Trotz des Steuerplus bleibt in Hamburg nur wenig Spielraum für Mehrausgaben

Man muss sich den Hamburger Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) als glücklichen Politiker vorstellen. Seit er das Amt des Hüters der Zahlen im Senat 2011 übernahm, konnte er Jahr für Jahr Steuermehreinnahmen verkünden. Der aktuelle Rekordwert wird sich laut Prognose auf 11,121 Milliarden Euro für 2017 belaufen – das ist ein Plus von rund 25 Prozent seit Tschen­tschers Amtsantritt. Und die Tendenz verspricht über die nächsten Jahre weiter steigende Einnahmen.

Angesichts dieser vergleichsweise komfortablen Lage kommen dem Sozialdemokraten Wörter wie „Sparpaket“ oder „Giftliste“ – fester Bestandteil des Vokabulars seiner Vorgänger – nicht über die Lippen. Das heißt nicht, dass in Hamburg nicht gespart und geknapst wird. Finanzsenatoren und -minister sind immer Zuchtmeister der Regierungen und ihrer bisweilen ausgabefreudigen Ressortchefs. Auch Hamburg muss das Geld aus zwei zentralen Gründen zusammenhalten: Erstens kommt die nächste Rezession mit einem Einbruch der Steuereinnahmen bestimmt. Und zweitens drückt den Stadtstaat die immense Schuldenlast von mehr als 23 Milliarden Euro. Wer es also ernst meint mit der Generationengerechtigkeit, kommt um Ausgabendisziplin nicht herum.

Der Autor leitet das Ressort Landespolitik des Abendblatts
Der Autor leitet das Ressort Landespolitik des Abendblatts © HA / A.Laible

Im Grunde ist der Weg, den Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und sein Finanzsenator Tschentscher nach dem Regierungswechsel vor sechs Jahren eingeschlagen haben, vernünftig. Die jährliche Ausgabensteigerung wird für alle Behörden und staatlichen Institutionen auf rund ein Prozent begrenzt, unabhängig von der Wirtschaftslage und dem daraus resultierenden Steueraufkommen. Das ist der Wert, der der langfristigen Steigerungsrate der Steuereinnahmen entspricht. Ein Prozent ist wenig, wenn wie jetzt die Steuereinnahmen sprudeln. Aber ein Prozent kann ein Halteseil sein, wenn die Konjunktur einbricht.

Trotzdem gibt es Einrichtungen wie die Hochschulen oder die Theater, die unter dieser Marge ächzen, schließlich deckt ein Prozent mehr pro Jahr keinesfalls die Teuerungsraten durch Inflation oder Tarifsteigerungen ab. Der Druck auf den Senat wird wachsen, an der einen oder anderen Stelle nachzugeben und spendabler zu sein.

Schon jetzt gilt allerdings für das rot-grüne Bündnis längst nicht immer die reine Finanzlehre der Herren Tschentscher und Scholz. Für die bessere Ausstattung der Ganztagsschulen waren 2016 plötzlich 40 Millionen Euro da. Das war der Preis für die Einigung mit der Volksinitiative „Guter Ganztag“. Und Innensenator Andy Grote (SPD) will gerade jetzt die Polizei im Kampf gegen Anschläge besser ausrüsten. Das Anti-Terror-Paket sieht Investitionen von 30 Millionen Euro vor – Geld, das die Innenbehörde nicht hat und das daher der allgemeinen Rücklage entnommen werden soll.

Es muss weiterhin für Senat und Bürgerschaft möglich sein, auf unvorhergesehene Lagen angemessen zu reagieren. Alles andere wäre das Ende von Politik. Das gilt nicht nur für die Terrorgefahr, wie der furchtbare Anschlag in Manchester gerade wieder bewiesen hat. Das gilt selbstverständlich auch für die enorme finanzielle Anstrengung, die die starke Zuwanderung von Flüchtlingen erforderlich gemacht hat. Sicher: Der Bund trägt erheblich zur Finanzierung bei. Dass Hamburg die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge besser gelöst hat als manch andere Kommune, ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass ein Finanzpolster vorhanden war und ist.