Heftige Kritik in den sozialen Netzwerken an den Wahlverlierern. Von Mauscheleien in der Hamburger CDU ist die Rede. Wirft Dietrich Wersich hin?
Hamburg. Während die SPD mit Olaf Scholz den Grünen auch offiziell Koalitionsgespräche anbietet, zerlegen sich die Wahlverlierer. Die Vorwürfe von Hamburger CDU-Politikern gegen Spitzenkandidat Dietrich Wersich und Landeschef Marcus Weinberg in den sozialen Netzwerken werden immer heftiger. „Das Ergebnis des gestrigen Abends (Sitzung des CDU-Landesvorstandes, die Red.) ist beschämend“, schreibt dort etwa der langjährige innenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion Kai Voet van Vormizeele.
„Eine Erklärung des Landesvorsitzenden, es werde keine Stein auf dem anderen bleiben, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Die Konzepte, die in der CDU kein Stein auf dem anderen lassen, stapeln sich im Leinpfad im Keller“, so der CDU-Mann mit Blick auf die Parteizentrale.
Weiter heißt es. "Nach jeder verlorenen Wahl, dieselbe Leier, ohne Konsequenzen. Richtig wäre gestern Abend ein klarer Schnitt gewesen, ohne Lamentieren und mit deutlichem Bekenntnis zur eigenen Verantwortung. Jetzt haben viele (ehemalige) Abgeordnete wie Detlef Roock, Friderike Föcking, Christoph de Vries, Roland Heintze zwangsläufig Verantwortung übernommen, wo die Spitze versagt hat."
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Weinberg und Wersich hätten bereits "nach der desaströsen Wahl 2011 eine Aufarbeitung in der Partei verhindert". Die eigene Wahl in Positionen sei ihnen wichtiger als die Erforschung von Gründen, warum das damalige Desaster eintreten konnte. "Wer jetzt wieder nach Geschlossenheit ruft, führt die Union in Hamburg konsequent in die Einstelligkeit.“
Der CDU-Landesdelegierte Tomas Spahn warf Weinberg vor, er habe die Partei „nicht um einen Hauch vorangebracht“. Und direkt an Weinberg: "Du hattest jetzt vier Jahre deine Chance. Deine Einsichtsfähigkeit endete immer dann, wenn deine Mauschelkreise ihre Positionen bedroht sahen. Wenn du nun wieder zwei Jahre lang eine am Boden zerstörte Partei mit irgendwelchen Pseudoprogrammatiken ohne Nährwert beschäftigen möchtest - dann mach das bitte ohne uns. Nur am Rande: Auf irgendwelche wegweisenden Ergebnisse der sogenannten Zukunftskommission von Herlind Gundelach warte ich auch seit Jahren vergebens.“
Und der frühere Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Müller schrieb: "Ich erwarte jetzt einfach einen wirklichen Neubeginn der damit anfangen muss, dass die eigentlichen grauen Eminenzen in den Kreis- und Ortsverbänden endlich die Verantwortung übernehmen und geschlossen zurücktreten. Ich für meinen Fall werde es tun. Ich werde alle Mandate und Ämter niederlegen bis ich endlich wieder weiß, in welcher Partei ich eigentlich bin.“
Angesichts des rapide wachsenden Drucks scheint es nicht mehr unwahrscheinlich, dass Wersich nicht nur auf den Fraktionsvorsitz verzichtet, sondern auch sein Bürgerschaftsmandat niederlegt. Das würde dem bisherigen Fraktionsvize und in der Partei geschätzten Haushaltspolitiker Roland Heintze den Weg in die Bürgerschaft freimachen.
Heintze war, obwohl auf dem als sicher angenommenen Platz zwei der Liste angetreten, bei der Wahl wegen des schlechten Ergebnisses knapp gescheitert. Er ist aber erster Nachrücker. Wenn Dietrich Wersich aus der 20-köpfigen CDU-Fraktion ausscheidet, zieht Heintze in die Bürgerschaft ein.