Hamburger Grüne raten zu mehr Emotionen in der politischen Auseinandersetzung mit der „Alternative für Deutschland“.

Hamburg. Die grüne Hamburger Bundestagsabgeordnete Anja Hajduk und der grüne Justizsenator Till Steffen haben ein „Thesenpapier zum politischen und kommunikativen Umgang mit der AfD“ erarbeitet. Titel: „Toleranz und Pluralismus verteidigen. Mehr Kinderschokolade im Umgang mit der AfD!“ In dem fünfseitigen Papier, das dem Abendblatt vorliegt, betonen die Spitzengrünen, dass es in Deutschland laut Studien eine „ganz große Mehrheit“ für die Vielfalt der Gesellschaft gebe.

„Im Deutschland von heute ist man genauso Deutscher, wenn der Vater aus Ghana kommt, wenn man nach Mekka fährt oder wenn man in der Freizeit Lederhosen trägt“, so die Autoren. „Im Deutschland von heute ist es egal, ob bei einer Hochzeit Mann und Frau oder zwei Männer heiraten. Hauptsache, die zwei lieben sich und stehen füreinander ein.“ Es sei „egal, ob der Mann das Geld nach Hause bringt, die Frau oder beide zusammen. Hauptsache, den Kindern geht’s gut, alle sind zufrieden und die Frau bekommt für gleiche Leistung das gleiche Geld“. Die AfD dagegen unterteile in „echte und unechte Deutsche“, beteilige sich an Hetze gegen Homosexuelle und spreche von „Genderwahn“.

Zwar behaupte die AfD, sie sei ein „Anwalt der Mehrheit“ und „ganz nah am Volk“. Das aber sei falsch, wie Studien belegten. „Derjenige, der sich für die liberale Gesellschaft und für unsere freiheitliche, demokratische Grund­ordnung einsetzt, ist der Anwalt der Mehrheit“, so Hajduk und Steffen.

Grüne: Problem mit extremistischen Gruppen

Da die AfD auf (negative) Emotionen wie Angst, Wut, Enttäuschung und in den sozialen Netzwerken auch auf Hass setze, sei sie „nicht (allein) mit rationalen Argumenten zu besiegen“, so die Grünen. „Der Botschaft von Angst und Spaltung müssen wir deswegen eine emotionale Botschaft entgegensetzen. Das alles empört durchaus, und das müssen wir auch nicht verstecken, und es kann deswegen auch ein Teil der Antwort sein. ,Nur die Liebe zählt‘ ist bei der Homoehe aber ein schönes Beispiel, wie eine Botschaft viel leichter Hegemonie gewinnen kann, wenn man nicht nur das trockene Argument der Gleichberechtigung bemüht. Und das beste Beispiel ist sowieso Kinderschokolade: Der Rassismus, der zutage kam, als Kinderbilder von Nationalspielern gezeigt wurden, begegnete kollektiver Heiterkeit.“ Weil „rechte Hetze im Netz“ den „Weg zur Gewalttat“ zu verkürzen scheine, müsste aber auch klargemacht werden, dass die klaren Regeln des Strafgesetzbuches für alle gölten.

Hajduk und Steffen widersprechen der These, „dass die AfD berechtigte Sorgen aufgreife“. Es gebe „nicht das Problem mit dem Islam“, sondern „ein Problem mit extremistischen Gruppen“, schreiben sie. „Hier hilft es weder, Probleme unter den Tisch zu kehren, noch im Oppositionsreflex Erfolge, die wir in der Gesellschaft erreichen, kleinzureden. Auf diesem schmalen Grat müssen wir mit viel Ehrlichkeit Kritik äußern und Selbstkritik im interreligiösen Dialog einfordern. Diese Kritik ist wirkungsvoll, wenn sie problemlösungsorientiert ist.“

Trotz der Krise der EU betonen die Grünen-Politiker, dass es „für viele grenzüberschreitende Probleme keine überzeugenden nationalen Lösungen geben“ könne. Auch die Mehrheit der Deutschen bewerte die EU trotz aller Mängel positiv. Mit Blick auf den Bundestagswahlkampf fordern beide einen eher defensiven Ansatz der Grünen. Statt über neue gesellschaftliche Veränderungen nachzudenken, „wird es unsere Rolle sein müssen, dafür zu stehen, dass vieles so bleibt, wie es ist“. Damit änderten sich Schwerpunkte und Rhetorik im Wahlkampf, so Hajduk und Steffen. „Wir wollen Vielfalt bewahren und die freiheitliche, demokratische Grundordnung sowie selbstbewussten Parlamentarismus verteidigen.“

Das ganze Papier finden Sie hier.

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