2014 wurden mehr als 6000 Neubauten fertiggestellt. Ehrgeizige Ziele und schärfere Regeln für 2015 und 2016.

Hamburg. Den Wohnungsbau ankurbeln, um der Wohnungsknappheit und steigenden Mieten entgegenzuwirken – das gehörte zu den Zielen, denen der SPD-Senat bei Amtsantritt 2011 höchste Priorität eingeräumt hatte. Mindestens 6000 neue Wohnungen pro Jahr sollten es werden, lautete die vollmundige Ankündigung. Darunter sollten mindestens 2000 Sozialwohnungen sein, und mindestens 1000 Wohnungen sollte die städtische Saga beisteuern. Am Dienstag, nicht ganz zufällig knapp vier Wochen vor der Bürgerschaftswahl, meldete Bausenatorin Jutta Blankau (SPD) Vollzug auf ganzer Linie.

„Im letzten Jahr wurden nach aktuellen Auswertungen mindestens 6100 Wohnungen fertiggestellt, davon 2041 Sozialwohnungen“, sagte Blankau. Dass die exakten Zahlen noch nicht vorliegen, liegt daran, dass nach der Fertigstellung mitunter einige Wochen vergehen, bis dies den Behörden bekannt und dort verarbeitet wird. Die aktuellen Zahlen ließen aber „darauf schließen, dass wir an die Zahl von 2013 wieder herankommen werden“, sagte SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf. 2013 gab es rund 6400 Fertigstellungen. Allerdings konnte der Senat auch die Zahl der abgerissenen Wohnungen für 2014 noch nicht nennen, die den Neubauten gegenüberstehen. Laut Baubehörde waren es 2013 etwa 300.

Da auch die Saga ihr Soll mit 1009 fertiggestellten Wohnungen erfüllt hat, sprach Blankau von einer „hervorragenden Bilanz“. Ausdrücklich dankte sie den Bezirken und der Wohnungswirtschaft, mit denen der Senat 2011 im „Bündnis für das Wohnen“ die ehrgeizigen Ziele formuliert hatte. Die Senatorin betonte, dass die Anstrengungen beim Wohnungsbau fortgesetzt werden sollen. Die passenden Zahlen hatte sie dazu auch parat: Hatte man sich 2011 das Ziel gesetzt, innerhalb von vier Jahren Baugenehmigungen für mindestens 24.000 Wohnungen zu erteilen, seien es tatsächlich sogar 36.800 geworden. Daher seien in Hamburg derzeit noch mehr als 14.000 Wohnungen im Bau – das Ziel, pro Jahr 6000 davon an den Markt zu bringen, dürfte also auch in den kommenden Jahren erreicht werden.

Um das sicherzustellen, hat der Senat am Dienstag ein ehrgeiziges „Förderprogramm 2015/2016“ beschlossen. Demnach soll der Subventionsbarwert, also die Summe, die die Stadt über ihre Investitions- und Förderbank (IFB) zur Verfügung stellt, von 143 Millionen Euro in 2014 auf 172 Millionen in 2015 und 175 Millionen in 2016 steigen. Mit dem Geld sollen mindestens 2300 Wohnungsneubauten pro Jahr gefördert werden und mindestens 6030 Wohnungen modernisiert werden. Zudem sollen mindestens 2800 neue Sozialbindungen geschaffen werden, also langfristige Festlegungen für Miete und Belegung von Wohnungen. 2014 waren es 2340.

Weitere Regeln: Auf städtischen Grundstücken muss mindestens ein Drittel der neuen Wohnungen öffentlich gefördert werden, und bis zu zehn Prozent müssen für „vordringlich Wohnungssuchende“ reserviert werden. Bei Sozialwohnungen muss der Investor ferner für 30 Jahre auf die Umwandlung in eine Eigentumswohnung verzichten. Außerdem müssen künftig alle öffentlich geförderten Wohnungen eine „barrierereduzierte Grundausstattung“ haben. Damit wären sie zwar nicht ganz „barrierefrei“, aber dank breiterer Flure und Türen oder ebenerdiger Duschen auch für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu nutzen. „Das ist ein wichtiger Beitrag dazu, dass Menschen bis in das hohe Alter in ihrer Wohnung verbleiben können“, so Karin Timmermann, seniorenpolitische Sprecherin der SPD.

Kritik kam von der Opposition. Die Zahlen des Senats seien zwar „befriedigend“, sagte Kurt Duwe (FDP). „Sie zeigen vor allem, dass nach dem politischen Vollversagen von Schwarz-Grün in diesem Bereich mit etwas Einsatz durchaus viel zu bewegen ist. Der Zuwachs an neuem Wohnraum könnte aber noch viel größer sein, wenn SPD und Senatorin Blankau sich nicht selbst blockieren würden: Die Überregulierung durch Mietpreisbremse, behördliche Detailvorgaben und Bürokratie nimmt immer weiter zu.“ Als Beispiel nannte der FDP-Politiker die Auflage, bis zu zehn Prozent der Wohnungen für vordringlich Wohnungssuchende vorhalten zu müssen. „Das schafft erneut höheren Verwaltungsaufwand, mit dem die Bezirksämter alleingelassen werden“, so Duwe.

Heike Sudmann (Linkspartei) forderte noch mehr Wohnungsbau. „Es wird in Hamburg deutlich zu wenig Wohnraum neu geschaffen, ganz besonders geförderte, bezahlbare Wohnungen.“ Außerdem werde zu groß gebaut, im Durchschnitt seien die neuen Wohnungen größer als 100 Quadratmeter, so Sudmann. „Der Senat deckt in den letzten Jahren mit den neu errichteten Wohnungen nicht einmal den durch das Bevölkerungswachstum verursachten Bedarf ab.“

Die Naturschutzorganisation BUND kritisierte die „grassierende Flächenversiegelung für den Wohnungsbau“, die zulasten von Freiräumen, Artenvielfalt, Baumbestand und Naherholungsmöglichkeiten gehe. BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch forderte eine Überarbeitung der Planungsinstrumente. Sollte es nicht dazu kommen, „verspielen wir absehbar Hamburgs Markenzeichen: die grüne Metropole am Wasser“. Außerdem mahnte Braasch höhere energetische Standards für neue Wohnungen an: „Hier muss Hamburg vorangehen und in jedem Bebauungsplan ambitionierte Regelungen verbindlich vorgeben.“