Hamburg. 550 Mitglieder hat die AfD nach eigenen Angaben in der Hansestadt. Das Abendblatt stellt die führenden Köpfe der Partei vor.
2013 wurde der Landesverband der AfD in Hamburg gegründet. 2015 zogen die Rechtspopulisten mit 6,1 Prozent der Stimmen in der Bürgerschaft. Zudem ist die Partei mit 13 Abgeordneten in sechs Bezirksversammlungen vertreten, in allen außer Eimsbüttel. Das Abendblatt stellt die Protagonisten der Partei vor.
Jörn Kruse
Manchmal tut Kruse so, als wisse er gar nicht, wo er da hineingeraten ist. Dann schimpft der Chef der Bürgerschaftsfraktion über das schwachsinnige“ Programm seiner Partei, attackiert die Bundesspitze und lobt das Multikultileben im Silicon Valley oder Bürgermeister Olaf Scholz. Das fällt ihm nicht schwer, war der 67 Jahre alte emeritierte Wirtschaftsprofessor doch 25 Jahre lang SPD-Mitglied, bis er genervt austrat. Als Vertrauter von Bernd Lucke gehörte Kruse zu den AfD-Mitbegründern. Nach Luckes Austritt legte Kruse seine Parteiämter nieder, blieb aber Fraktionschef – auch wenn er sagte, er „schäme“ sich für einiges in der AfD. Mit den 8000 Euro, die er als Fraktionschef bekommt, lässt es sich womöglich gut schämen. Kruse hat jetzt angekündigt, im Herbst erneut für das Amt zu kandidieren.
Bernd Baumann
Der aus dem Ruhrgebiet stammende promovierte Wirtschaftswissenschaftler, Immobilienunternehmer und frühere Medienmanager Bernd Baumann (58) führt Hamburgs AfD seit 2015. Er hält die Partei für Teil „einer großen Bewegung, im Grunde des ganzen Westens, in der es darum geht, bestimmte seit Ende der 60er-Jahre durch links-grüne Ideologie zerstörte Grundlagen abendländischer Gesellschaften wieder zum Leben zu erwecken“. Sein zweites großes Thema ist der Islam. Die AfD müsse „verhindern, dass unsere abendländischen Gesellschaften im Kern Schaden nehmen, weil sich Ausprägungen des Islams hier verwurzeln, die nicht zu unseren Werten passen und unsere Verhaltenskultur zu überlagern drohen“, so Baumann, der auch stellvertretender Chef der Bürgerschaftsfraktion ist.
Krzysztof Walczak und Delphine Thiermann
Krzysztof Walczak (21) ist ein Musterbeispiel für Integration und Aufstieg: Der Hamburger Vorsitzende der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative wurde in Polen als Sohn eines Lastwagenfahrers geboren, wuchs in Northeim auf und studiert jetzt an der Bucerius Law School Jura. Er sagt: „Es muss für Zuwanderer einen deutlichen Anpassungsdruck geben, so wie das historisch auch immer gewesen ist.“ Seine Stellvertreterin Delphine Thiermann (25) studiert Jura an der Uni Hamburg – und kritisiert die „grotesken Züge“, die Feminismus, „Gender-Mainstreaming“ und eine „entmannte Sprache“ aus ihrer Sicht zuletzt angenommen haben.
Alexander Wolf
Der stellvertretende Parteichef und promovierte Jurist Alexander Wolf (49) wurde in Leipzig geboren. Seine Familie litt unter den Schikanen des Regimes, konnte 1979 ausreisen und zog nach München. Kurz vor seinem Abitur verunglückten seine Eltern bei einem Autounfall, die Mutter starb, der Vater wurde zum Pflegefall. Während seines Studiums an der LMU gründete Wolf den Hochschulverband der „Republikaner“ und trat der Burschenschaft Danubia bei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Wolf, der zwei Kinder hat und eine Kanzlei für Wirtschaftsrecht an der Moorweide betreibt, ist „Alter Herr“ der Danubia. In Namibia, wo seine Schwiegereltern bei einem Autounfall starben, war er Mitglied der Verbindung „Waffenring“. Wolf bezeichnet sich selbst und die AfD als „nationalliberal“.
Nicole Jordan
Nicht wegen Euro- oder Flüchtlingskrise trat Nicole Jordan (42) Ende 2014 in die AfD ein – sondern weil sie sich über die „Arroganz“ der SPD in Wilhelmsburg geärgert habe. Dabei war sie früher selbst SPD-Mitglied. Mit „Multikulti“ habe sie kein Problem, wenn es funktioniere, sagt die Wilhelmsburgerin. Im Mai 2015 gab die gelernte Rechtsanwaltsgehilfin ihren Job und den Posten als Betriebsratsvorsitzende bei der GWG Gewerbe auf und wechselte als Mitarbeiterin zur AfD-Bürgerschaftsfraktion. Die verheiratete Mutter einer Tochter ist Landesschatzmeisterin und Chefin der AfD Mitte. Im Juli plakatierte eine „Antifaschistische Aktion“ in halb Wilhelmsburg eine Art Steckbrief von Jordan und Namen und Adresse auch ihres Mannes und ihrer minderjährigen Tochter unter dem Titel „Achtung, RassistInnen im Viertel“.
Jens Eckleben
Der in der DDR geborene Krankenpfleger und Außenhandelskaufmann Jens Eckleben organisierte im Auftrag von Bernd Lucke die Gründung des AfD-Landesverbands im April 2013. In Wendezeiten war er zeitweise Mitglied der Grünen in der DDR gewesen, 1991 kam er nach Hamburg. 2010 trat er in die als rechtspopulistisch eingeschätzte und mittlerweile vom Verfassungsschutz beobachtete Partei „Die Freiheit“ ein und wurde 2011 deren Landesvorsitzender in Hamburg. Ende 2011 trat er nach eigenen Angaben wieder aus. Eckleben ist AfD-Bezirkschef in Nord und dort auch Abgeordneter der Bezirksversammlung. Er ist (auch bei Facebook) sehr gut vernetzt, gilt als islamkritisch, als früher Lucke-Gegner und Petry-Anhänger – und ist in der Hamburger AfD-Spitze wohl auch deswegen nicht bei allen beliebt.
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