Yagmurs Tod müsse personelle Konsequenzen haben. CDU-Obmann Christoph de Vries kritisierte, dass es Scheele versäumt habe, in den Jugendämtern für ausreichend Personal zu sorgen.

Hamburg. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion fordert in Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod der dreieinhalb Jahre alten Yagmur die Rücktritte von Sozialsenator Detlef Scheele und Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote (beide SPD). Christoph de Vries, CDU-Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, kritisierte, dass Scheele es versäumt habe, in den Jugendämtern für ausreichend Personal zu sorgen. „Ein Senatsmitglied, das in diesem hochsensiblen Bereich derart untätig und nachlässig agiert, kann nicht länger politisch verantwortlich sein für das Wohlergehen und den Schutz von Kindern in Hamburg“, sagte de Vries zur Begründung. Er forderte zudem einen kompletten Umbau des Kinder- und Jugendhilfesystems. Anders als derzeit sollte es künftig zentral geleitet werden.

Senator Scheele habe seit zwei Jahren um die „unzureichende Personalausstattung und mangelnde Arbeitsfähigkeit“ vieler Jugendamtsstellen gewusst. Das von ihm selbst in Auftrag gegebene Lagebild hatte bereits 2012 umfassend darüber Auskunft gegeben. Dennoch habe er zwei Jahre lang keine einzige Stelle mehr für die originären Aufgaben des Kinderschutzes in Hamburg geschaffen. Direkt nach Veröffentlichung habe Senator Scheele die Einführung des Personalbemessungssystems bis Ende 2013 angekündigt und die Personalverstärkungen daran gekoppelt. „Aber erst nach dem tragischen Tod Yagmurs hat er sich dann überhaupt für dessen Umsetzung interessiert.“

SPD lehnt die Forderungen ab und spricht von reinen Wahlkampfmanövern

„Das Handeln des Jugendamtes im Bezirk Mitte war bei der Betreuung Yagmurs dermaßen desolat, dass dies nicht ohne personelle Folgen bleiben kann“, so de Vries weiter. Bezirksamtsleiter Grote habe es politisch zu verantworten, dass die Dokumentationspflichten und Vorgaben zur Durchführung von Hilfsgesprächen beim für Yagmur zuständigen Jugendamt über zwei Jahre reduziert wurden. Es sei genau diese mangelnde Aktenführung, die dazu geführt habe, dass für Yagmur zuständige Jugendamtsmitarbeiter kein Fallverständnis hatten und gravierende Fehlentscheidungen trafen. Diese seien aus Sicht des CDU-Familienpolitikers letztlich auch mitursächlich für den Tod des Kindes. „Der Rücktritt von Bezirksamtsleiter Grote ist deshalb unausweichlich.“

Auch André Trepoll (CDU), Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA), forderte Scheele und Grote auf, persönliche Konsequenzen zu ziehen. „Bedauern allein ersetzt keine politische Verantwortung.“ Er kündigte an, einen Minderheitenbericht vorzulegen, da die SPD eine „Benennung persönlicher Verantwortung im Mehrheitsbericht“ abgelehnt habe. Ein Sprecher der Sozialbehörde lehnte die Rücktrittsforderung ab. „Es ist verwunderlich, dass ausgerechnet derjenige, der die sozialen Dienste vom Qualitätsmanagement bis zur personellen Ausstattung gestärkt hat, zurücktreten soll“, heißt es in der Behörde.

Melanie Leonhard, SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss, bezeichnete es als bemerkenswert, dass die CDU ihre Schlussfolgerungen vor dem Beschluss und der Veröffentlichung des PUA-Berichtes ziehe. „Denn erst dann werden alle Interessierten die Möglichkeit haben, nachzulesen, was denn wirklich im Bericht steht.“ Die besondere Eile der CDU zeige ihre Angst vor Transparenz, denn der Abschlussbericht decke ihre Argumentationen und Rücktrittsforderungen in keiner Weise. „Die CDU endet – wie von vielen erwartet – mit Wahlkampf“, so Leonhard.

„Auch die verzweifelte Fokussierung der CDU auf die sogenannte Arbeitshilfe im Bezirk Mitte trägt nicht, denn diese Arbeitshilfe ist – wie der PUA-Arbeitsstab festgestellt hat – im Fall Yagmur überhaupt nicht zur Anwendung gekommen.“ Unberührt bleibe die große Einigkeit zwischen allen im PUA mitarbeitenden Fraktionen, was die zuvor einvernehmlich beschlossenen Empfehlungen zur Verbesserung des Kinderschutzes in Hamburg anbelange.