Hamburg. Bilanz: Die Unterkünfte würden besser, Flüchtlinge gerechter über Hamburg verteilt. Die Opposition interpretiert die Zahlen anders.

Mehr Folgeunterkünfte, keine Zelte, kaum noch Baumärkte und erfolgreich bei der Flächensuche – unmittelbar vor Jahresende hat Hamburgs Flüchtlingskoordinator Anselm Sprandel eine positive Bilanz seiner Arbeit gezogen. Im Jahr 2016 seien in 31 neuen Folgeunterkünften mehr als 10.000 Plätze für Flüchtlinge entstanden, erklärte Sprandel am Mittwoch. 2450 sogenannte prekäre Unterkunftsplätze in Baumärkten, Zelten oder Hallen konnten dagegen abgebaut werden. Der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) habe zudem ein Notfallmanagement aufgebaut und gewährleiste so den reibungslosen Betrieb in den Unterkünften.

Im Verlaufe des Jahres war die Zahl der Flüchtlinge, die Hamburg zugewiesen wurden, deutlich gesunken. Während im Januar und Februar noch 2334 bzw. 2342 Personen gezählt worden waren, die in Hamburg blieben, lag ihre Zahl von August bis November im Durchschnitt bei 430 Personen. Bis zum 23. Dezember wurden Hamburg in diesem Jahr 9360 Flüchtlinge zugewiesen. Im Jahr 2015 sind es rund 22.300 gewesen.

Rund 800 Millionen Euro wird Hamburg dieses Jahr aller Wahrscheinlichkeit nach für Flüchtlinge ausgeben. Der kurz vor Weihnachten von der Bürgerschaft verabschiedete Doppelhaushalt für 2017 und 2018 sieht Zahlungen in ähnlicher Größenordnung vor.

Kaum noch Provisorien in den Erstaufnahmen

Als Folge des Rückgangs der Flüchtlingszahlen habe man sich stärker auf die Qualität in der Unterbringung und mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung über die Bezirke konzentrieren können, erklärte Sprandel. Demnach gebe es in den Erstaufnahmen kaum noch Provisorien. Zudem sei das zentrale Ankunftszentrum in Rahlstedt in Betrieb genommen worden. Nach Darstellung des ZKF wurden im Verlauf des Jahres 16 Erstunterkünfte geschlossen. In den verbliebenen Erstunterkünften sei die Zahl der untergebrachten Flüchtlinge reduziert worden. Dadurch habe sich deren Aufenthaltsqualität verbessert und das Konfliktpotenzial sei reduziert worden.

Ungelöst ist zu Jahresende allerdings nach wie vor die große Zahl an Überresidenten, also jenen Flüchtlinge, die zwar einen gesetzlichen Anspruch auf eine Unterbringung in einer Folgeeinrichtung oder in eigenen Wohnraum haben, aber noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben müssen. „Derzeit zählen wir rund 6600 Überresidente, Ende Juni dieses Jahres waren es noch etwa 10.000“, erklärte Sprandel.

Neue Folgeunterkünfte wurden errichtet

Unter den 31 neuen Folgenunterkünften, die in den vergangenen zwölf Monaten errichtet wurden, sind dem ZKF zufolge 16 Einrichtungen mit weniger als 300 Plätzen. Zuletzt wurde die Folgeunterkunft „Am Röhricht“ (bekannt auch als Aschenland II) in Neugraben-Fischbek eröffnet. Stadt und Vertreter von Bürgerinitiativen aus verschiedenen Stadtteilen hatten im Sommer mehrere Bürgerverträge geschlossen.

Im Kern einigte man sich auf die sogenannte 3 x 300er-Regel: 1. Es wird in Hamburg maximal 300 Flüchtlingsheime geben. 2. Neue Einrichtungen werden nicht mehr als 300 Plätze haben. 3. Bestehende Flüchtlingsunterkünfte, die größer sind, müssen erst Ende 2019 die Zielzahl 300 Plätze erreicht haben.

Das ZKF stehe vor der Herausforderung, „eher kleinere und dezentralere Standorte zu realisieren, möglichst in Stadtteilen, in denen sich noch keine Flüchtlingsunterkunft befindet“, erklärte Sprandel. Von Januar bis Mitte Dezember habe das ZKF 667 Angebote zu Flächen und Gebäuden auf ihre Eignung zur Unterbringung von Flüchtlingen geprüft. In letzter Instanz seien 44 Flächen mit insgesamt 6480 Unterkunftsplätzen für „in Ersteinschätzung geeignet“ befunden worden.

Die Schlichtung von in und rund um Flüchtlingsunterkünfte gehöre zur alltäglichen Arbeit des ZKF, erklärte Sprandel weiter. Man setze dabei vor allem auf Mediation. So sei es dem ZKF durch die Vermittlung geeigneter Räumlichkeiten gelungen, das Ehrenamt für verschiedene Einrichtungen wie dem Bargkoppelstieg und mehreren Kleiderkammern zu stärken.

Opposition sieht die Flüchtlingspolitik des Senats kritisch

Die Opposition sieht die Flüchtlingspolitik des rot-grünen Senats allerdings deutlich kritischer. Sie kritisierte in den vergangenen Monaten vor allem den freizügigen Umgang mit Steuergeld im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. Die CDU bemängelte zum Beispiel, dass für 30 Millionen Euro Wohncontainer gekauft wurden, die dem Brandschutz nicht entsprechen.

In der Oktaviostraße in Wandsbek wurde vor wenigen Wochen ein erst im vergangenen Jahr für 2,5 Millionen Euro errichtetes Flüchtlingsheim mit 728 Plätzen geschlossen, weil auf dem Gelände 24 Luxuswohnungen gebaut werden sollen. Die FDP wies nach, dass die Betreiberverträge für Flüchtlingsheime nicht den üblichen Hamburger Standards entsprächen.