sich aus einhalten. „Durch Überlastungsanzeigen und Brandbriefe von Personalräten und Beschäftigten weiß der Senat als Dienstherr sehr wohl, dass viele Mitarbeiter permanent überlastet sind und zu viel arbeiten. Doch das ist ihm egal“, sagt der CDU-Politiker.

Für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, deren Arbeitszeiten elektronisch erfasst werden, hat der Senat ein Ampelsystem eingeführt. In der sogenannten Rotphase befinden sich Beschäftigte, wenn sie mehr als 80 Überstunden oder mehr als 40 Minusstunden auf ihrem Konto haben. Nach Angaben des Senats trifft das derzeit auf immerhin 632 Mitarbeiter zu. „Ein rotes Ampelkonto ist nicht gleichbedeutend mit einem Verstoß gegen das Arbeitszeitschutzgesetz“, sagt Bettina Lentz, Leiterin des Personalamts. „Wir messen überhaupt nicht mit zweierlei Maß. Der Vergleich zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst hinkt“, sagt auch Reinhard Rieger vom Personalamt. Mitarbeiter und Vorgesetzte würden Maßnahmen vereinbaren, um wieder in den „grünen“ Bereich zu kommen.

Überstunden werden am Monatsende gestrichen

Seelmaecker weist darauf hin, dass zum Beispiel die besonders belastete Staatsanwaltschaft von dieser Regelung nicht erfasst ist, weil deren Mitarbeiter noch herkömmlich „stempeln“. Hier gilt die Regel, dass alle Überstunden am Monatsende gestrichen werden, die über die Zahl 20 hinausgehen.