Im Hamburger Taxi-Gewerbe gehen Verbände und der Chef einer großen Zentrale verbal aufeinander los. Grund: Die Anpassung der Tarife.

Hamburg. Im Hamburger Taxigewerbe brodelt es. Taxiverbände fordern die Anpassung der Tarife an steigende Kosten. Der Geschäftsführer von Autoruf und Taxi Hamburg, Günther Möller, läuft dagegen allerdings Sturm. Die Preise für Kunden dürften nicht steigen, so Möller. Ihn betrifft der geringe Verdienst der Fahrer allerdings auch nicht, schließlich sitzt er nicht im Taxi, sondern leitet die Vermittlungszentrale. Auf die Äußerungen Möllers reagierte der Taxenverband Hamburg jetzt mit einem empörten offenen Brief. Der Vorwurf: Möller sehe nicht die Belange der Taxifahrer. Schließlich gebe es Fahrer, die gerade mal 3,97 Euro die Stunde verdienen. "Bestverdiener" im selben Unternehmen gehen nach Unterlagen der Wirtschaftbehörde gerade mal mit 5,55 Euro Stundenlohn nach Hause, berichtet der zweite Vorsitzende des Taxenverbands Hamburg, Clemens Grün. "Das reicht nicht", empört er sich. Eine Entscheidung über die Tarife muss die Wirschaftsbehörde treffen. Nach Angaben von Grün peilt sie eine Erhöhung der Tarife an - allerdings nicht in der gewünschten Höhe.

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Bei den fünf Taxigewerbeverbänden der Hansestadt herrscht dabei Einigkeit über den Tarifantrag. Es gehe um eine korrekte Bezahlung, sagt Grün. "Zeit ist Geld - nur bei den Hamburger Taxibetrieben nicht. Das ist nicht marktwirtschaftlich", so Grün weiter. Ziel sei es, in Hamburg ähnliche Tarife zu haben, wie in anderen wirtschaftlich starken Großstädten wie etwa München und Frankfurt. "Wir möchten in Höhe und Struktur vergleichbar sein." Davon sei man aber noch weit entfernt. "Viele Taxifahrer können zur Zeit nicht davon leben", erzählt er. Es sei ein harter Job und der müsse auch fair entlohnt werden.

Bei einer ersten Sitzung zur Anpassung der Tarife habe die Wirtschaftsbehörde eine Tarifanpassung von 3,72 Prozent vorgeschlagen, berichtet Grün. Damit bleibt die Behörde unter den Forderungen der Verbände zurück, akzeptiert diese aber als notwendig. Anders der Geschäftsführer von Autoruf und Taxi Hamburg, Günther Möller. Dieser sieht die Bedürfnisse der Kunden nicht berücksichtigt und hält andere Sparmaßnahmen für richtig. So plädiert er dafür, dass sich Taxifahrer um weniger Leerfahrten bemühen sollen. "Die Branche muss wirtschaftlicher werden", sagt er im Gespräch mit abendblatt.de. Er könne der Tariferhöhung nicht zustimmen und halte eine gleichbleibende Tarifstruktur für sinnvoll. "Wenn wir uns als Taxigewerbe im freien Wettbewerb gegenüber anderen Personenbeföderungsdienstleistern künftig behaupten wollen, brauchen wir die notwendigen, marktwirtschaftlichen Instrumente, wie zum Beispiel eine hohe Servicequalität und attraktive, bezahlbare Taxipreise."

+++ Speditionen und Taxis: In der Spritpreis-Spirale +++

Diese Äußerung von Möllers stößt allerdings beim Taxenverband Hamburg auf harsche Kritik. In einem offenen Brief wirft Clemens Grün ihm vor, sich gegen die Bedürfnisse der Taxifahrer zu stellen. "Er muss ja nicht drin sitzen. Er muss den Knochenjob ja nicht machen", sagt Grün gegenüber abendblatt.de. Er hält Möllers Äußerungen für "Werbearbeit" seiner Zentrale. Denn die Zentrale vermittele die Anrufe nur an die Taxis, leide aber nicht unter der schlechten Bezahlung. Die Forderungen von Möller werde man sich nicht gefallen lassen, so Grün. "Das Fußvolk lässt es sich nicht bieten, wenn der Taxifürst von seiner Villa aus Hungerlöhne diktieren will."

Zu dem offenen Brief will Möller keine Stellung beziehen. Derartige Briefe wolle er nicht beantworten, so der Geschäftsführer. "Das passt nicht zum Stil unseres Hauses."

Inwieweit der Verband nächste Schritte einleiten will, um die Tarifforderungen durchzusetzen, lässt Grün noch offen. Vorstellbar seien aber beispielsweise Demonstrationen. Insgesamt ist er sich sicher, dass sich die Branche vor einem Umbruch befindet. So gebe es viele Taxifahrer, die zwar angestellt für ein Unternehmen arbeiten, die aber lediglich nach Gewinn bezahlt werden - ohne Stundenlohn und oftmals sogar ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Das sei schlichtweg rechtswidrig, so Grün. Dagegen müsse vorgegangen werden. Sobald aber Stundensätze gezahlt würden, würde sich dies nochmals auf die Tarife auswirken. Langfristig könnte das weitere Preiserhöhungen nach sich ziehen.

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Grund für die Forderung der Verbände nach angepassten Tarifen sind die gestiegenen Spritpreise und die so genannte Karenzminute. Diese legt fest, dass Kunden bei Stau oder Stillstand erst nach einer Minute weiter zahlen müssen. Laut einem Gutachten ergibt sich für die Taxifahrer durch diese Regelung ein Einnahmeverlust von fast 12 Prozent. Das höre sich zwar im ersten Moment vorteilhaft für den Kunden an, sei es aber nicht, berichtet Grün. Denn für Taxifahrer lohnen sich Fahrten, auf Staustrecken nicht mehr. Das Ergebnis: Bei Massenveranstaltungen wie Konzerten oder Sportgroßveranstaltungen in der HSV-Arena seien zu wenig Taxis, obwohl die Nachfrage groß sei. Bei den neuen Tarifen soll diese Karenzminute nach Wunsch der Verbände wegfallen. Die Grundpreise sollen aber weitgehend gleich bleiben. Manche Fahrten - wie spezielle Angebote für Senioren - sollen sogar günstiger werden.

Laut Helma Krstanoski, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, werde die Entscheidung über neue Tarife voraussichtlich nach dem Ende der Sommerpause fallen. Dann soll der Vorschlag der Behörde dem Senat vorgelegt werden. Eine Entspannung des Konflikts ist indes nicht in Sicht.