Lorenzen kritisiert die Parteinahme gegen den Rückkauf der Netze im Sommer 2013. Sollte er recht bekommen, könnte dies die Handlungsmöglichkeiten der Kammer künftig deutlich einschränken.

Hamburg. Der Unternehmer und Grünen-Politiker Dominik Lorenzen hat die Handelskammer wegen deren Parteinahme gegen den Rückkauf der Energienetze verklagt. Ziel der Klage des Eimsbüttler Grünen-Kreisvorsitzenden: Das Verwaltungsgericht soll feststellen, dass die einseitige Festlegung der Kammer gegen die Rekommunalisierung vor dem Volksentscheid im September 2013 rechtswidrig war.

Sollte das Gericht Lorenzen, der sein Geld als Event-Dienstleister verdient, recht geben, könnte dies die Handlungsmöglichkeiten der Kammer künftig deutlich einschränken. Denn in dem Verfahren geht es letztlich nicht nur darum, den Einzelfall zu klären – sondern der Kammer so auch grundsätzlich zu untersagen, sich politisch im Interesse einzelner Mitglieder zu positionieren. „Ich will erreichen, dass die Kammer künftig in politischen Fragen neutraler und zurückhaltender auftritt“, sagte Lorenzen dem Abendblatt. „Ich habe mich zu dieser Klage entschlossen, weil ich es nicht länger hinnehmen möchte, dass sich ‚meine‘ Kammer außerhalb ihres gesetzlichen Auftrags bewegt und sehr polemisch einseitig politisch Stellung bezieht. Das Vorpreschen der Kammer im Wahlkampf vor dem Volksentscheid haben für mich als einfaches Zwangsmitglied der Kammer das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Es gebe bundesweit wegweisende Urteile, die Handelskammern als Körperschaften öffentlichen Rechts eine einseitige Parteinahme untersagten, so Lorenzen. „In unserem Fall fand die Positionierung der Kammerspitze sogar noch vor einer Legitimation durch das Kammerparlament statt. Mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens bin ich deshalb durchaus optimistisch.“

Hintergrund: Die Kammer hatte sich im Sommer 2013 dem Bündnis „NEIN zum Netzkauf“ angeschlossen, in dem sich zahlreiche Wirtschaftsverbände, außerdem der Steuerzahlerbund und die Industriegewerkschaft IGBCE organisiert hatten, um die Hamburger über die ihres Erachtens großen Risiken der Rekommunalisierung aufzuklären. Das Bündnis hatte sich in einer „Hamburger Erklärung“ gegen den vollständigen Rückkauf ausgesprochen, wobei auch das Logo der Handelskammer verwendet wurde.

Dies aber sei rechtswidrig gewesen, heißt es nun in der 17 Seiten umfassenden Klage, die Lorenzen kürzlich eingereicht hat. Denn das Bundesverwaltungsgericht habe in einer Grundsatzentscheidung erst 2010 festgestellt, „dass die Industrie- und Handelskammern als öffentlich-rechtliche Körperschaften in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben keine reine Interessenvertretung betreiben dürfen, also eine Vertretung der wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder gar einzelner Kammerangehöriger lediglich im Kontext des Gesamtinteresses und damit nur abwägend und ausgleichend ausüben müssen“. Bei der Ausübung ihres Mandats müssten sie zudem das „höchstmögliche Maß an Objektivität walten lassen“.

Dieser Vorgabe habe es auch widersprochen, dass die Kammer an einer „auf Veranlassung des Unternehmens Vattenfall herausgegebenen werblichen Broschüre“ mit dem Titel „Power Bündnis: Vattenfall und die Stadt Hamburg sichern gemeinsam die Energieversorgung “ mitgewirkt habe.

„Wir sind natürlich ganz anderer Auffassung und werden der Klage selbstverständlich entgegentreten“, sagte der Leiter des Stabsbereichs Kommunikation der Handelskammer, Jörn Arfs, am Montag. „Mehr möchten wir zu diesem Zeitpunkt wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen.“

Streit gibt es derweil auch weiterhin über die Weigerung der Kammer, ihre Unterlagen in das kürzlich freigeschaltete städtische Transparenzportal einzustellen. „Der Hauptgrund für die Weigerung ist es, dass die Kammer dann die immensen Gehälter ihrer 14 Geschäftsführer offenlegen müsste, auch das ihres Hauptgeschäftsführers Hans-Jörg Schmidt-Trenz“, sagt Gregor Hackmack von der Reformer-Gruppe „Die Kammer sind wir“, die bei den jüngsten Wahlen mit zwölf Vertretern ins Kammerplenum eingezogen sind.

Die Geschäftsführer-Gehälter der städtischen Unternehmen sind in Hamburg mittlerweile öffentlich.