Rund 55.000 Bewohner des Bezirks Mitte haben bis zum Sonntag von ihrem Recht auf direkte Demokratie Gebrauch gemacht. Es gibt erste überraschende Trends beim Bürgerentscheid zur Seilbahn.
Hamburg. Der Sitzungssaal der Bezirksversammlung Mitte ist vermutlich ein Paradebeispiel für die Innenarchitektur der 1970er-Jahre. Funktionelles Design in weiß-orangefarbenen Kombinationen überwiegt. Doch auch seine geringe Deckenhöhe trägt dazu bei, dass visionäres Denken von diesem Raum nicht unbedingt positiv beeinflusst wird. Aber die etwa 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksamtes Mitte, die am Montagnachmittag von 13 bis 16 Uhr zu ihrer zweiten Schicht des Stimmenzählens für den Bürgerentscheid zur umstrittenen Seilbahn über die Elbe angetreten sind, sollen sich ja auch aufs Zählen der abgegebenen Stimmzettel konzentrieren – wobei es sich naturgemäß um eine recht einfache Tätigkeit handelt: Briefumschlag auf, Stimmzettel entfalten, kontrollieren und dann auf einen von drei Haufen legen – „Ja“, „Nein“, „Ungültig“. Das dauert zwischen acht und 12 Sekunden pro abgegebener Stimme. Wenn die Haufen auf dem Tisch zu hoch werden, wandern die gelben Abstimmungszettel in drei große, graue Wahlurnen.
„Zurzeit sortieren wir nur. Morgen fangen wir dann parallel mit der Auszählung an“, sagt Karina Thomas, 36, die im Bezirksamt Mitte für den Abschnitt „Wahlen und Abstimmungen“ verantwortlich ist. „Dabei werden dann auch alle uneindeutigen Stimmzettel oder augenscheinlich ungültigen Stimmzettel noch einmal überprüft.“ Drei Stunden dauert eine Schicht: „Das reicht auch“, sagt Karina Thomas, „sonst wird man rammdösig.“ Immerhin sei es schon mal hilfreich, dass die Briefe durch eine „Schlitzmaschine“ bereits geöffnet auf die Tische der behördeninternen Wahlhelfer gelangen. „Aber unser Ziel, bereits am Mittwoch das Abstimmungsergebnis bekannt zu geben, halte ich für ziemlich sportlich.“
Rund 55.000 Menschen haben bis zum vergangenen Sonntag, 18 Uhr, abgestimmt, allerdings kamen gerade mal 950 persönlich im Bezirksamt vorbei. „Für den Bezirk Mitte, in dem die Beteiligung bei Bürgerschafts- oder Bundestagswahlen traditionell ziemlich gering ist, sind diese gut 30 Prozent Wahlbeteiligung zwar kein herausragendes, aber angesichts eines Bürgerentscheides ein überraschend gutes Ergebnis“, sagt Karina Thomas. „Erstaunlicherweise war es auch einfacher, als ich dachte, die Freiwilligen für diesen Extradienst zu rekrutieren.“ Das habe sie per Rundmail an die Fachabteilungen erledigt. Wenig später hatte sie 50 Zusagen.
Nach der Frühschicht am Montag in der rund 8000 Wahlzettel vorsortiert wurden, „liegen die Seilbahngegner tendenziell leicht vorn“, sagt Karina Thomas, aber das sei natürlich nur ein höchst vager Trend. „Interessant aber ist, dass wir bisher nur relativ wenige ungültige Stimmen registriert haben.“ Doch auch das könne sich rasch ändern, denn bisher haben die fleißigen Zähler gerade mal 25 von insgesamt 80 gelben Postkisten abgearbeitet. Interessierte Bürger können sich übrigens vor Ort im im Bezirksamt persönlich davon überzeugen, dass alles korrekt verläuft. Doch am Montag war nur eine ältere Dame am Vormittag aufgetaucht, die dann am Nachmittag durch einen jungen Mann abgelöst wurde. Der outete sich dann als Seilbahnbefürworter.