Hamburg. In der aktuellen Stunde der Bürgerschaft wurden am Mittwoch Forderungen nach einem Rücktritt von Justizsenator Till Steffen laut.
In seiner letzten Amtszeit zu schwarz-grünen Zeiten galt er noch als der handwerklich beste grüne Senator. Seit Till Steffen aber vor gut einem Jahr erneut die Leitung der Justizbehörde übernommen hat, läuft einiges schief in seinem Verantwortungsbereich. Entsprechend hart fiel die Kritik der Opposition am Mittwoch in der aktuellen Stunde der Bürgerschaft aus.
„Seit Ihrer Amtsübernahme reiht sich ein Justizskandal an den nächsten“, konstatierte CDU-Rechtspolitiker Richard Seelmaecker und zählte „drei wesentliche Fälle“ auf, in denen Strafgefangenen wegen Fehlern der Justiz entlassen werden mussten: Im August 2015 kamen zwei wegen Totschlags verurteilte Männer aus der Untersuchungshaft frei – wegen unverhältnismäßig langer Dauer des Revisionsverfahrens. Im Oktober musste ein Mann, der im Bus auf einen anderen eingestochen hatte, aus der Untersuchungshaft entlassen werden – ebenfalls wegen des zu langen Verfahrens. „Und im Mai 2016 der traurige Höhepunkt: Entlassung eines wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf Fällen verurteilten Sicherungsverwahrten“, so Seelmaecker – weil er nicht ordentlich therapiert worden war.
Härtere Kontrolle für Steffen gefordert
Statt Verantwortung für diese und andere Probleme der Justiz zu übernehmen, schlage sich Steffen „seitlich in die Büsche“, so Seelmaecker. „Diese grün gestaltete und rot geduldete Justizpolitik ist zum Sicherheitsrisiko geworden. Wir haben ein Chaos in der Justiz.“ Die CDU stelle dem Justizsenator jetzt zwei Bewährungshelfer zur Seite – nämlich Bürgermeister Olaf Scholz und SPD-Fraktionschef Andreas Dressel, die Steffen künftig stärker kontrollieren müssten.
„So leitet man keine Behörde“, befand wenig später FDP-Justizpolitikerin Anna von Treuenfels. Die Skandale erschütterten das Vertrauen der Bürger in Justiz und Resozialisierung. Überlange Verfahrensdauern seien überdies ein Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention. Die FDP fordere eine Vorlage aller Akten – und den Rücktritt des Justizsenators. Linken-Justizpolitiker Martin Dolzer warnte vor dem „populistischen Ausschlachten von Einzelfällen“.
Senator lobt indes Zusammenarbeit
Der AfD-Abgeordnete Dirk Nockemann dagegen forderte, Steffen solle sich nicht so viel um Cannabisfreigabe und Straffreiheit für Schwarzfahrer kümmern, sondern lieber für vernünftige Strukturen in seiner Behörde sorgen. SPD-Justizpolitiker Urs Tabbert versprach, die Koalition werde „alles dafür tun, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt“.
Der gescholtene Justizsenator selbst betonte zunächst, dass er sehr froh sei, dass der Sexualstraftäter nach Verstößen gegen Auflagen nunmehr wieder in Haft sei – vor allem wegen der guten Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei. Unter seiner Verantwortung habe es in der Hamburger Justiz den größten Personalzuwachs seit 20 Jahren gegeben. „Für die Zukunft ist sichergestellt, dass sich das nicht wiederholt“, so Steffen. „Die Frage, wie es zu der Entlassung kommen konnte, untersuchen wir nun genau.“