Die Nachfolgediskussion hat begonnen. Mehrere Abgeordnete der künftigen CDU-Fraktion haben Wersich aufgefordert, den Weg freizumachen.
Hamburg. Neuer starker Mann in der CDU-Bürgerschaftsfraktion könnte der Justizpolitiker André Trepoll werden. Der 37 Jahre alte Jurist und frühere Vorsitzende der Jungen Union gilt als wahrscheinlicher neuer Fraktionsvorsitzender, wenn Dietrich Wersich auf eine Wiederwahl verzichtet. Trepoll, der seit zehn Jahren der Bürgerschaft angehört und in Süderelbe fest verankert ist, verfügt über parlamentarische Erfahrung und ist ein schlagfertiger Redner mit konservativem Profil. Trepolls Problem: Er müsste seinen Posten als Justiziar des Unternehmensverbandes Hamburg aufgeben – Fraktionsvorsitzender ist ein Fulltime-Job.
Nach Informationen des Abendblatts hat die Schulpolitikerin Karin Prien, die ebenfalls als neue Fraktionschefin gehandelt wurde, inzwischen abgewunken. Die Blankeneserin soll sich nicht ausreichender Unterstützung in ihrem Kreisverband Altona/Elbvororte sicher gewesen sein.
Mehrere Abgeordnete der künftigen CDU-Fraktion haben Wersich offen aufgefordert, den Weg freizumachen. „Ich empfehle ihm, den Fraktionsvorsitz nicht anzustreben, damit tut er sich keinen Gefallen“, sagte der Billstedter Abgeordnete David Erkalp. Die CDU brauche personell und inhaltlich eine Neuausrichtung: „Dieses ganze Großstadt-Liberale, dieses Wischiwaschi und Larifari, das hat uns nicht gut getan. Wir müssen wieder Ecken und Kanten zeigen.“ Und der Wandsbeker Abgeordnete Ralf Niedmers sagte: „Ich habe Dietrich Wersich empfohlen, nicht wieder zu kandidieren, gleichwohl halte ich es für richtig, dass er eine tragende Rolle in der Fraktion übernimmt.“
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Auch Innenexperte Joachim Lenders legt sich fest. „Ich glaube, dass Dietrich Wersich angesichts des Wahlergebnisses irgendwann zu der Erkenntnis gelangt, dass es ein Weiter-so nicht geben kann. Die Forderung, auch sein Mandat abzugeben, halte ich aber für unredlich. Schließlich hat er für die CDU und die Fraktion jede Menge geleistet“, so Lenders. Auch Karl-Heinz Warnholz, Vorsitzender der Rahlstedter Union, sagte, er gehe davon aus, dass Wersich auf den Vorsitz verzichte.
Andere Abgeordnete wollten sich noch nicht festlegen. Für den CDU-Abgeordneten aus dem Bezirk Nord, Jens Wolf, ist klar: Der Neuanfang der CDU hänge jetzt nicht an einer einzigen Person, nicht an Dietrich Wersich allein. Die Konsequenzen aus dem Wahl-Debakel seien eine Gemeinschaftsaufgabe – ob mit oder ohne Wersich an der Spitze der Fraktion. Für Wersich spreche, dass er einen engagierten Wahlkampf geführt habe. Andere sagen, er habe hohe Sachkompetenz und bringe Ruhe in die Fraktion. Gleichzeitig spreche das schlechte Wahlergebnis gegen einen Neuanfang mit ihm. Schließlich sei er der oberste Verantwortliche. Ein Neuanfang mit der alten Spitze – wie solle man das nach außen verkaufen, fragen CDU-Parlamentarier.
Auch der CDU-Abgeordnete Richard Seelmaecker aus Langenhorn will sich nicht festlegen: „Wir müssen nun erst einmal den Parteitag und die Beratungen in der Fraktion abwarten.“ Die Arbeit als Fraktionschef sei anspruchsvoll und zeitaufwendig. Unter Umständen müsse ein neuer Fraktionschef seinen bisherigen Beruf für die kommenden fünf Jahre auf Eis legen. Vielleicht, sagt einer, bleibe Wersich auch Fraktionschef aus Mangel an Alternativen.
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So scheint es dieser selbst zu sehen. „Ich stelle keine Forderungen bezüglich meiner Rolle in der neuen CDU-Fraktion“, hat Wersich bislang erklärt. Das schließe den Posten des Fraktionsvorsitzes ein. Eine klare Absage hört sich anders an, aber die Formulierung ist wohl so zu deuten, dass der Ex-Spitzenkandidat zurücksteht, wenn ein geeigneter Nachfolger gefunden wird. Andererseits: Sollten die Bemühungen um einen Nachfolger scheitern, stünde Wersich als Retter in der Not wohl bereit. (pum/dey/sba/cu)