Hamburg. Mehr als 630.000 Hamburger haben inzwischen einen Migrationshintergrund. Innerhalb der Hansestadt existieren große Unterschiede.
Seit dem Herbst 2015 ist das Thema Migration in aller Munde – und Metropolen wie Hamburg gelten weltweit als Zuzugsorte. Das Statistische Amt hat nun auf der Grundlage des Melderegisters herausgearbeitet, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund in der Hansestadt leben und in welchen Bezirken und Stadtteilen sie Wurzeln geschlagen haben.
Den Zahlen zufolge hat mehr als jeder dritte Bewohner Hamburgs einen Migrationshintergrund. Das sind derzeit mehr als 630.000 Menschen bzw. rund 34 Prozent. Gut jeder Zweite von ihnen besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, was darauf schließen lässt, dass ein großer Teil von ihnen in Deutschland geboren wurde. So zählt das Statistikamt auch jene in Deutschland geborenen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren mit deutscher Staatsangehörigkeit zu Migranten, bei denen sich der Migrationshintergrund aus der Erfahrung der Eltern ableitet.
Seit 2015 stieg die Zahl der Migranten deutlich
Gegenüber dem Jahr 2009 stieg die Zahl der Migranten in der Hansestadt um mehr als 145.000. Signifikant – allerdings wenig überraschend – ist der Anstieg seit 2015, dem Jahr, in dem die Flüchtlingskrise ihren Höhepunkt erreichte. Anfang jenes Jahres lebten rund 570.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Hamburg. Bis Ende 2016 stieg ihre Zahl um rund 60.000. Flüchtlinge werden zu Hamburgern mit Migrationshintergrund, sobald sie in das Melderegister der Stadt eingetragen werden. Das geschieht, wenn sie in eine Erstaufnahmeeinrichtung einziehen.
Migranten in Hamburgs Bezirken (Stand: 31.12.2016)
Die Verteilung der Hamburger mit Migrationshintergrund in der Stadt ist sehr unterschiedlich. Fast ein Viertel von ihnen lebt im Bezirk Mitte. Ihr Anteil an der Bevölkerung liegt dort bei fast 50 Prozent. Überdurchschnittlich viele Migranten leben auch im Bezirk Harburg (44,3 Prozent). In den Bezirken Nord, Eimsbüttel und Wandsbek beträgt ihr Anteil an der Bevölkerung zwischen 27 und 30 Prozent.
Die hohe Konzentration von Menschen mit Migrationshintergrund im Bezirk Mitte spiegelt sich auch darin wider, dass die Stadtteile mit dem größten Anteil dort liegen. In Billbrook (85 Prozent), auf der Veddel (72) und in Hammerbrook (69) liegt der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung besonders hoch. In den Stadtteilen der Vier- und Marschlande beträgt ihr Anteil dagegen weniger als zehn Prozent.
Wohnungsmarkt entscheidet über Verteilung
Dass Menschen mit Migrationshintergrund in bestimmten Stadtteilen besonders häufig zu finden seien, liege an den Wohnungsbeständen, sagt die Hamburger Stadtsoziologin Prof. Ingrid Breckner. „Die Menschen gehen dahin, wo sie günstigen Wohnraum finden. Und sie ziehen weg, wenn ihnen der soziale Aufstieg gelingt.“ Im Ergebnis entstünden Stadtteile mit einem „Loser-Image“ und eine weitere Verfestigung der sozialen Lage mit der Gefahr von Radikalisierung, wenn junge Menschen keine Perspektive erkennen.
„Bildung spielt da eine ganz wichtige Rolle“, sagt Breckner. Im Idealfall sollten die Schulen in solchen Stadtteilen so gut sein, dass sie Kinder und Eltern aus anderen Stadtteilen anlockten. Derzeit gelinge es Schulen in vielen Fällen jedoch nicht, Jugendliche mit Migrationshintergrund so zu fördern, dass ein Berufseinstieg klappe. Dies gelte sogar, wenn sie ein gutes Abiturzeugnis hätten. „Die Studenten sind sehr fleißig und mündlich perfekt, aber sie schreiben ein fehlerhaftes Deutsch.“ Damit blieben ihnen Berufe verschlossen, für die sie sich mit Studium qualifizierten.
Investitionen in die Bildung seien nicht nur sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich, sagt die Stadtsoziologin. Gut ausgebildete Menschen mit Migrationshintergrund würden später in der Regel ohne finanzielle Unterstützung des Staates zurechtkommen.
Wie wichtig gerade die Bildungsbedingungen sind, zeigt die Tatsache, dass der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der Hamburger Gesamtbevölkerung in den jüngeren Altersgruppen deutlich höher ist als unter den älteren Menschen. Den Statistikern zufolge hat die Hälfte der unter 18-jährigen Hamburger einen Migrationshintergrund. Bei den Über-65-Jährigen sind es dagegen nur 15 Prozent (Frauen) und 18 Prozent (Männer).
Teils 90 Prozent Migranten unter Jugendlichen
In einigen Stadtteilen wie Billbrook, Veddel und Hammerbrook liegt der Anteil von jugendlichen Migranten bereits bei mehr als 90 Prozent. Betrachtet man die Bezirke, so liegt auch in diesem Punkt Hamburg-Mitte vorn: Dort haben 71 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren einen Migrationshintergrund. In den Bezirken Eimsbüttel und Hamburg-Nord beträgt die Quote dagegen lediglich 41 Prozent.
Die mit Abstand häufigsten Bezugsländer der Hamburger mit Migrationshintergrund sind die Türkei und Polen mit einem Anteil von 15 beziehungsweise zwölf Prozent an der Gesamtzahl der Migranten. Durch den Flüchtlingszustrom seit 2015 sind Bezugsländer wie Syrien, Afghanistan, der Irak und Eritrea in den Fokus gerückt