Hamburg. Fehlzeiten und unbesetzte Stellen: Allein in der JVA Billwerder fielen 48 Sprechstunden aus. Für die FDP ist das „nicht hinnehmbar“.

Die Situation in Hamburgs Gefängnissen ist angespannt: Aufgrund hoher Fehlzeiten und unbesetzter Stellen können die Gefangenen in den Haftanstalten teilweise nicht mehr wie vorgesehen medizinisch betreut werden. Allein in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder sind seit Januar 48 Sprechstunden ausgefallen. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein hervor.

Unter den ausgefallenen Betreuungsterminen waren auch sieben psy­chiatrische Sprechstunden und sieben Methadonsprechstunden für Drogen­abhängige. „Das ist nicht hinnehmbar“, kritisierte die Fragestellerin Anna von Treuenfels-Frowein. Für die anderen Gefängnisse werden ausgefallene Sprechstunden laut der Senatsantwort dagegen nicht erfasst.

Vollzugsbeamte geben Medikamente aus

Die neuen Zahlen belegen einen Teil der Vorwürfe des Landesverbands der Hamburgischen Strafvollzugsbediensteten, der von gefährlichen Zuständen gesprochen hatte. So müssten reguläre Vollzugsbeamte sehr häufig Medikamente ausgeben, da kein medizinisches Fachpersonal vor Ort sei. Zudem stünden die Beamten unter Druck, damit steige das Fehlerrisiko. „Unsere Kolleginnen und Kollegen werden täglich verheizt“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft, René Müller.

Der Senat versichert dagegen in seiner Antwort auf die Anfrage der FDP: „Die medizinische Versorgung im Justizvollzug ist sichergestellt.“ Es bestehe kein „Personalnotstand“. In Billwerder werde die Betreuung trotz der ausgefallenen Sprechstunden etwa mit Ausführungen zu Fachärzten und der Überweisung ins Zentralkrankenhaus des Gefängnisvollzugs gewährleistet.

Fehlzeiten betragen fast 30 Prozent

Nach der Statistik arbeiten annähernd so viele Ärzte wie vorgesehen in den Gefängnissen – fünf volle Stellen für Psychologen und zehn Stellen für Pflegekräfte waren dagegen Ende März unbesetzt. Die Fehlzeiten der Mitarbeiter in der ambulanten Versorgung sind hoch: So fiel in der JVA Hahnöfersand im Januar fast jede vierte Arbeitsstunde aus, im Zentralkrankenhaus erreichte die Fehlzeitenquote im selben Monat sogar 28,9 Prozent. Die JVA Fuhlsbüttel weist mit 9,1 Prozent noch die beste Fehlzeitenquote auf.

Laut Senat laufen derzeit mehrere Ausschreibungen, um die unbesetzten Stellen im medizinischen Bereich zu füllen. Die FDP-Politikerin Anna von Treuenfels-Frowein attackiert den Senat allerdings scharf: „Die Mitarbeiter müssen die Folgen eines politischen Miss­managements ausbaden.“ Sie forderte Justizsenator Till Steffen (Grüne) auf, „endlich für ausreichend Personal zu sorgen“.