Die Hamburger Opposition übt in einer turbulenten Debatte scharfe Kritik an Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). Die Bürgerschaft gibt zugleich Geld für Uni-Neubau frei.

Hamburg. Nicht zum ersten Mal musste sich Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) in der Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft ein dickes Fell zulegen. Beim Thema „SPD-Sparkurs für Wissenschaft stoppen: Fehlentscheidungen zurücknehmen“, das die Grünen angemeldet hatten, hagelte es mächtig Kritik für die Senatorin.

Der FDP-Abgeordnete Wieland Schinnenburg forderte sogar Stapelfeldts Entlassung. „Sie zieht eine Trümmerspur durch Hamburg und ist die größte Fehlentscheidung“, sagte der liberale Politiker, der sich regelrecht in Rage redete. „Sie ist noch nicht mal als Geld- oder Postbotin geeignet.“ Aufgrund seiner beleidigenden Äußerungen verhängte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) einen Ordnungsruf, den die meisten Abgeordneten mit Applaus quittierten.

Aber auch die anderen Bürgerschaftsfraktionen schonten Stapelfeldt in der äußerst turbulenten Diskussion begleitet von zahlreichen Zwischenrufen nicht. „Wer die Wissenschaftsmetropole Hamburg stärken will, muss diese Politik stoppen – die SPD muss den Kurs ihrer Senatorin stoppen“, sagte die Grünen-Politikerin Eva Gümbel. Zudem müsse die Senatorin ihr „misslungenes Strategiepapier“ zurückziehen und gemeinsam mit den Hochschulen ein neues Konzept erarbeiten, um das Vertrauen der Hochschulen zurückzugewinnen.

Auch die CDU-Wissenschaftsexpertin Birgit Stöver bezeichnete das Strategiepapier als „traurigen Tiefpunkt“ und „einfach daneben“. Ein Neustart an den Hochschulen sei dringend nötig. „Und zwar nicht von oben herab, sondern gemeinsam mit den Hochschulen“, sagte Stöver.

Die Wissenschaftssenatorin wehrte sich gegen die Vorwürfe der Opposition. „Von 2012 bis 2016 haben wir die Ausgaben in der Bildungspolitik um 600 Millionen Euro gesteigert“, sagte Dorothee Stapelfeldt. Das zeige, welche Priorität dieser Bereich habe. Zudem sorgte nicht eine Partei für Erfolge in der Wissenschaft. „Die Wissenschaftler bringen die Wissenschaft nach vorne“, betonte die Senatorin.

Auch der SPD-Politiker Philipp-Sebastian Kühn nannte viele Zahlen, um zu belegen, welchen Stellenwert Wissenschaft und Forschung in Hamburg haben. „Allein für Hochschulen, Wissenschaft und Forschung werden Jahr für Jahr rund eine Milliarde Euro ausgegeben, immerhin knapp acht Prozent der Gesamtausgaben der Stadt“, sagte er. Die beiden größten Ausgabeposten stellten dabei die Zuweisungen an die Hochschulen von 642 Millionen Euro im Jahr 2015 und die Mittel für gemeinschaftsfinanzierte außeruniversitäre Forschungsinstitute und die landesfinanzierten Forschungsinstitute dar.

Dass Hamburg in die Hochschulen investiert, zeigt auch der Beschluss der Bürgerschaft zum Neubau für die Geo- und Klimawissenschaften am Geomatikum. Sie bewilligte am Mittwoch den 22.000 Quadratmeter großen Gebäudekomplex am Campus Bundesstraße mit einem Baubudget von rund 177 Millionen Euro. „Der Senat treibt die bauliche Modernisierung der Hamburger Hochschulen entschlossen voran“, sagte die Wissenschaftssenatorin. Allein für alle am Campus Bundesstraße geplanten Maßnahmen investiere der Senat in den nächsten Jahren mehrere Hundert Millionen Euro. Anfang 2015 soll Baustart für den Neubau am Geomatikum sein.

Anwaltkanzlei statt Finanzbehörde

Derweil ist bekannt geworden, dass die Stadt eine Anwaltskanzlei damit beauftragt hat, sich im Zusammenhang mit Neubauprojekten der Uni beim zuständigen Finanzamt Auskünfte zu steuer- und beihilferechtlichen Fragen zu holen. Dafür zahlt Hamburg laut Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Haushaltspolitiker Roland Heintze einen „mittleren sechsstelligen Betrag“ an die beauftragte Kanzlei Freshfields.

Dabei könnte sich die Stadt die benötigten Informationen genauso gut über die Finanzbehörde selbst von der Finanzverwaltung holen, so Heintze. „Es ist abstrus, dass der Staat, um selbst weniger Steuern zu zahlen, externe Rechtsanwälte für eine sechsstelligen Betrag beauftragt“, so der CDU-Politiker. „Das ist am Ende ein Nullsummenspiel, das alle Beteiligten viel Zeit kostet. Die Gewinner sind hier die Rechtsanwälte. Das muss auch anders gehen.“

Der Senat begründet die Beauftragung externer Anwälte damit, dass „die vom zuständigen Finanzamt erteilte verbindliche Auskunft für die Besteuerung des Antragstellers bindend“ sei. Somit lasse sich genau damit planen. „Bei einer nur informellen Abstimmung mit dem Finanzamt entsteht diese Bindungswirkung nicht“, heißt es in der Senatsantwort.

Für CDU-Politiker Heintze ist das Ganze „eine Perversion unseres Steuersystems“. Die Stadt müsse auch mit einer informellen Auskunft ihres eigenen Finanzamts genügend Rechtssicherheit herstellen können, sagte Heintze.

Senatssprecher Christoph Holstein weist die Kritik der CDU zurück. „Es ist klug, bei hochkomplexen juristischen Vorgängen wie der Frage der Elbvertiefung oder bei anspruchsvollen Bauprojekten auf Experten, ihre Einschätzung und Beratung zu bauen“, so Holstein. „Wäre die CDU bei Vertragsgestaltung und Planung der Elbphilharmonie so vorgegangen, hätte Hamburg wahrscheinlich sehr viel Geld gespart.“